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Colorado Kid

Colorado Kid

Titel: Colorado Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte er seinen Traum von der Rechtsmedizin bereits an den Nagel gehängt und drückte wieder die Schulbank, um Rechtsanwalt zu werden. Ob gut oder schlecht, dieser Sinneswandel war ursächlich auf die Beamten O’Shanny und Morrison zurückzuführen, dennoch war es Paul Devane, der den Unbekannten von Hammock Beach letztendlich zu Colorado Kid machte und es der Polizei ermöglichte, ihn zu identifizieren.«
    »Und wir brachten es exklusiv«, sagte Vince. »Größtenteils weil unser Dave Bowie dem jungen Mann einen Donut spendiert hatte und ihm das schenkte, was man mit Geld nicht kaufen kann: ein offenes Ohr und ein bisschen Verständnis.«
    »Na, jetzt trägst du aber ein bisschen dick auf«, sagte Dave und rutschte auf seinem Stuhl herum. »Ich war höchstens eine halbe Stunde mit ihm unterwegs. Maximal eine Dreiviertelstunde, wenn du die Zeit dazu zählst, die ich mit ihm in der Bäckerei Schlange stand.«
    »Manchmal reicht das schon«, sagte Stephanie.
    Dave erwiderte: »Ah jo, manchmal schon, und warum auch nicht? Wie schnell erstickt ein Mensch an einem Stück Fleisch und ist danach für alle Zeiten tot?«
    Darauf wusste niemand etwas zu sagen. Auf dem Wasser tutete wichtigtuerisch die Yacht eines reichen Mannes, die auf den Anleger von Tinnock zusteuerte.
     

9

    »Lass Paul Devane mal eine Zeit lang außen vor«, sagte Vince.
    »Dave kann dir gleich den Rest erzählen. Ich muss dir vorher noch von der Leichenfledderei berichten.«
    »Ah jo«, sagte Dave. »Das Ganze ist zwar keine echte Geschichte, Steffi, aber wahrscheinlich käme es jetzt als Nächstes, wenn es doch eine wäre.«
    Vince sagte: »Nicht dass du glaubst, Cathcart hätte sich direkt an die Autopsie gemacht, das tat er nicht. Bei dem Brand in dem Mietshaus, der O’Shanny und Morrison überhaupt in unseren entlegenen Winkel führte, waren nämlich zwei Menschen ums Leben gekommen und die waren zuerst dran. Nicht nur weil sie zuerst gestorben waren, sondern weil sie Mordopfer waren und der Unbekannte am Strand allem Anschein nach ›nur‹ ein Unfallopfer. Als er endlich bei Cathcart an die Reihe kam, waren die beiden Beamten schon wieder in Augusta – zum Glück.
    Ich war bei der Autopsie zugegen, weil ich damals der Einzige in der Gegend war, der einigermaßen anständige Fotos schießen konnte. Man wollte nämlich ein ›Schlaffoto‹ von dem Toten. Das ist ein spezieller Begriff, er bezeichnet nichts anderes als ein Foto von einer Leiche, das man noch in der Zeitung veröffentlichen kann. Dabei soll die Leiche aussehen, als würde sie schlafen.«
    Stephanie schaute gleichzeitig neugierig und entsetzt drein.
    »Funktioniert das denn?«
    »Nein«, antwortete Vince. Dann fügte er hinzu: »Na ja … vielleicht für ein Kind. Oder wenn man nur einen kurzen Blick auf das Bild wirft und ein Auge zukneift. Das Foto musste vor der Obduktion gemacht werden, weil Cathcart meinte, er würde den Unterkiefer wegen der verstopften Kehle und so vielleicht zu weit ausrenken müssen.«
    »Und ihr dachtet, es würde eher nach Schlafen aussehen, wenn er keinen Gürtel ums Kinn hat, der ihm den Mund zuhält?«, fragte Stephanie und musste wider Willen grinsen. Furchtbar, dass man so etwas lustig fand, aber sie konnte nicht anders; ein kleiner Teufel in ihrem Kopf entwarf eine makabre Karikatur nach der anderen.
    »Ja, so ähnlich«, stimmte Vince zu und musste ebenfalls lächeln. Dave auch. Wenn sie wirklich pervers war, dann war sie wenigstens nicht die Einzige, Gott sei Dank. »Das würde ja aussehen wie eine Leiche mit Zahnschmerzen.«
    Alle drei brachen in Gelächter aus. Stephanie dachte, dass ihr die beiden alten Vögel wirklich ans Herz gewachsen waren.
    »Am besten, man lacht Freund Hein ins Gesicht«, sagte Vince und nahm sein Colaglas vom Geländer. Er trank einen Schluck und stellte es zurück. »Besonders in meinem Alter. Ich spüre den Sensenmann hinter jeder Tür, rieche seinen Atem auf dem Kopfkissen neben mir, wo früher meine Frauen lagen – Gott segne die beiden –, wenn ich das Licht ausmache.
    Man muss ihm ins Gesicht lachen.
    Wie auch immer, Steffi, ich machte jedenfalls meine Fotos – meine ›Schlaffotos‹ – und sie wurden ungefähr so, wie zu erwarten war. Auf dem besten sah der Kerl aus, als würde er gerade einen gewaltigen Rausch ausschlafen oder im Koma liegen. Das haben wir dann eine Woche später gedruckt. Auch die Daily News aus Bangor brachte es, außerdem die Zeitungen in Ellsworth und Portland. Hat natürlich nichts

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