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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Anspruch, bis sämtliche dreißig Rufe der AEthyre gesprochen waren. Danach brach er jedes Mal erschöpft zusammen, wie nach einem Marathonlauf. Die Erholungspausen wurden immer länger, und Peter fragte sich, wie lange er das noch durchhalten mochte. Die letzten drei Durchgänge hatten keinerlei Wirkung bei Nikolas gezeigt. Allmählich befürchtete Peter, dass er irgendetwas grundlegend falsch machte. Aber sie konnten jetzt nicht einfach aufhören.
    Die Notizen und Symbole, die er sich in Nakashimas Flugzeug auf seinen linken Arm gekritzelt hatte, halfen ihm, sich an den vollständigen Ablauf des Rituals zu erinnern. Das Ritual, das er zuletzt als Fünfjähriger hatte mitansehen müssen, als sein Vater seine Mutter kurz vor der Flucht von ihrem Dämon befreit hatte. Über dreißig Jahre lang hatte er die Erinnerung daran in der hintersten Kiste seiner Erinnerung verschlossen und begraben, hatte es verdrängt und vergessen, so vollständig und heilsam, wie nur Kinder es können. Bis sich die Säure dieser Erinnerungen dann doch irgendwann zu den obersten Schichten seines Bewusstseins durchgefressen hatte und dort zu Migränevisionen kristallisiert war. Vielleicht, so hoffte Peter, würde damit nun wenigstens Schluss sein. So oder so, irgendetwas würde hier in dieser Höhle enden. Sein Leben, womöglich.
    Trotz der jahrzehntelangen Verdrängung erinnerte er sich nun wieder an jedes Wort der dreißig henochischen Rufe. Als hätten sie sich für immer in die Wände seines Gedächtnisses eingebrannt, und er brauche nur die oberste Tapetenschicht abzureißen, um sie lesen zu können. Peter wusste durch seine Nachforschungen mit Maria, dass John Dee die Rufe der AEthyre einst durch sein Medium Edward Kelly empfangen hatte, aber er wusste nicht, ob sie auch wirklich wirkten. Er wusste nur, dass er keine andere Chance hatte.
    Nikolas atmete ruhig und wirkte konzentriert. Er schien seinem Bruder völlig zu vertrauen. Als Peter genug Blut auf Nikolas’ Körper verteilt hatte, versorgte er zuerst wieder eilig seine Schnittwunde mit dem bereitliegenden Verbandszeug.
    Du machst irgendwas falsch. Der nächste Durchgang kann dich umbringen.
    Peter zögerte. Er dachte an Don Luigi, der ihm einmal erklärt hatte, dass die Regeln beim Exorzismus wie bei jeder magischen oder heiligen Handlung nur eine grobe Struktur bildeten. Der Erfolg des Exorzisten hänge allein von seiner Fähigkeit ab, die Formeln an die Situation anpassen und auf Überraschungen reagieren zu können.
    Leicht gesagt.
    Peter traf eine Entscheidung. Er begann, das Blut auf Nikolas’ Haut zu verteilen und Symbole und henochische Zeichen damit zu malen. Die gleichen Symbole und Zeichen wie auf den Amuletten. Als er damit fertig war, öffnete er die Metallkiste mit den Amuletten neben sich.
    »Was soll das?«, fragte Nikolas. »Unsere Eltern können sie damals nicht besessen haben.«
    »Ich improvisiere«, sagte Peter. »Aber nach allem, was Maria über ihre Vision berichtet hat, können die Amulette nur hilfreich sein. Öffne deine Hände.«
    Entschlossen legte er seinem Bruder je ein Amulett in die linke und in die rechte Hand. Dann eines auf die Stirn und eines auf die Brust. Immer genau auf das entsprechende blutige Symbol. Das Amulett mit der Spirale behielt er selbst in der linken Hand. Das Pulsieren aus dem Kokon hatte sich kaum verändert.
    »Bereit?«, fragte er seinen Bruder.
    »Fang an.«
    Peter hoffte, dass er das Richtige tat. Dann sprach er die Worte des ersten Rufes.
    »Madariatza cahisa micaolazoda saanire eaosago. Nonuea gohulime: Micama adoianu Mada faoda. Soba ooaona cahisa peripesol.«
    Er sprach die henochischen Worte wie seine Muttersprache, flüssig und mit vibrierender Stimme. Allerdings zeigte weder Nikolas irgendeine Reaktion, noch der Kokon. Im Gegenteil, das Pulsieren schien sich eher zu beruhigen.
    Peter fuhr mit dem zweiten Ruf fort. »Das nonucafe netaaibe eaosaji od tilabe adapehaheta. Tooata nonueafe calazodomaa marebe yareyo.«
    Und während er langsam und tragend einen henochischen Ruf nach dem anderen sprach, stellte er sich wieder vor, wie sein Vater vor seiner nackten Mutter kniete und mit seinem Blut rätselhafte Zeichen auf ihren Körper malte. Peter und Nikolas hatten sich weinend abgewendet aber ihre Mutter hatte sie aufgefordert zu bleiben. Ihr zuliebe. Also hatten er und Nikolas, fünf Jahre alt, alles verfolgt, die Rufe gehört – und später verdrängt.
    Konzentrier dich. Da war noch was anderes als nur die Rufe. Er

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