Collins, Suzanne
halte mein Handgelenk hoch, um ihm
mein medizinisches Armband zu zeigen, aber es ist nicht mehr da. »Siehst du?
Ich kann mich nicht mal daran erinnern, dass sie mir das Armband abgenommen
haben. Was soll ich in der Kommandozentrale? Hab ich irgendwas verpasst?«
»Ich glaube, Cressida wollte dir die Propos aus Distrikt
12 zeigen. Aber die siehst du dann ja, wenn sie ausgestrahlt werden«, sagt er.
»Dafür könnte ich mal einen Plan brauchen. Für die Sendezeiten
der Propos«, sage ich. Er sieht mich scharf an, verkneift sich jedoch eine
weitere Bemerkung.
In der Kommandozentrale drängen sich schon alle, aber sie
haben mir einen Platz zwischen Finnick und Plutarch frei gehalten. Die
Bildschirme auf den Tischen sind schon ausgefahren, es laufen die offiziellen
Nachrichten aus dem Kapitol.
»Was ist los? Wollten wir nicht die Propos aus 12 sehen?«,
frage ich.
»Oh nein«, sagt Plutarch. »Das heißt kann schon sein. Ich
weiß nicht genau, welche Aufnahmen Beetee verwenden will.«
»Beetee glaubt, eine Möglichkeit gefunden zu haben, wie
wir in das landesweite Nachrichtenübermittlungssystem eindringen können«, sagt
Finnick. »Dann wären unsere Propos auch im Kapitol zu sehen. Er ist gerade in
der Waffenabteilung und arbeitet an dem Problem. Heute Abend gibt es eine
Livesendung. Einen Auftritt von Snow oder so. Ich glaub, jetzt geht es los.«
Das Wappen des Kapitols erscheint, begleitet von der Nationalhymne.
Dann schaue ich direkt in die Schlangenaugen von Präsident Snow, der die Nation
grüßt. Er ist hinter seinem Rednerpult verschanzt, doch die weiße Rose an
seinem Revers ist gut zu sehen. Die Kamera fährt zurück, und jetzt ist auch
Peeta im Bild, hinter ihm eine Karte von Panem. Er sitzt auf einem erhöhten
Stuhl, die Füße hat er auf eine Metallstange gestützt. Mit dem Fuß seines
künstlichen Beins klopft er einen merkwürdigen unregelmäßigen Rhythmus. Durch
die Puderschicht auf seinem Gesicht sind Schweißperlen auf Oberlippe und Stirn
sichtbar. Aber am meisten erschreckt mich sein Blick, unstet und voller Zorn.
»Es geht ihm schlechter«, flüstere ich. Finnick nimmt
meine Hand, damit ich mich an etwas festhalten kann.
Aufgebracht spricht Peeta von der Notwendigkeit eines Waffenstillstands.
Er betont, dass in mehreren Distrikten die Infrastruktur zerstört worden sei.
Während er spricht, werden bestimmte Teile der Karte erleuchtet und Bilder der
Zerstörung eingeblendet. Ein gebrochener Damm in Distrikt 7. Ein entgleister
Zug mit einer Ladung Giftmüll, die aus den Kesselwagen läuft. Ein
Getreidespeicher, der bei einem Brand einstürzt. All das schreibt er den
Rebellen zu.
Zack! Da bin ich plötzlich im Bild, wie
ich in den Trümmern der Bäckerei stehe.
Plutarch springt auf. »Ha! Beetee hat es geschafft!«
Alle in der Kommandozentrale sind aus dem Häuschen. Aber
da ist Peeta wieder zu sehen, er sieht verwirrt aus. Er hat mich auf dem
Monitor gesehen. Er versucht, mit seinem Beitrag fortzufahren, als Nächstes
ist die Bombardierung einer Kläranlage dran, da wird er von einem Film verdrängt,
in dem Finnick über Rue spricht. Und jetzt versuchen die führenden Techniker
des Kapitols, Beetees Attacke abzuwehren, es kommt zur reinsten Sendeschlacht.
Das Kapitol ist unvorbereitet, und Beetee, der offenbar schon ahnte, dass er
nicht fortlaufend würde senden können, hat eine Reihe von Fünf- bis
Zehn-Sekunden-Spots auf Lager, die er einspielen kann. Wir werden Zeuge, wie
die offizielle Präsentation in sich zusammenbricht, als sie mit Ausschnitten
aus den Propos beschossen wird.
Plutarch ist außer sich vor Begeisterung, und alle jubeln
Beetee zu, nur Finnick neben mir bleibt reglos und stumm. Ich schaue zu
Haymitch auf der anderen Seite des Raums, sein Blick spiegelt meine eigene
Angst wider. Wir beide wissen, dass Peeta uns mit jedem Jubelruf mehr
entgleitet.
Im Fernsehen ist jetzt wieder das Wappen des Kapitols zu
sehen, begleitet von einem monotonen Studiogeräusch. Erst nach etwa zwanzig
Sekunden erscheinen Snow und Peeta wieder auf dem Bildschirm. Das Studio sieht
chaotisch aus. Aus dem Regieraum ist hektischer Wortwechsel zu hören. Snow
stürzt nach vorn, er sagt, nun versuchten die Rebellen offenbar, die
Verbreitung belastender Informationen zu stören, doch am Ende würden Wahrheit
und Gerechtigkeit siegen. Sobald die Sicherheit wiederhergestellt sei, werde
die Sendung fortgesetzt. Er fragt Peeta, ob er Katniss Everdeen noch etwas
Abschließendes mitteilen wolle.
Als
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