Collector’s Pack
zerbarst das Fußbodenmosaik des Gevierts wie von einer gewaltigen Faust zermalmt und gab einen entsetzlichen Abgrund frei, aus dem ES nun hervorbrach. ES.
Ein substanzloser Dunst, der in Stößen aus dem Loch herausschoss wie das Keuchen eines großen Tieres und an der Luft zu grotesken Schemen kondensierte. Gelähmt von namenloser Angst starrte Peter aus nächster Nähe auf die gestaltlosen Verwirbelungen dieses Dunstes aus der Tiefe, die nach seinem Herz griffen und sich dort zu albtraumhaften Schemen verdichteten. Bösartige, augenlose Wesen, die nie auf Erden existiert hatten, sondern nur als kollektive Angst der Menschheit vor ihrem größten Feind.
IHM.
Es gab kein Wort für das, was Peter sah. Verformte, rohe Biomasse, im Augenblick ihrer mutterlosen Geburt bereits halb verwest. Stinkender Schleim, tot und doch nicht tot. Visionen der Angst und der Hölle aus den ältesten Mythen der Menschheit. Eines dieser Albtraumwesen raste auf ihn zu, eine Art Qualle, ein körperloses Wesen, das ihn mit seinen Nesseln packte, umhüllte, verschluckte und wieder ausspie. Peter spürte, wie eine Welle aus Hitze und Angst durch ihn hindurchraste. Um ihn schrien brennende Menschen. Ihre Haut warf Blasen, löste sich in Fetzen vom Fleisch, während ihr Körperfett zischend verbrannte.
Alle brannten. Alle außer Peter.
Eingehüllt in diesen monströsen Dunst und den Gestank, in all dem Chaos aus Agonie und Wahnsinn, wurde Peter in diesem Moment eines vollkommen klar. So klar und erschütternd wie die Erkenntnis, noch zu atmen.
Dass Laurenz Recht hatte.
Die Apokalypse hatte längst begonnen.
VII
27000 v. Chr., Schwäbische Alb
D ie Jäger des Clans bewegten sich behutsam durch das hohe Gras. Von ihrem Beobachtungsfelsen aus konnte ’Ma die vier Männer erkennen, die sich im Halbkreis an das verletzte Mammut heranschlichen. Untersetzte Gestalten mit schweren, starken Gliedern, die langen Eibenholzspeere fest im Griff. Jetzt im Sommer jagten sie fast nackt, die Haut dick mit Lehm eingerieben, damit das Mammut sie nicht wittern konnte. Das Gras reichte ihnen bis an die breite Brust. Sie mussten sich nur wenig ducken, um unsichtbar zu werden, und passten ihre Bewegungen dem Rhythmus des Grases an, das sanft im Wind hin und her wogte wie das Große Wasser. ’Ma erinnerte sich noch an das Große Wasser, das sie mit ihrem Clan vor unendlich vielen Sommern erreicht hatte. An seinen Geschmack. An die Weite, die dem Auge schmeichelte. An seine Stimme. An das lockende, schmerzhafte Gefühl in der Brust, dieser Stimme zu folgen, einfach loszugehen und endlich im rauschenden Blau zu verschwinden. Wie ihr Sohn ’Am, den das Große Wasser geholt hatte. Das war lange her. So lange, dass ihre Söhne und Töchter längst gestorben waren, wie auch alle anderen ihres ursprünglichen Clans. ’Ma hatte sich einem anderen Clan angeschlossen und danach vielen weiteren. Es war nicht immer leicht gewesen, denn es gab nur noch wenige ihrer Art. Manchmal begegnete der Clan über mehrere Sommer keinem anderen von ihnen. Doch welcher Gruppe ’Ma sich irgendwann auch anschloss, jeder Clan verehrte sie als »Alte Mutter«. Denn das war sie, alt. Sehr alt, auch wenn man ihr die vielen Sommer und Winter nicht ansah. Vor drei Sommern hatte sie sogar erneut Leben geboren, eine Tochter, die genauso vor ihr sterben würde wie alle anderen. ’Ma hatte all ihre Töchter und Söhne sterben sehen und war immer weitergewandert, der Stimme des Steins in ihrem Beutel folgend. Vor zwei Monden hatte der Stein zum letzten Mal zu ihr gesprochen. ’Ma wusste, dass ihre Reise bald zu Ende sein würde. Endlich hatte sie ihn gefunden.
Ihn.
Den Löwenmann.
’Ma griff in den Lederbeutel, den sie schon ihr ganzes Leben lang bei sich trug, zog den Stein heraus, der die Farbe des Himmels und die Form des Mondes hatte, und drehte ihn in der Hand. Den Stein, der sie nicht sterben ließ. Er war glatt und flach, wirkte zerbrechlich und verloren in ihrer großen Hand. Zärtlich tastete ’Ma über die gekreuzten Rillen auf der einen Seite des Steins und versuchte, sich an den Moment zu erinnern, als sie den Stein in der Nähe des Großen Wassers gefunden hatte. Nein, nicht sie hatte den Stein gefunden, der Stein hatte sie gefunden. Er hatte sie gerufen. Und nachdem ’Ma ihn aufgehoben hatte, hatte die Stimme zu ihr gesprochen und ihr befohlen, den Löwenmann zu finden.
Und nun war er ganz nah.
In der Ferne eine Bewegung. ’Ma kniff die Augen zusammen und sah, dass
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