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Colombian Powder

Colombian Powder

Titel: Colombian Powder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone A. Siegler
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duschte eiskalt. Jeder körperliche Schmerz war besser auszuhalten als die Wackersteine auf ihrer Seele.

    Der Exodus setzte gegen Mittag ein, als auch Nina der Diamond Dolphin den Rücken kehrte. Es kam ihr gerade recht, sie ließ sich von der Menge auf den Kai hinaus und in eine der Ankunftshallen des Hafens treiben, ohne sich aus dem versteinerten Zustand zu lösen, in den sie in den letzten Stunden verfallen war.
    Die Gepäckstücke standen bereits in Reih und Glied an der Fensterfront, eingeteilt nach den einzelnen Kabinendecks. Nina leistete wie die anderen Passagiere automatisch den Anweisungen der Angestellten Folge, den eigenen Koffer an sich zu nehmen. Sie durchschritt die Pass- und Gepäckkontrolle ohne aufzusehen, bemerkte weder die Gruppe von Beamten, die sich unauffällig an ihre Fersen heftete, noch den Mann, der hastig sein Gesicht abwandte, als sie die Halle betrat.
    Unbehelligt erreichte Nina schließlich den Busparkplatz und ließ sich von einem dunkelhäutigen Fahrer in den Shuttle-Bus helfen, der sie zum Flughafen bringen würde.
    Die Angestellte der Fluggesellschaft warf einen Blick in ihren Pass und drückte ihr die Bordkarte in die Hand. Der Koffer verschwand auf einem Förderband und Nina ging durch eine pingelige Sicherheitskontrolle zum Gate. Einen Offiziellen bekam sie in Miami nicht zu Gesicht.

    »Du meine Güte! Man könnte meinen, Sie kommen direkt von der Zwangsarbeit auf einer römischen Galeere!«
    Nina hatte sich gerade auf einem der harten Wartehallen-Sessel niedergelassen, als sie von hinten angesprochen wurde. Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer es war. Der spöttisch-herablassende Tonfall war unverwechselbar. Was machte Klaus Eggerth denn noch hier? Er hatte doch das Schiff bereits vor einer Ewigkeit verlassen.
    »Scheint, dass die letzten Tage ziemlich anstrengend für Sie waren«, fuhr er unbeirrt fort, als Nina ihm nicht antwortete. Trotzdem zog sie bei diesen Worten eine Grimasse. Sie wusste selbst, dass die vergangenen Tage sie gezeichnet hatten – nur, was ging das diesen Idioten an? Auf dem Weg hierher hatte sie eine solche Welle der Verzweiflung überrollt, dass sie die Tränen nicht zurückhalten konnte. Diese hatten nun endlich die Chance, wie ein Sturzbach aus ihr herauszuströmen.
    »Was wollen Sie denn noch von mir?«, fauchte sie ihn an.
    »Nun, Sie sehen aus, als könnten Sie einigen Zuspruch gebrauchen.«
    »Von Ihnen?« Nina konnte den Sarkasmus in der Frage nicht unterdrücken. Sie schnitt ihm das Wort ab, indem sie aufstand und ihre Tasche nahm. »Sie schaffen es tatsächlich, dass man Einsamkeit zu schätzen weiß.«
    »Viel Glück für Ihre Zukunft«, rief er ihr nach, bevor sie aus seinem Blickfeld verschwinden konnte. »Ich bin sicher, Sie können es brauchen!«

    Fast eine Stunde stand die DC-11 auf der Rollbahn, bis die Triebwerke endlich aufheulten. Die Maschine nahm rasch Fahrt auf, schob sich aber wieder nur ein paar hundert Meter in der Warteschlange der startbereiten Flugzeuge nach vorne.
    Wenn sie nur endlich hier weg wäre! Noch befand sie sich auf feindlichem Territorium . Nina hatte ihre Hände ineinander verkrallt und hoffte, dass Marco anstandslos ausgereist war. In ein paar Stunden würde sie im winterlichen Berlin sein und hoffentlich alles überstanden haben.
    Nachdem die Maschine endlich abgehoben hatte, beugte sich eine Stewardess zu Nina herunter und musterte sie besorgt.
    »Geht es Ihnen nicht gut? Ich kann Ihnen etwas gegen Reiseübelkeit bringen.«
    Nina schüttelte nur den Kopf. Gegen ihr Leiden gab es kein Medikament.
    »Die hintersten Sitzreihen sind nicht belegt. Kommen Sie mit, dort können Sie sich hinlegen«, bot ihr die Stewardess an.
    Dankbar bettete Nina kurz darauf ihren Kopf auf eines der mickrigen Kissen der Fluggesellschaft. Sie wollte einfach nur alleine sein und schloss erschöpft die Augen. Irgendwann forderten der übermüdete Körper und der Stress ihren Tribut – sie fiel in einen tiefen Schlaf.
    Nina kam erst wieder zu sich, als der Jet bereits über dem europäischen Festland war. Der Pilot informierte die Fluggäste über das Wetter in Berlin, 2 Grad Celsius und Graupelschauer, und leitete allmählich den Sinkflug ein. Mit jedem Meter, dem sie dem Boden näher kamen, umklammerte Nina krampfhafter die Muschel an ihrer Brust. Ihr Daumen spielte mit dem Anhänger von Maria. Er bringt Glück, hatte sie gesagt.
    Ganz plötzlich hatte sie das Bild des Lokals auf der Isla Margarita vor sich. Fast

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