Collector’s Pack
ist Hoffnung. Und er erinnerte sich auch an das, was Laurenz über das Böse gesagt hatte: Etwas, mit dem der Mensch von Anbeginn an infiziert ist. Ein Parasit, der an der Welt nagt und sich von ihr nährt, ein Wesen, das nicht durch das Wirken Gottes, sondern durch magische Zeichen und Siegel daran gehindert wird, emporzubrechen und die Welt ungehindert zu verschlingen.
»Wir haben angenommen, dass es eines von neun Siegeln ist, die das Große Geheimnis verschließen.«
»So ist es!«, rief Petrus II. »Ich habe mich in den letzten Wochen intensiv mit den alchemistischen Fragmenten befasst, die Sie damals zusammen mit dem Amulett gefunden haben. Daraus ergibt sich ein Bild. Neun Siegel, uralt und geschaffen von einer Kultur, von der wir weder Zeugnisse noch irgendeine Vorstellung haben, verschließen das Böse.«
»Jetzt kommen Sie nicht mit Atlantis!«, sagte Peter genervt.
»Ich berichte Ihnen nur, was ich in den Dokumenten gefunden habe«, entgegnete Petrus II. »Die Papyri und Pergamente sprechen übereinstimmend von einer mächtigen, mythischen Substanz. Das biblische Manna, das Mfzkt der Ägypter, der Gral – oder ein uraltes Wissen, das die Templer im Heiligen Land entdeckt und nach ihrer Zerschlagung über die Jahrhunderte erfolgreich verborgen haben. Nicolas Flamel schreibt, dass jedes dieser neun Siegel eine Pforte zur Hölle verschließt. Aber alle zusammen können das eigentliche Geheimnis erst öffnen. Deshalb wird Seth alles daransetzen, sie in seine Gewalt zu bringen.«
»Aber wenn die ›Träger des Lichts‹ bereits vor siebenhundert Jahren alles wussten und dieses Wissen von Generation zu Generation weitergaben – wieso der ganze Aufwand? Seth müsste doch längst alles wissen!«
»Zum Glück nicht. Wahrscheinlich wurde die Kette der Wissensweitergabe unterbrochen.«
Eine weitere Frage verhakte sich in dem Wust von Gedanken, Zweifeln und Erinnerungsfetzen, die sich in Peters Kopf zu einem unentwirrbaren Knäuel verfilzten.
»Wer ist Seth?«
Petrus II. wirkte auf einmal zögerlich, wechselte einen raschen Blick mit Cardona, der die ganze Zeit schweigend zugehört hatte.
»Peter, Sie sollten vielleicht …«
»Wer ist Seth?«, unterbrach ihn Peter.
Der Papst atmete tief durch: »Franz Laurenz.«
»Blödsinn!«, rief Peter. »Das ist absurd! Laurenz war Papst. Er hat Seth getötet. Zumindest schwer verwundet.«
»Waren Sie dabei?«
»Nein … aber das ist völlig absurd. Ich bin Seth begegnet auf der Ile de Cuivre.«
»Sie sind jemandem begegnet, der vorgab, Seth zu sein. Ich sage Ihnen, Laurenz ist Seth. Ich habe Beweise. Und das ist noch nicht alles.« Petrus II. sah Peter eindringlich an. »Laurenz … ist Ihr Vater.«
Peter starrte den Papst entgeistert an. Einen Moment. Noch einen Moment. Und dann …
»NEIN!« Peter sprang auf. »NEIN, NEIN, NEIN!« Er wollte aus dem Raum stürzen, aber Monsignore Cardona fing ihn blitzschnell ab. Peter schlug um sich, versuchte den Prälaten mit seiner bionischen Hand zu packen, doch Cardona reagierte wie ein erfahrener Boxer. Er wich der Hand geschickt aus, verpasste Peter einen gezielten Schlag auf die Brust, der ihm alle Luft raubte, und drückte ihn mit überraschender Härte zu Boden. Petrus II. wandte sich ab. Cardona verdrehte Peter brutal die Arme auf dem Rücken und wirkte dabei so kühl, als koste ihn das keinerlei Mühe.
»DAS IST NICHT WAHR! DAS KANN NICHT SEIN! NEIN!«
Du hast mit deiner Halbschwester geschlafen!
Peter schrie, bis ihm die Kraft ausging, alle Kraft, und er atemlos in Cardonas Klammergriff am Boden lag.
Petrus II. legte etwas auf den Tisch. Ein altes Farbfoto, rötlich verblichen.
»Sehen Sie selbst.«
Cardona ließ von ihm ab, und Peter richtete sich keuchend auf. Er nahm das Foto in die Hand, erkannte den Turm im Hintergrund, den er oft in seinen Albträumen sah. Einen Leuchtturm auf einem Deich mit grasenden Schafen, irgendwo in Norddeutschland. Im Vordergrund parkte ein Auto, ein blauer Volvo-Kombi. Davor stand ein junges Paar mit seinem etwa fünfjährigen Sohn. Alle drei strahlten in die Kamera. Ein Familienfoto. Ein Urlaubsidyll. Und doch das Furchtbarste, was Peter je gesehen hatte.
»Erkennen Sie ihn?«
Kein Zweifel. Der Mann neben dem Volvo war Franz Laurenz Anfang dreißig. Die gleiche Statur, die gleichen riesigen Hände, die wie Pranken auf den Schultern des Jungen ruhten, das gleiche gewinnende Lachen. Peter deutete auf die Frau neben ihm.
»Ist das …?«
»Ihre Mutter, Peter. Ja.
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