Collector’s Pack
Sie hieß Maike Fried.«
»Woher haben Sie dieses Foto?«
»Von Nikolas.«
Peter deutete auf den Jungen zwischen Laurenz und seiner Mutter. »Bin ich das?«
»Nein, das ist Ihr Bruder.«
»Und wo bin ich dann?«
»Sie haben das Foto gemacht, Peter.«
Er schüttelte den Kopf und warf das Foto auf den Boden. »Ich glaube das nicht. Ich glaube es immer noch nicht. Das Foto ist eine Fälschung.«
Petrus II. sah ihn mitleidig an. »Ich kann verstehen, dass Sie so denken, Peter. Aber leider ist es so, wie es ist.« Er rüttelte Peter an den Schultern. »Hören Sie mir zu!« Und als Peter nicht reagierte, schlug er ihm unvermittelt hart ins Gesicht. »Hören Sie mir bitte weiter zu, Peter! Es ist wichtig! Laurenz ist Seth. Er ist Ihr Vater und Maria Ihre Halbschwester. So furchtbar es ist, akzeptieren Sie es! Er hat alles vor langer Zeit geplant, denn als Papst hatte er die idealen Möglichkeiten, nach den anderen acht Amuletten zu suchen. Das Neunte, das zentrale Siegel, hatte er ja bereits. Ich glaube, Ihre Mutter besaß es. Ich habe bei meinen vielen Hundert Exorzismen herausgefunden, dass einige der Dämonen, von denen meine Klienten besessen waren, von irgendwelchen Siegeln sprachen. Als ich Laurenz, also Papst Johannes Paul III. seinerzeit noch, einmal davon berichtete, reagierte er sehr seltsam und beauftragte mich, in aller Welt nach solchen Fällen zu fahnden und eine Liste von Personen zusammenzustellen, bei denen etwas Derartiges auftrat. Zunächst habe ich mich einfach an die Arbeit gemacht, geschmeichelt, als päpstlicher Sondergesandter mit allen Vollmachten um die Welt zu reisen. Bis ich begann, die Zusammenhänge zu verstehen. Dämonen sind richtig geschwätzig, wissen Sie, wenn man sie erst einmal am Wickel hat. Als mir klar wurde, wer der Papst wirklich ist und was er vorhat, habe ich Vorkehrungen getroffen. Erinnern Sie sich noch an die Namensliste mit den einundzwanzig Namen?«
Peter nickte.
»Die Liste war eine Fälschung von mir. Dies hier ist die richtige Liste.«
Petrus II. reichte Peter ein Blatt Papier, auf dem in seiner ordentlichen Handschrift neun Namen standen.
Kohn, Shimon
Corelli, Francesca
Win, Maggie
Galán, Felipe
Samudri, Lhakpa Gyaltsen
Bihari, Marina
Babcock, Frank
Matube, Nafuna
Adam, Peter
»Die durchgestrichenen Personen sind bereits tot. Wenn wir annehmen, dass jede dieser neun Personen in irgendeiner Form, bewusst oder unbewusst, Kenntnis von einem der Siegel hatte, müssen wir davon ausgehen, dass Laurenz inzwischen fünf Siegel besitzt.«
»Fünf?«, fragte Peter. »Es sind nur drei Personen durchgestrichen.«
»Sie müssen Ihr Siegel mitzählen, auch wenn Sie noch leben, Peter. Sie nicht zu töten war die einzige Sentimentalität, der sich Laurenz je hingegeben hat. Vielleicht ist das die Stelle, wo er verwundbar ist. Aber es bedeutet, dass Seth nur noch vier Siegel fehlen. Und wir wissen weder, welche der Personen als Nächstes dran ist, noch, wo sie leben. Wir brauchen eine Karte. Und an diesem Punkt, Peter, kommen Sie ins Spiel!«
X
3300 v. Chr., Ötztaler Alpen
D ie Wolken auf der anderen Seite des Gipfels verdichteten sich, drängten immer höher, quollen träge über den eisbedeckten Grat, wo ein schmaler Einschnitt die einzig passierbare Stelle markierte, und flossen zäh hinab ins Tal. Mit einem Schlag erlosch der Tag. Der Nebel fraß das Licht und spie es als kalten grauen Brei wieder aus. Die Geräusche des Waldes erstickten, Stille senkte sich auf die Hänge herab, tödliche Stille.
Nogiur musste sich übergeben vor Anstrengung, doch bevor der Nebel ihn ganz einhüllte, warf er einen letzten Blick in sein Tal. Ein schönes Tal mit einem wilden Fluss und heißen Sommern und milden Wintern, umschlossen von hohen Bergen. Tief unten konnte er noch den Rand der Siedlung erkennen, die Rauchschwaden der Feuerstellen und des großen Ofens, wo seine Söhne das rote Metall kochten, das ihn reich gemacht und ihn in das Land auf der anderen Seite geführt hatte. Jetzt, im Frühling, blühten dort im Tal überall die Obstbäume, und die Ziegen warfen ihre Jungen. Die große Plage, die ein Drittel des Clans gefordert hatte, war überstanden. Es wird wieder ein fettes Jahr werden, dachte Nogiur zufrieden, obwohl er ahnte, dass er den kommenden Winter selbst nicht mehr erleben würde.
Als der Nebel ihn schließlich verschlang, hielt Nogiur immer noch inne. Er bemühte sich, nicht zu laut zu keuchen, und horchte in die bedrückende Stille hinein. Ein
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