Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
Vom Netzwerk:
sah er den Löwenmann mit seinen Leuten. Sie überquerten gerade das Eisfeld unter ihm. Sie waren schnell. So schnell. Nogiur fragte sich, mit welchen Geistern sie im Bunde waren, die ihnen so viel Kraft verliehen. Keuchend und trotzig stapfte er einfach weiter über den Grat. Der Einschnitt lag jetzt direkt vor ihm, irgendwo dort im Nebel. Nogiur schöpfte schon wieder Hoffnung – als ihn der Schlag traf.
    Er hatte das Sirren des Pfeils nicht einmal gehört, der durch den Nebel angeflogen kam und ihm die Schulter durchschlug. Von der Wucht des Schlages getroffen, wurde Nogiur herumgewirbelt und stürzte zu Boden. Der Pfeil steckte in seiner linken Schulter. Stöhnend versuchte er, sich aufzurichten. Er schrie, als der Schmerz durch seinen Körper fegte. Nogiur versuchte, den Pfeil herauszuziehen, bekam ihn aber nicht zu fassen. Dafür waren seine Hände nun mit Blut beschmiert. Der Löwenmann musste ganz nah sein, viel näher, als er gedacht hatte. Nogiur verfluchte sich für die lange Rast vorhin und stolperte weiter, nur weiter. Er dachte noch nicht einmal mehr daran, die schwere Kraxe abzuwerfen, hastete einfach mit letzter Kraft bergauf. Hinter sich hörte er die Schritte. Stimmen.
    Der Einschnitt. Ganz nah. Direkt vor ihm. Aber mit dem Blut und dem Leben, das seinen Körper in pumpenden Stößen verließ, verließ ihn auch die Hoffnung. Er würde das andere Tal nicht mehr erreichen. Das blaue Metall war verloren.
    Nogiur ließ sich zu Boden fallen, griff in seinen Ledergürtel und zog das blaue Metall hervor. Er umklammerte das runde Metallstück mit dem rätselhaften Zeichen fest mit der Hand und erwog, es einfach fortzuwerfen, so weit wie möglich. Die Schritte kamen näher. Sie suchten ihn.
    Dann sah er den Bären. Wie ein riesiger Schatten tauchte er vor ihm aus dem Nebel auf. Riesenhaft stand er auf seinen Hinterläufen über ihm und blickte stumm auf Nogiur herab.
    »Bär!«, hustete Nogiur mit letzter Kraft. »Nimm mich mit, Bär.«
    Der Bär plumpste träge zurück auf seine vier Pfoten und beschnüffelte Nogiur vorsichtig wie eine seltsame Pflanze. Schien etwas zu suchen. Und in diesem Moment wusste Nogiur, was er tun musste und schloss die Augen.
    Als er sie wieder öffnete, stand der Löwenmann vor ihm. Seine langen roten Haare waren zu verfilzten Zöpfen geflochten mit eingewebten Muscheln und Perlen. Er trug einen Mantel aus Löwenfell um seine bleichen Schultern, und sein Gesicht war bedeckt von roter Farbe. Genau wie in Nogiurs Traum. Der Löwenmann grinste triumphierend, sagte etwas in einer unbekannten, hässlichen Sprache und streckte herrisch und fordernd die Hand aus. Nogiur richtete sich mühsam auf. Er war kleiner als der Löwenmann. Aber anstatt dem Löwenmann zu geben, was er wollte, spuckte er nur vor ihm aus und wandte sich dann um. Er stolperte noch zwei Schritte auf die Felsscharte zu, bis ihn der Schlag auf den Kopf traf und Nogiur heimkehrte in das Reich des Bären, denn als Mensch war er nur ein kurzer Gast auf dieser Welt gewesen.
    Der Löwenmann verlor keine Zeit und durchsuchte den Mann, den er getötet hatte, während seine Leute sich über die wertvoll beladene Kraxe hermachten. Was er jedoch suchte, fand der Löwenmann nicht mehr. Und während er seine Wut darüber an den Berg schrie, stapfte nicht weit entfernt ein einsamer Bär über ein Eisfeld und verschwand.

XI
    8. Juli 2011, Rom
    P eter starrte erschüttert auf das Zeitungsfoto mit der Leiche seines Zwillingsbruders.
    »Nach übereinstimmenden Medienberichten wurde er in einer Kölner Wohnung erschossen aufgefunden.«
    »Wer hat ihn getötet? Seth?«
    »Vielleicht Sie, Peter.«
    »Das glauben Sie nicht wirklich, Laurenz, oder?« Peter sah zu Maria hinüber, die steif auf einem Stuhl saß. »Maria! Sag mir, dass du das nicht glaubst!«
    »Sie waren beide zur gleichen Zeit in Köln«, sprach Laurenz weiter. »Also, ich frage Sie nochmal, Peter: Was ist in Köln passiert?«
    »ICH WEISS ES NICHT!«, brüllte Peter, legte alle Verzweiflung, Enttäuschung und Trauer in diesen Schrei.
    Laurenz atmete durch.
    »Wir glauben nicht, dass du Nikolas getötet hast«, sagte Maria leise. »Aber es war auch nicht Seth.«
    »Wer dann?«
    »Der Papst«, sagte Laurenz.
    Die Verblüffung verschlug Peter für einen Moment die Sprache.
    »Don Luigi? Das ist absurd.«
    »Ich wünschte, es wäre so.«
    Peter schüttelte fassungslos den Kopf. »Warum sollte ich Ihnen glauben, Laurenz?«
    Nein, was ist, wenn er Recht hat?
    »Nein, warum

Weitere Kostenlose Bücher