Colombian Powder
reagierte, runzelte Beate die Stirn.
»Du scheinst ihn dagegen nicht besonders zu mögen.«
Nina konnte sich gerade noch auf die Lippen beißen, um trotz allem nicht laut aufzulachen. Jetzt war ihr klar, welcher Beruf ihr liegen würde, nämlich der einer Schauspielerin.
»So schwer kann es doch nicht sein, diesem attraktiven Typen ein paar Tage schöne Augen zu machen.« Beate drehte die Freundin zu sich herum. »Unser Plan muss funktionieren! Etwas anderes würde Ramon nicht akzeptieren, und Knete gäbe es auch keine!«
Letzteres schien Beate mehr Sorge zu bereiten als alles andere.
»Aua! Deswegen musst du mir aber keine blauen Flecken machen«, fauchte Nina.
Beate lockerte den Griff um Ninas Schultern. »Ich weiß, dass es bisher nicht gerade super gelaufen ist. Es war ein Fehler, dass wir uns von Anfang an zu sehr auf Jens konzentriert haben. Gerade deswegen müssen wir es jetzt besser machen.« Ihr Blick wurde eindringlich. »Vergiss nicht eine Sekunde, mit wem wir es bei der ganzen Sache zu tun haben. Du hast bisher nur Ramon kennengelernt, aber hinter ihm steht ein mächtiges Drogenkartell. Mit Leuten, die fürs Geschäft buchstäblich über Leichen gehen!«
»Hör doch auf!« Nina befreite sich mit einer heftigen Bewegung aus ihrem Griff. »Ist das deine Taktik, ja? Mir Angst einzujagen?«
Scheinbar ruhig durchquerte Beate die Kabine und schenkte sich ein Glas Whiskey aus der Minibar ein. Nach einem langen Zug, bei dem Nina schon längst einen Hustenanfall bekommen hätte, drehte sie sich wieder zu ihr um.
»Hast du schon einmal von der Corte Corbata , der kolumbianischen Krawatte, gehört?«
»Nein, habe ich nicht. Was soll das sein?«
»Dabei schneiden sie dir die Kehle unter dem Kinn auf und ziehen die Zunge dort durch.«
Nina griff sich unwillkürlich an den Hals.
»Im besten Fall lassen sie dich einen Abend lang leiden, indem du ihnen beim Feiern zusehen darfst, während du mit dem Ersticken kämpfst«, fuhr Beate fort.
»Und im schlechtesten?« Ninas Stimme klang ungewöhnlich rau, und sie musste sich räuspern.
»Werfen sie dich gefesselt in den nächsten Straßengraben, wo du langsam und qualvoll erstickst.«
Daraufhin war es eine Weile totenstill in der Kabine. Nina musste nicht überlegen, wen Beate mit ihnen meinte.
»Glaub mir Nina, ich erzähle dir keine Märchen. Ich weiß von einem Kurier, der die Kolumbianer übers Ohr hauen wollte. Er hat von jeder Lieferung eines der Kokain-Pakete geöffnet und es geringfügig gestreckt.« Beate schenkte sich noch einmal nach und füllte nun auch ein zweites Glas. »Die Menge war verschwindend gering, wenn man den Umfang einer solchen Lieferung bedenkt.«
Mit etwas zittrigen Händen nahm Nina es entgegen. »Jetzt sag schon. Was ist mit dem Kurier passiert?«
»Man hat ihn erst gefunden, als er schon zu vermodern begann. In einem Gebüsch neben der Autobahn. Seine Zunge hing unter dem Kinn heraus.«
»Aber wir wollen sie doch nicht übers Ohr hauen! Sag, wir haben einfach keinen gefunden, mit dem wir die Sache durchziehen konnten.«
Beate schnaubte. »Glaubst du, das interessiert die? Denkst du das wirklich? Meine Güte, so einfältig kannst du nicht sein! Ramon würde uns auseinandernehmen wie zwei Grillhähnchen. Und wenn er dabei nur auf die kleinste Lüge von uns stößt, können sie dir in der Charité schon mal das Bett wärmen.«
Nina starrte die Freundin an. Sie war sich nicht sicher, ob Beate mit dieser Schilderung übertrieb, um ihr Vorhaben durchzusetzen, oder ob Ramon und sein Gefolge tatsächlich so agierten.
»Und wenn wir uns trotz allem doch für Jens entscheiden? Jetzt ist es noch nicht zu spät«, entgegnete sie mit schwacher Stimme.
Beate schüttelte entschieden den Kopf. »Jens ist definitiv aus dem Rennen. Hast du nicht selbst erzählt, dass er in Cartagena wieder mit dem Drogenschwachsinn angefangen hat?«
Nina nickte widerstrebend.
»Und warum ist er so hurtig aus dem Restaurant verschwunden, als du dich auf die Suche nach mir gemacht hast?«
Dieses Verhalten war Nina ebenfalls rätselhaft. Irgendetwas an Jens war ihr von Beginn an seltsam vorgekommen, ohne dass sie es genau benennen konnte. Widerwillig musste sie einsehen, dass Beate richtig lag. Es war besser, kein Risiko einzugehen. Unbewusst griff Nina sich an den Hals. Der war bis auf das verheilende Souvenir aus Honduras unversehrt – noch!
»Entschuldigen Sie, würden Sie einen Schritt zur Seite gehen?«
Nina, die in Gedanken versunken am Ende des
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