Collector’s Pack
Bewaffnung. Sie haben nicht mehr viel Zeit, Bühler. Und ich weiß nicht, wie lange …«
Mit einem Mal brach die Verbindung ab. Als Bühler sein Handy überprüfte, sah er, dass das Empfangssignal erloschen war. Sie hatten die Verbindung gekappt und wussten vermutlich, wo er war.
Neun Mann. Bühler verließ den Stollen, ohne sich noch einmal umzudrehen, und rannte zurück durch die zerstörte Anlage. Es war nicht weit bis zu dem Höhlengang mit den Leuchtstreifen. Aber womöglich doch zu weit. Neun Mann. Bühler hörte auf zu denken. Er rannte weiter, auch als er ihre Schritte bereits hörte. Er packte das M16 und feuerte im Laufen auf die Männer, die um die Ecke bogen. Drei Männer tötete er, ohne dass sie noch einen Schuss abgeben konnten. Den vierten erwischte er nicht mehr rechtzeitig. Bühler spürte einen Schlag in der Brust und wurde von den Füßen gerissen. Er stürzte hart zu Boden und robbte sich instinktiv zur Seite. Er sah, dass der Mann ebenfalls getroffen war und mit einer Ladehemmung kämpfte. Der Mann warf das Gewehr weg, zog ein Messer und stürmte auf Bühler zu. Ohne zu zielen richtete Bühler das M16 auf ihn und schoss. Er sah nicht einmal, wie der Mann umfiel. Bühler konzentrierte sich nur noch auf zwei Dinge: nicht ohnmächtig zu werden und wieder aufzustehen. Das Loch in seiner Brust blutete stark. Vermutlich die Lunge, denn Bühler merkte, dass ihm das Atmen schwerfiel wegen des Druckverlustes. Er hustete blutigen Schleim. Aber er blieb bei Bewusstsein und stolperte weiter. Nicht mehr weit. Bis zum Eingang der Höhle kam ihm niemand mehr entgegen. Bühler ahnte schon, warum. Sie erwarteten ihn.
Er hielt kurz inne, spuckte erneut Blut und wägte seine Optionen ab. Allmählich spürte er den Schmerz in der Brust und auch, wie ihm die Beine zitterten. Sich den einzigen Rückweg selbst abzuschneiden, durch den er eine Chance hatte, war Wahnsinn. Aber so wie die Dinge lagen, blieb Bühler keine Wahl. Er würde anschließend improvisieren müssen. Also zog er den Funkfernzünder für das C4 unter dem Kokon, drückte auf den Knopf und wartete.
Nach zwei Sekunden wurde ihm klar, dass sie das C4 bereits entweder entschärft hatten oder dass der Fels ringsum die Reichweite des Funkzünders zu sehr begrenzte. Was bedeutete, dass er näher ranmusste.
Bühler wollte sich ausruhen. Der Schmerz raspelte ihm bereits die ganze Brust auf. Sein Blickfeld engte sich ein. Er dachte an Leonie, an das erste Mal, als er sie als Baby im Arm gehalten und ihr versprochen hatte, sie niemals allein zu lassen. Und an den Tag, als er sie aus einem stinkenden Keller in Poveglia befreit hatte. Dann traf Urs Bühler eine Entscheidung und legte sein Gewehr ab.
Bühler wusste, dass ihm nur wenige Sekunden bleiben würden. Dennoch ging er langsam und gemessen, trat fest genug auf, damit sie ihn hören konnten. Als er in der blutbefleckten Mönchskutte, die er dem zerquetschten Toten unter der Tür abgenommen hatte, in die Höhle trat, richteten sich fünf Gewehrläufe auf ihn. Bühler sah vier Männer in weißen Mönchskutten, die dabei waren, den Kokon vorsichtig auf eine Art breiten Rollwagen zu hieven. Bühler konnte die Gestalt des Löwenmannes im Inneren des Gewebes erkennen. Das pulsierende Ding war offenbar sehr schwer, ließ sich kaum bewegen. Offenbar war ein Transport auch nie vorgesehen gewesen, denn die Mönche wirkten ratlos. Die anderen fünf Männer in den Kampfanzügen hatten sich um den Kokon verteilt zielten auf ihn. Aber sie schossen nicht. Sie wirkten überrascht.
Bühler ging unbeirrt noch einen Schritt weiter und sagte die einzigen henochischen Worte, die er kannte. Er hatte sie im Verlauf der vergangenen Wochen viel zu oft gehört.
»Hoathahe Saitan!«
Sie schossen immer noch nicht. Wandten sich zu den vier Mönchen um, die mit dem Kokon beschäftigt waren. Bühler machte einen weiteren Schritt. Er sah, dass das Paket mit dem C4 immer noch an seinem Platz lag. Auch die Zündkapsel steckte noch. Er sah auch, dass die vier Mönche ihn jetzt bemerkten und etwas riefen.
Bühler machte noch einen Schritt auf sie zu.
»Zur Hölle mit dir, Löwenmann!«, sagte er auf Schweizerdeutsch und drückte auf den Knopf. Im gleichen Moment schossen sie auf ihn. Das Letzte, was Urs Bühler sah, war ein grelles Licht, das den Kokon von unten aufriss, und mit ihm das löwenköpfige Wesen darin. Zusammen stürzten sie in ein Loch aus Licht und rissen ihn mit.
Aber Urs Bühler starb wenigstens mit der
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