Collector’s Pack
Hinweise, Nähte, Schnitte oder Ähnliches entdecken, die darauf hindeuten, dass dieser Tierkopf nachträglich mit dem Torso der Leiche verbunden wurde.«
»Wollen Sie damit sagen, es handelt sich wirklich um die Leiche einer Chimäre aus Mensch und Reptil?«
Yoko Tanaka zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Fragen Sie mich nicht. Ich referiere Ihnen nur die Ergebnisse. Den Forensikern sind auch anatomische Anomalien am Kopf aufgefallen, die nicht zu Reptilien passen. Die Kehlkopfanatomie ähnelt der des Menschen.«
»Dieses Ding konnte sprechen?«
Yoko Tanaka ging nicht darauf ein. Die Untersuchungsergebnisse schienen sie ebenfalls sehr mitzunehmen. »Da ist noch was …«, fuhr sie zögernd fort. »Das Alter der Mumie.«
»Jetzt werden sie mir gleich erzählen, dass die Mumie uralt ist. Zehntausend Jahre oder noch älter, nicht wahr?«
Yoko Tanaka schüttelte bedrückt den Kopf. »Nein. Der Radiocarbonanalyse nach ist dieses … Wesen erst vor Kurzem gestorben.«
Laurenz spürte seinen Magen. »Was meinen Sie damit?«
»Vor wenigen Tagen. Viel genauer lässt es sich nicht bestimmen.«
Laurenz atmete durch. »Das heißt, wir haben die Mumie einer Chimäre, die über Monate natürlich mumifiziert wurde, aber erst seit ein paar Tagen tot ist?«
»Lesen Sie den Bericht«, sagte Yoko Tanaka dumpf und wandte sich eilig ab.
Erschüttert und ratlos starrte Laurenz auf den Bericht, der Tatsachen schaffte, die es nicht geben durfte. Nicht in der Welt und nicht vor Gott. Viel Zeit, über das Unfassbare nachzugrübeln, hatte er jedoch nicht, denn Pater Anselmo, noch blasser als am Vortag, winkte ihn aufgeregt zu sich.
»Ich bin drin! Sie waren wieder unvorsichtig und haben eine unverschlüsselte E-Mail verschickt. Ich konnte den Server in Nepal routen und eine Backdoor einrichten.«
Laurenz klopfte dem Jesuitenpater auf die Schulter. »Ausgezeichnet, Pater Anselmo. Wo ist diese E-Mail?«
Anselmo reichte ihm den Ausdruck. Augenblicklich meldete sich Laurenz’ Magen wieder, denn die Mail bestätigte seine schlimmsten Vorahnungen. Sie stammte vom Papst und war an eine Maria gerichtet. Laurenz machte sich jedoch keine Illusionen, dass damit jemand anders als seine Tochter gemeint sein könnte.
»Oak Island, wo liegt das?«
»Kanada. Den Geokoordinaten nach ist es eine kleine Insel, die zu Nova Scotia gehört.«
Laurenz rief Yoko Tanaka zu sich und zeigte ihr die Mail.
»Was halten Sie davon?«
»Ganz ehrlich?«
»Wir sind hier nicht im Vatikan, Dr. Tanaka.«
Sie gab ihm den Ausdruck der Mail zurück. »Ich glaube, Sie werden Maria exorzieren müssen, wenn wir sie finden.«
»Mit anderen Worten, Sie halten sie für eine Gefahr.«
Yoko Tanaka sagte nichts.
Laurenz bemühte sich um Fassung. »Bitte bringen Sie mir alles, was Sie über diese Insel finden können, Dr. Tanaka. Und zwar schnell.«
Dann wandte er sich wieder an Anselmo. »Haben Sie Zugriff auf den Server in Nepal?«
»Ja. Ich weiß nicht, wie lange, aber im Augenblick komme ich an alles ran. Es gibt einen Haufen Videodateien. Vermutlich Bilder von Überwachungskameras.«
»Zeigen Sie sie mir.«
Anselmo gab ein paar Kommandos in sein Terminalprogramm ein. In einem Fenster seines Monitors erschienen monochrome Videoaufnahmen von langen Fluren, Laboren und Büros. Laboranten in weißer Kleidung waren zu sehen, die geordnet ihre Büros und Labore verließen und sich in den Fluren sammelten.
»Was passiert da?«
»Sieht aus wie eine Evakuierung«, spekulierte Anselmo.
Dann sah man bewaffnete Wachen in Kampfausrüstung durch die Gänge eilen.
»Folgen Sie den Wachen!«, rief Laurenz aufgeregt.
Anselmo tat, was er konnte, tippte Kommandozeile für Kommandozeile. Die Bilder wechselten rasch, bis Anselmo die richtige Kamera gefunden hatte. Das Ziel der Wachen war ein langer Gang, der vor einer Sicherheitsschleuse endete. Vor der Tür wartete bereits jemand auf sie. Laurenz erkannte ihn sofort.
»Das ist Edward Kelly!«
Die Wachen feuerten auf die Tür, die jedoch dem Beschuss standhielt. Laurenz sah, wie Kelly die Schleuse untersuchte und dann gegen die Tür hämmerte. Er gab Kommandos. Einer der Wachleute rannte zurück.
»Zeigen Sie mir, was hinter der Tür liegt, Pater!«
»Tut mir leid, Meister, aber da ist keine Kamera.« Anselmo rief die Grundrisse der Anlage auf. »Da ist gar nichts, Meister! Hinter dieser Tür liegt nur noch Fels.«
»Verdammt!« Laurenz schlug mit der Faust auf den Tisch. Anselmo zuckte zusammen. »Wozu gibt es
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