Colombian Powder
geschieht.«
Blitzartig fällt mir die Begegnung mit den beiden Junkies in der Innenstadt ein. Zwar hatte sich damals mein Gewissen gemeldet, aber längst nicht stark genug, um mich von meinem aberwitzigen Vorhaben abzubringen. Jetzt bekomme ich die Rechnung dafür präsentiert.
»Darum bin ich zur Kripo gegangen. Um diesem System zu schaden, den skrupellosen Schweinen das Handwerk zu legen!«, fährt Marco wieder etwas ruhiger fort. »Meine eigene Schwester hat mich dazu gebracht.«
»Deine Schwester?« Ich kann das Erstaunen in meiner Stimme nicht verhindern.
»Daria war vor ein paar Jahren auch ein Junkie. Verführt von Typen, die das Zeug auf dem Schulhof vertickt haben. Was waren das für Kämpfe, bis sie endlich clean war. Drei abgebrochene Entzugstherapien …«
Es entsteht eine lange Pause. Marco dreht mir wieder den Rücken zu und hält sich an der Anrichte fest, als würde er auf etwas warten.
»Ich habe schon verstanden.« Ich stehe auf und schiebe den Stuhl wieder ordentlich an den Tisch. »Du willst, dass ich aus deinem Leben verschwinde. Dann musst du dir nicht länger Vorwürfe machen, es mit einer skrupellosen Drogenschmugglerin zu tun zu haben.«
Marco rührt sich nicht und starrt die Wand vor sich an. Ich nehme meine Jacke und gehe schwerfällig zur Tür.
»Wer sagt denn, dass ich das will?«, sagt er in meinem Rücken.
Meine Hand liegt schon auf der Klinke. »Ich soll also bleiben? Was willst du dann von mir?«
»Bereue.«
»Was glaubst du, tue ich seit Monaten?«
»Nicht nur in deinem Kopf. Setz ein Zeichen. Dann wird es dir besser gehen.«
»Aha. Und an was denkst du dabei?«
Endlich kommt Marco mir nach. »An eine ehrenamtliche Arbeit. Ich habe mit Gustav gesprochen. Er fühlt sich an der Sache nicht ganz unschuldig und ist bereit, ein soziales Projekt für Drogenkranke finanziell zu unterstützen …«
»… wenn ich dort arbeite«, vervollständige ich aus einer Ahnung heraus den Satz. »Sag ihm, ich bin einverstanden.« Entgegen aller Anstrengungen strömen mir die Tränen über die Wangen. »Ich werde dir beweisen, dass ich bereue, in Worten und Taten.«
Er zieht mich in seine Arme. Wie gut sich das anfühlt.
»Du hast trotz allem jede Menge Mut bewiesen, dich im letzten Moment gegen ein ganzes Drogenkartell zu stellen. Dafür zolle ich dir großen Respekt, Nina, und es zeigt mir, dass du ein gutes Herz hast.«
Seine Worte klingen so tröstlich, dass ich nicht anders kann, als laut aufzuschluchzen.
»Ich werde dir dabei helfen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen.« Sanft umfasst er mein Kinn, damit ich ihm in die Augen sehe. »Ich habe mich mit jeder Faser meines Herzens in dich verliebt, und mein Leben wäre unerträglich leer ohne dich.«
Reine, klare Freude durchströmt mich bei diesen Worten. »Sag das noch einmal«, flüstere ich. Ich muss mich einfach vergewissern, dass dieser Moment real ist, dass ich nicht in einem wunderschönen Traum gefangen bin.
»An dem Tag, an dem ich dir begegnet bin, war mir klar, dass du mich auf jede erdenkliche Weise beschäftigen würdest«, murmelt er rau.
»Mein Gott, du bist so ein wunderbarer Mann. Du könntest so viele Frauen haben. Ich verdiene dich gar nicht.«
»Du bist die Einzige, die ich will, Nina. Spürst du das nicht?«
Er küsst mich so leidenschaftlich, dass mir das Herz übergeht, so erfüllt bin ich von einer schon fast schmerzlichen Liebe.
»Willst du von jetzt an dein Leben mit mir teilen?«
»Nur, wenn du mir versprichst, dass wir nie wieder eine Kreuzfahrt machen werden.« Unter Tränen muss ich lächeln.
Dann ist es still. Ich will noch mehr sagen, aber Marco lässt mich nicht. Unter seinen Küssen merke ich nicht einmal, wie er mich in die Küche zurückschiebt, bis ich die Tischkante an meinen Schenkeln spüre. Das verräterische Glitzern in seinen Augen sagt mir, dass er etwas anderes im Sinn hat, als mit mir zu Mittag zu essen.
ENDE
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