Collector’s Pack
dort eine Tür, wenn es dahinter nicht weitergeht? Irgendetwas stimmt da doch nicht!«
»Suchen Sie in den Files nach Bereich 23.« Yoko Tanaka stand hinter ihnen und starrte ebenfalls auf den Monitor.
»Was ist Bereich 23?«, fragte Laurenz misstrauisch.
»Ein geheimer Forschungsbereich, den Nakashima Industries für die Träger des Lichts entwickelt hat.«
»Sie wussten die ganze Zeit, dass Seth mit Nakashima kooperiert?«, rief Laurenz entgeistert.
»Nein. Ich weiß nur, dass wir für eine Firma in Nepal ein Labor eingerichtet haben, das unter dem Codenamen ›Bereich 23‹ geführt wurde. Das Projekt stand unter Nakashimas persönlicher Leitung. Ich war daran nicht beteiligt.«
»Und Sie haben nie gefragt?«
Sie sah Laurenz an. »Sie wollten meine Hilfe. Das ist alles, was ich anbieten kann.«
»Ich hab was!«, rief Anselmo, ehe Laurenz noch etwas sagen konnte. »Bereich 23.«
Wieder flogen seine Finger über die Tastatur, und kurz darauf erschien ein weiteres Kamerabild. Es zeigte den Gang hinter der Schleuse. Zwei Männer standen davor und sprachen miteinander.
»Das sind Peter und Nikolas!«, rief Laurenz.
Die beiden rannten den Gang zurück durch eine weitere Tür. Anselmo schaltete auf die nächste Kamera um, die ein Labor mit hunderten von OP-Tischen zeigte, auf denen halbdurchsichtige Kokons lagen.
»Mein Gott!«, stöhnte Laurenz und sah Yoko Tanaka an. Die Japanerin starte auf das Bild und wirkte aschfahl.
»Ich habe nichts davon gewusst«, flüsterte sie.
Laurenz sah, dass Peter und Nikolas hektisch nach einem zweiten Ausgang suchten. Offenbar vergeblich. Dann sah Laurenz das Leuchten auf einem der Kokons, und ihm wurde plötzlich klar, was es bedeutete. Er wusste nicht, wie groß die Ladung war, aber allein die kaum pillengroße Kapsel in Peter Adams Hand hatte ausgereicht, den Petersdom und die Sixtinische Kapelle zu vernichten. Und das Leuchten wurde stärker. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln.
Hilflos mussten sie zusehen, wie Peter und Nikolas sich aufteilten und den gesamten Stollen hektisch absuchten, während das Leuchten immer heller wurde. Draußen am Ende des Ganges baute sich einer der Wachleute mit einer Panzerfaust vor der Tür auf. Der Tod erwartete Nikolas und Peter auf beiden Seiten. Laurenz sah, dass sie sich besprachen. Peter öffnete eine Art Metallkiste.
»Was machen sie da?«
Niemand antwortete. Laurenz sah zu, wie Peter und Nikolas sich voreinander hinknieten und an den Händen fassten. Sie schienen zu beten.
»Gibt es irgendeine Möglichkeit, mit den beiden Kontakt aufzunehmen?«, fragte Laurenz leise.
Pater Anselm schüttelte den Kopf.
»Dann lasst auch uns beten.«
Doch selbst dafür blieb keine Zeit mehr. Denn in diesem Moment feuerte der Wachmann auf Kellys Kommando auf die Tür, die von dem Geschoss aufgesprengt wurde. Gleichzeitig gleißte ein Blitz auf. Das Monitorbild wurde weiß.
Und erlosch.
Laurenz sah auf dem anderen Kamerabild, wie die Druckwelle die massive Schleuse am Ende des Ganges zerfetzte, als ob sie aus Papier sei. Laurenz sah, wie die Wachen dahinter und auch Edward Kelly im Bruchteil einer Sekunde zerrissen und fortgeschleudert wurden. Das Bild ruckelte stark. Als es zur Ruhe kam, war der Gang leer, die Wände blutbeschmiert.
Einen unendlichen Augenblick lang herrschte fassungslose Stille in der Wohnung in der Via Corinaldo. Franz Laurenz starrte auf den leergefegten Gang, dann auf das erloschene Kamerabild.
»Schalten Sie auf die anderen Kameras um, Pater Anselmo«, sagte er schließlich leise.
Die wenigen Kamerabilder der anderen Bereiche, die überhaupt noch Bilder lieferten, zeigten den Verlauf der Druckwelle. Verwüstete Labore, herausgerissene Türen und Deckenverkleidungen, zerfetzte Kabel und Leichenteile. Erst ein Stockwerk höher zeigten die Kameras Menschen, die sich vom Boden aufrappelten und zu den Ausgängen taumelten.
Laurenz schloss die Augen und betete. Als er die Augen wieder öffnete, sah er die Gestalt von Urs Bühler auf dem Monitor.
LVIII
13. Juli 2011, Annapurnagebiet, Himalaja
A ls Urs Bühler endlich den Eingang zu der Höhle erreichte, angetrieben von seinem Zorn und der Disziplin, die er sich in all den Jahren antrainiert hatte, war er völlig durchnässt. Der Monsun peitschte ihm ins Gesicht, die Hochalm war so matschig, dass er fast bei jedem Schritt ausrutschte, die Höhenluft und die Kälte machten ihm zu schaffen. Fluchend stapfte Bühler den beiden Mönchen durch Regen, Matsch, Nebel
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