Collector’s Pack
der Straße nahm noch von ihnen Notiz. Rasch öffnete sie die Tür, zog Peter mit sich in das Dunkel dahinter und schloss die Tür sofort wieder. Für einen Moment lauschten sie, ob ihnen jemand folgte. Peter versuchte, Marias Gesicht im Dunkeln zu erkennen und spürte, wie seine Erregung abklang.
»Das war schön«, flüsterte Maria, dicht an seinem Ohr.
Vor ihnen lag ein gewundener, niedriger Gang, der innerhalb der sechs Meter dicken Mauern der Rotunde entlang verlief. Hin und wieder sahen sie Nischen in der Wand, die als Verschläge für Werkzeug und Arbeitsmaterial genutzt wurden. Peter schätzte, dass sie sich inzwischen auf der Südseite des Pantheons befinden mussten. Der Gang endete an einem Treppenabsatz, der hinauf zu einer edlen Holztür führte. Maria schloss sie mit dem zweiten Schlüssel am Bund auf und trat durch die Tür in die südöstliche Nische.
Vor ihnen lag die gewaltige Rotunde des Pantheons, des ältesten erhaltenen Bauwerks der Welt. Ein vollkommener Kreis von dreiundvierzig Metern Durchmesser mit sieben Nischen, in denen einst römische Götterstatuen gestanden hatten. Darüber erhob sich ein Meisterwerk antiker Architektur. Die gewaltigste freitragende Kuppel der Antike, eintausendsiebenhundert Jahre lang die größte Kuppel der Welt überhaupt, schichtweise aus opus caementitium gegossen, einem unverwüstlichen Beton aus Kalk und Vulkanasche, dessen genaue Rezeptur immer noch unbekannt war. Das gesamte Gewicht der Kuppel ruhte auf sieben Meter dicken Mauern aus Ziegeln und Beton, die nur wegen ihrer schieren Masse nicht unter ihrer eigenen Last zusammenbrachen. Und dennoch wirkte das Bauwerk von innen wie ein weit gespannter Himmel, schwebend und leicht.
Peter eilte in die Mitte der Rotunde, direkt unter das Opaion , und sah hinauf. Durch die neun Meter große kreisrunde Öffnung in der Mitte der Kuppel fiel gelbliches Streulicht herein. Dennoch konnte Peter Sterne sehen. Mit dem Licht der Stadt sprühten auch die Geräusche der Piazza herab. Aus dem Kofferverstärker des Straßenmusikers plärrte gerade die Interpretation eines alten ABBA-Songs. Peter konzentrierte sich auf die Konstruktion der Kuppel. Er zählte fünf konzentrische Ringe zu je achtundzwanzig Kassetten, die zusammen die Kuppel bildeten. Peter wusste, dass jede Kassette noch bis ins Mittelalter blau ausgemalt war mit einem Stern aus Bronze in der Mitte.
Fünf mal achtundzwanzig macht hundertvierzig. Plus eins gleich hunderteinundvierzig. Quersumme sechs.
Sie hatten den ganzen Nachmittag über Grundrissen des Pantheons gebrütet, auf der Suche nach einer Verbindung zu seiner Tätowierung. Wenn man wollte, ließ sich jede beliebige geometrische Relation zwischen der Aufteilung des Fußbodenmosaiks und der Kuppel herstellen. Zwischen den Nischen gab es acht kleine Einbuchtungen in der Wand, die verbunden ein perfektes Achteck ergaben. Aber ein zündender Hinweis hatte sich daraus nicht ergeben.
»Es ist wunderschön, nicht wahr?«, sagte Peter. »Hadrian hat nicht nur einen Tempel gebaut, er hat den Himmel auf die Erde geholt. Angeblich soll das Pantheon sogar eine astronomische Funktion gehabt haben. Wenn du mich fragst, gibt es kaum eine schönere Verbindung von Mathematik und Gott.«
Maria zog die ausgedruckte Kopie seiner Tätowierung aus der Tasche und schaltete ihre Taschenlampe an.
»Wir sollten anfangen zu suchen«, sagte sie und begann, die Innenseite der Rotunde gründlich abzuschreiten.
»Was ist los mit dir, Maria?«, rief Peter ihr nach. »Eben hast du noch von einem romantischen Abend gesprochen und mich geküsst, und jetzt reicht nicht mal die Zeit, um etwas Vollkommenes zu bewundern?«
Maria unterbrach ihre Inspektion und kam zu ihm zurück.
»Entschuldige«, sagte sie leise. »Im Moment finde ich es einfach unheimlich hier, und ich muss den Schlüssel bald wieder zurückbringen. Wir müssen jetzt suchen. Und zwar leise … bitte.«
Peter atmete durch, schaltete seine Taschenlampe nun ebenfalls ein und ging in die andere Richtung. Sie hatten verabredet, zunächst nach bekannten Zeichen zu suchen, Spiralen, doppelten Kreissymbolen, Sator-Quadraten oder dem Kupfersymbol. Irgendetwas, das eine Verbindung zu seiner Tätowierung ergab. Aber auch nach zwei Stunden schweigender Untersuchung des Innenraums hatten sie noch nichts entdecken können. Kein Zeichen, keinen Hinweis.
»Zeig mir nochmal den Grundriss«, bat Maria. Sie wirkte kein bisschen angetrunken mehr. »Vielleicht sind wir zu fixiert auf
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