Colombian Powder
dass nicht nur die Droge schuld an allem war. Die allein hätte niemals dieses überwältigende Verlangen in ihr entfachen können. Deshalb tat sie am besten daran, alles schnellstens zu vergessen. Hoffentlich sah Marco das genauso. Es war nicht schwer, von einem Mann wie ihm hingerissen zu sein. Die gelöste, exotische Umgebung tat ihr Übriges dazu, um solche Gefühle aufkeimen zu lassen. Von nun an würde sie Distanz zu Marco wahren, denn die veränderte Situation machte jede weitere Schwärmerei überflüssig. Wenn ihr, wie von Beate behauptet, das Leben lieb war, blieb ihr gar nichts anderes übrig, als den Auftrag fehlerfrei auszuführen und ihre Rolle glaubhaft weiterzuspielen.
Engelstränen
Beate saß vor dem Spiegel und bürstete ihre Haare, bis sie in glänzenden Wellen auf ihre Schultern fielen. Auf dem Bett lag ihre fertig gepackte Handtasche mit allen notwendigen Unterlagen für die Rückreise nach Deutschland.
»Ich darf gar nicht daran denken, dass zuhause tiefster Winter ist.« Sie sah aus dem Bullauge auf das Meer hinaus. »Um die paar Tage in der Karibik beneide ich dich wirklich.«
Nina, die angespannt auf dem Bett saß und ihr bei den Vorbereitungen zusah, atmete zischend aus. »Wie kannst du nur so relaxed sein? Du weißt doch noch gar nicht, ob Marco überhaupt anbeißt! Es hängt alles in der Luft, und ich muss immer daran denken was passiert, wenn wir auffliegen!«
Sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
»Jetzt fang doch nicht schon wieder damit an. Wirst sehen, es klappt. Wirklich, wenn ich geahnt hätte, was du für ein Weichei bist ...« Beate warf ihr versöhnlich eine Kusshand zu und sah auf die Uhr. »Es wird Zeit! Marco und sein Alter werden sicher bald aufkreuzen.«
Augenblicklich erstarrten Ninas Gesichtszüge. Sie spürte, wie ihr Körper bei dem Gedanken an die Schmierenkomödie, die sie nun spielen musste, alle Adrenalinschleusen öffnete.
»Ist irgendetwas passiert?« Marco und sein Vater Leo hatten gerade den Lift verlassen und stießen auf Beate und Nina, die einen ziemlich aufgewühlten Eindruck machten.
»Leider ja«, erklärte Nina und vermied dabei sorgsam, Marco direkt anzusehen.
»Beates Mutter hatte einen sehr schweren Skiunfall und liegt jetzt in einer Klinik in Garmisch-Partenkirchen. Man hat sie gerade angerufen.«
»Oh nein! Das tut mir sehr leid für Sie«, sagte Leo mitfühlend. »Können wir irgendetwas für Sie tun?«
Beate schüttelte den Kopf und kämpfte offensichtlich mit den Tränen.
»Sie werden verstehen, dass ich so schnell wie möglich nach Deutschland zurück muss. Der Zustand meiner Mutter ist kritisch. Ich hätte hier an Bord keine ruhige Minute mehr.«
»Aber ja. Wissen Sie wenigstens schon, wie Sie nach Hause kommen?«
Beate nickte schwach. »Am Flughafen auf der Isla Margarita versuchen sie, mir einen Platz in einem Privatflugzeug nach Caracas zu beschaffen. Eine Linienmaschine geht erst übermorgen.«
Leo wirkte einen Moment lang nachdenklich. »Sie werden es nicht glauben, aber ich breche ebenfalls nach Caracas auf. Ein Freund von mir hat mich dorthin eingeladen und mir dafür sein Sportflugzeug samt Pilot geschickt. Ich bin sicher, Sie können mitfliegen. Da sehe ich überhaupt kein Problem.«
Wäre Beate nicht ein Profi im Tarnen und Täuschen gewesen, hätte sie ihren Schrecken sicher kaum verbergen können. So aber faltete sie nur hoffnungsvoll die Hände und schenkte Marcos Vater einen dankbaren Blick.
»Warten Sie, ich werde das abklären.« Leo bat seinen Sohn um dessen Mobiltelefon und entfernte sich ein paar Meter weit.
Nina empfing in diesem kurzen Moment einen so eindringlichen Blick von Beate, dass ihr der kalte Schweiß ausbrach. Die ganze Sache drohte komplett aus dem Ruder zu laufen!
Es entstand eine unangenehme Pause, in der Nina Marcos nachdenklichen Blick auf sich spürte. Zum Glück gesellte sich Leo rasch wieder zu ihnen.
»Ich habe gute Nachrichten! Alles klar. Sie können in der Maschine mitfliegen.«
Beate atmete hörbar aus, doch Nina entging nicht, wie sie die Hand hinter ihrem Rücken zur Faust ballte.
»Dennoch haben wir ein Problem«, fuhr er fort. »Um das Flugzeug nicht zu überladen, dürfen Sie nur Handgepäck mit an Bord nehmen. Ihr Koffer muss leider hierbleiben.«
Was hatte er da gerade gesagt? Nina rauschte das Blut in den Ohren, sodass sie die Worte nicht für möglich hielt. Beate hingegen ging ohne zu zögern auf die neuerliche Wendung ein.
»In Deutschland
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