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Collins, Suzanne

Collins, Suzanne

Titel: Collins, Suzanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammender Zorn (Die Tribute von Panem Bd 3)
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seine Fesseln zu
sprengen versuchte, hätte das nie zustande gebracht. Hätte sich niemals so konzentrieren,
die Hände so ruhig halten und etwas so Vollkommenes für Finnick und Annie
entwerfen können. Als hätte er meine Reaktion schon vorausgesehen, ist Haymitch
an meiner Seite.
    »Wir zwei müssen uns mal unterhalten«, sagt er.
    Draußen im Flur, abseits der Kameras, frage ich: »Was ist
los mit ihm?«
    Haymitch schüttelt den Kopf. »Ich weiß nicht. Wir wissen
es alle nicht. Manchmal ist er fast vernünftig und dann rastet er ohne jeden
Grund wieder aus. Das mit der Torte war eine Art Therapie. Er hat tagelang
daran gearbeitet. Wenn man ihm dabei zusah, konnte man meinen, er wäre fast
wieder der Alte.«
    »Dann darf er sich jetzt frei bewegen?«, frage ich. Die
Vorstellung macht mich in mehr als einer Hinsicht nervös.
    »Oh nein. Während er den Zuckerguss gemacht hat, wurde er
streng bewacht. Er ist immer noch hinter Schloss und Riegel. Aber ich habe mit
ihm gesprochen«, sagt Haymitch.
    »Persönlich?«, frage ich. »Und er ist nicht durchgedreht?«
    »Nein. War ziemlich sauer auf mich, allerdings zu Recht.
Weil ich ihm nichts von dem Komplott der Rebellen gesagt hatte und was weiß ich
noch alles.« Haymitch hält kurz inne, als wäre er unschlüssig. »Er sagt, er
würde dich gern sehen.«
    Ich stehe auf einem Segelboot aus Zuckerguss, schwankend
in blaugrünen Wellen, und das Deck kippt unter meinen Füßen. Ich presse die
Hände gegen die Wand, um sicheren Halt zu haben. So hatten wir nicht gewettet.
In Distrikt 2 hatte ich Peeta abgeschrieben. Als Nächstes wollte ich ins
Kapitol, Snow töten und mich selbst umbringen lassen. Dass ich angeschossen
wurde, war nur ein kurzzeitiger Rückschlag. Die Worte Er sagt,
er würde dich gern sehen kamen in meinem Plan nicht vor.
Aber jetzt, da ich sie gehört habe, kann ich nicht Nein sagen.
    Um Mitternacht stehe ich vor der Tür zu seiner Zelle. Seinem
Krankenzimmer. Wir mussten noch auf Plutarch warten, der seine
Hochzeitsaufnahmen haben wollte. Obwohl, wie er sagt, der Glamour fehlt, ist er
sehr zufrieden. »Ein Gutes hat es ja, dass das Kapitol Distrikt 12 all die
Jahre praktisch ignoriert hat - ihr habt euch eine gewisse Spontaneität
bewahrt. Damit packt man das Publikum. So wie damals, als Peeta verkündet hat,
dass er in dich verliebt ist, oder als ihr den Trick mit den Beeren gebracht
habt. So macht man gutes Fernsehen.«
    Ich würde mich mit Peeta gern allein treffen. Doch die zuschauenden
Ärzte haben sich schon mit ihren Klemmbrettern und gezückten Stiften hinter dem
Einwegspiegel versammelt. Als Haymitch mir über das Headset das Signal gibt,
öffne ich langsam die Tür.
    Sofort schaut er mich mit diesen blauen Augen an. An jedem
Arm ist er an drei Stellen fixiert, und durch einen Schlauch kann ihm, falls er
ausrastet, jederzeit ein starkes Narkotikum verabreicht werden. Er versucht
aber gar nicht, sich zu befreien, beobachtet mich nur mit dem wachsamen Blick
eines Menschen, der immer noch nicht recht weiß, ob er sich in der Gegenwart
einer Mutation befindet. Ich gehe auf ihn zu, bis ich etwa einen Meter neben
seinem Bett stehe. Ich weiß nicht, wohin mit meinen Händen, deshalb
verschränke ich die Arme vor der Brust, bevor ich etwas sage. »Hallo.«
    »Hallo«, sagt er. Das klingt wie seine Stimme, fast seine
Stimme, nur dass etwas Neues darin liegt. Eine Spur von Misstrauen und
Vorwurf.
    »Haymitch hat gesagt, du willst mit mir sprechen«, sage
ich.
    »Erst mal anschauen, für den Anfang.« Als wartete er
darauf, dass ich mich vor seinen Augen in ein geiferndes Zwischending aus Wolf
und Mensch verwandele. Er starrt mich so lange an, bis ich verstohlen zu dem
Einwegspiegel schaue und auf irgendeine Anweisung von Haymitch hoffe, doch
mein Headset bleibt stumm. »Du bist nicht sehr kräftig, was? Und auch nicht
besonders hübsch.«
    Ich weiß, dass er durch die Hölle gegangen ist, aber diese
Bemerkung geht mir gegen den Strich. »Tja, du hast auch schon mal besser ausgesehen.«
    Haymitchs Rat zurückzuweichen wird von Peetas Lachen
übertönt. »Und freundlich bist du schon gar nicht. So was zu sagen, nach allem,
was ich durchgemacht habe.«
    »Wir haben alle eine Menge durchgemacht. Und du warst ja
immer schon der Nette von uns beiden.« Ich mache alles falsch. Ich weiß nicht,
warum ich so bockig bin. Er ist gefoltert worden! Er ist eingewebt worden! Was
ist mit mir los? Auf einmal habe ich das Gefühl, dass ich ihn anschreien
könnte, und ich

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