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Colombian Powder

Colombian Powder

Titel: Colombian Powder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone A. Siegler
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schlenderten.
    Ein kaum merkbarer Ruck ging durch Nina. »Jetzt schon?« Sie blieb stehen.
    »Morgen früh wird keine Zeit mehr sein. Mein Flug geht um sieben.«
    Ramon hatte ihr erklärt, wie das Auschecken der Koffer am Abreisetag funktionieren würde. Es gehörte zum Service des Schiffes, das Gepäck von der Crew von Bord bis ins Hafengebäude befördern zu lassen. Dort mussten die Passagiere es an sich nehmen und durch den Zoll bringen.

    Für Nina war es der Gang nach Canossa, das unheilvolle Relikt aus der Versenkung zu holen. Wenigstens hatte sie Marco überredet, ihm den Koffer in seine Kabine zu bringen, denn sie musste eine Weile alleine sein. Von innen schloss sie die Tür zum Schrankraum und schaltete das Licht aus. Dann rutschte Nina an der Wand entlang auf den Fußboden und ließ ihre Finger über die raue Kofferschale gleiten. Wie von selbst ertastete sie die unscheinbare kleine Schraube, die ein Unwissender nicht bemerken würde. Fühlte sich das Plastik nicht irgendwie heiß an? So, als würde der Inhalt vor Verbotenem regelrecht glühen.
    Eine Weile gab sich Nina der tröstlichen Vorstellung hin, den Koffer mit Schwung über Bord zu werfen. Das anschließende Platschen hörte sich wie Musik an. In diesem Fall müsste sie jedoch nachspringen, denn mit so einer Aktion würde sie sich erst recht auf die Abschussliste des schrecklichen Ramon setzen.
    Als sie irgendwann wieder Licht machte und auf ihre Armbanduhr sah, durchzuckte sie ein Schreck. War sie tatsächlich eine geschlagene Stunde im dunklen Schrank gesessen? Mühsam erhob sie sich und schüttelte ihre schmerzenden Beine, die durch die unbequeme Haltung eingeschlafen waren. Wenn Marco nicht misstrauisch werden sollte, musste sie sich beeilen. Schwitzende Hände umschlossen den Koffergriff mit dem Anhänger, den Beate mit ihrem Alias-Namen und einer fiktiven Adresse beschriftet hatte.

    Marcos Kabine glich der ihren aufs Haar. Er hatte in der Zwischenzeit geduscht und trug nun verwaschene Jeans und ein Sweatshirt. Mit seinen nassen, zerzausten Haaren sah er einfach zum Anbeißen aus. Nina stellte den Koffer neben Marcos eigenem ab, der fertig gepackt an der Tür stand, und sah sich in der Kabine um. Kaum etwas erinnerte daran, dass noch jemand darin wohnte. Lediglich ein T-Shirt und ein Paar Socken lagen über der Sessellehne, und auf dem Nachttisch stand eine halb volle Flasche Mineralwasser.
    »Möchtest du auch das Bad sehen?«, fragte Marco lächelnd. Offenbar blieb ihm ihre Neugier nicht verborgen. Er setzte sich im Schneidersitz auf das Bett und betrachtete Nina, die mitten im Zimmer stand und keine Regung zeigte, aus schmalen Augen.
    »Du bist wunderschön. Habe ich dir das schon gesagt?«
    Nina senkte den Blick und schüttelte den Kopf. »Mach es uns nicht noch schwerer, Marco.«
    »Du hast recht«, antwortete Marco nach einer Ewigkeit. Er rutschte zur Bettkante und griff in die Schublade des Nachttisches. »Ich habe hier noch etwas für dich.« Damit hielt er ihr ein kleines, ledernes Etui hin.
    Mit zitternden Fingern klappte Nina den Deckel hoch. Darunter lag auf einem Stück Schaumstoff die rosarote Muschel, die er gestern für sie vom Korallenriff geborgen hatte.
    Jetzt war sie poliert und mit zwei kleinen Löchern versehen, durch die ein schmales Lederband führte. Nina hatte schon danach gesucht und befürchtet, sie verloren zu haben. Vorsichtig nahm er sie heraus und legte sie Nina um den Hals. Das Band war gerade so lang, dass die Muschel zwischen den Ansätzen ihrer Brüste ruhte, unterhalb ihrer Kette mit dem Anhänger der Virgen del Valle.
    »Besser hat es der Juwelier in der kurzen Zeit leider nicht hinbekommen.«
    »Sie ist zauberhaft.« Gerührt betrachtete sich Nina im Spiegel über dem Schreibtisch.
    »Versprichst du mir, sie ab jetzt immer zu tragen?«, flüsterte Marco in ihr Ohr.
    »Ich verspreche es«, antwortete Nina mit erstickter Stimme.
    Sanft drehte er sie zu sich herum. Er stand so dicht vor ihr, dass sie den Duft seines Duschgels roch. Sanft legte er einen Finger unter ihr Kinn und drückte es nach oben, sodass er ihr in die Augen sehen konnte.
    »Ich möchte, dass du eines weißt. Ich werde die Zeit mit dir niemals vergessen. Niemals, hörst du?«
    Nina wollte darauf etwas erwidern, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie konnte nur zaghaft nicken.
    Marco leckte sich über die Lippen und sah aus, als wolle er noch etwas hinzufügen, doch dann ließ er sie plötzlich los und trat einen Schritt zurück. »Ich

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