Collector’s Pack
kurz am anderen Ende der Leitung.
»Der Löwenmann? Sind Sie sicher?«
»Kein Zweifel.«
»Sie klingen mir aber sehr kontrolliert dafür, dass Sie einem satanischen Wesen begegnet sind.«
»Können Sie mich zu der Stelle lotsen, wo die Explosion stattfand?«
»Vergessen Sie es, Bühler. Die beiden sind tot. Pater Anselmo sagt gerade, dass er Aktivitäten registriert. Die kommen zurück! Machen Sie, dass Sie da rauskommen.«
Bühler konnte Laurenz plötzlich wieder vor sich sehen. Wie sie gemeinsam durch die Katakomben unter dem Vatikan gerannt waren.
»Hören Sie zu, Laurenz. Sie wissen doch, dass ich erst gehen werde, wenn ich die Stelle gefunden habe.«
Laurenz zögerte. »Also gut. Pater Anselmo schickt Ihnen gleich einen Grundriss der Anlage auf ihr Smartphone. Gehen Sie zu Bereich 23. Aber machen Sie schnell!«
Wenige Sekunden später sah Bühler den Grundriss der Anlage. Bereich 23 lag demnach nicht weit von seiner Position, aber er hätte die Stelle vermutlich auch ohne Navigationshilfe gefunden, denn das zunehmende Ausmaß der Zerstörung wies ihm den Weg.
»Was war das für ein Sprengstoff?«, fragte Bühler im Laufen. »Rotes Quecksilber?«
»Ja. Halten Sie auch Ausschau nach Kelly. Er wurde ebenfalls von der Explosion erwischt, aber ich würde da gerne Sicherheit haben.«
Beim Gedanken an Kelly packte Bühler das Sturmgewehr fester und betrat dann den Gang, der zu Bereich 23 führte. Der Gang war leer, die Deckenverkleidung vollkommen abgerissen. Die Überreste der Schleuse hatte Bühler bereits im Gang davor gesehen. Nichts als ein Haufen zusammengeknüllter Schrott. Im Gegensatz zu den anderen Teilen des verwüsteten Komplexes sah Bühler hier deutliche Brandspuren. Die Wandverkleidung war geschmolzen, schwarzer Ruß bedeckte den Fels dahinter. Eine Feuerwalze musste hier durchgerast – und dann verpufft sein.
»Ich bin im Gang«, meldete er sich, obwohl Laurenz ihn immer noch sehen konnte. »Keine Leichenteile zu sehen. Ein paar Blutspuren, das war’s. Ich gehe jetzt weiter.«
Als er Bereich 23 betrat, verstand er, dass er umkehren konnte. Hier gab es nichts mehr zu finden. Nichts mehr zu tun. Das Labor, oder was auch immer es gewesen war, glich einem abstrakten Bühnenbild. Der Stollen wirkte leer, aber an den Wänden hatten sich bizarre Formen gebildet, die wie zähe Tropfen wirkten. Als Bühler näher trat, erkannte er, dass es sich um geschmolzene Ausstattungsteile handeln musste, die der Explosionsdruck und die Hitze gegen die Wand geschleudert und dort zerquetscht und geschmolzen hatten. Eine schmierige schwarze Kruste bedeckte diese Gebilde. Bühler wagte nicht, sie zu berühren. Ein scharfer Brandgeruch vermischt mit etwas anderem lag in der Luft und verätzte die Schleimhäute beim Atmen.
»Was sehen Sie, Oberst Bühler?«
»Hier gibt es nichts mehr. Dieses Inferno hat niemand überlebt. Man kann immer noch kaum atmen.«
»Raus da, Bühler! Sie kommen!«
Bühler hustete und ignorierte ihn. Aber er beeilte sich mit der Durchsuchung des Stollens. Kein Leben, nirgendwo. Nicht einmal ein Hinweis darauf, welche Funktion dieser Stollen überhaupt gehabt hatte. Der scharfe Gestank brannte in seinen Lungen.
»Was ich mich frage«, begann Bühler wieder. »Hier muss kurzzeitig eine unglaubliche Hitze geherrscht haben. Aber außer den Brandspuren im Gang gibt es sonst keine Anzeichen für eine große Hitzeentwicklung. Also ob …«
Er hustete wieder.
»Als ob was, Oberst Bühler?«
»Also ob die Feuerwand dieser Explosion ins Nichts verpufft wäre.«
»Können Sie sonst irgendwas entdecken?«
»Negativ … Das heißt, warten Sie …«
Er hatte etwas entdeckt. Es lag etwa in der Mitte des Stollens. Vorsichtig trat er näher.
»Was sehen Sie, Bühler?«, drang Laurenz’ aufgeregte Stimme aus dem Hörer.
Bühler zögerte, das zu beschreiben, was vor ihm lag. »Ein Gebilde. Eine Art … Skulptur aus geschmolzenen Laborteilen. Sie ist mit der gleichen schwarzen Kruste wie an den Wänden überzogen.«
»Eine Skulptur?«
»Ich habe kein anderes Wort dafür. Das Gebilde ist unförmig, aber es … stellt so etwas wie eine Gestalt dar.« Bühler musste sich überwinden, weiterzusprechen. »Es sieht aus wie zwei Menschen, die sich umarmen.«
Eine Weile herrschte Schweigen im Hörer. Dann meldete sich Laurenz wieder.
»Machen Sie, dass Sie da wegkommen, Bühler. Wir sehen hier einen Trupp Sicherheitskräfte über die Nottreppen zu Ihnen raufkommen. Neun Mann, leichte
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