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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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darauf zu erwidern. Fordney fügte nachdenklich hinzu: »Auch ich hätte schon vor Jahren nach Westen gehen sollen.«
    Levi schaffte die Waffe heimlich nach Hause und versteckte sie hinter der Wurstmaschine. Nun hatte er eigentlich alles Nötige beisammen:    einen guten
    Conestoga, vier ausgezeichnete Grauschimmel und zwei weitere, die er sich »leihen« würde, eine erstklassige Büchse... Er hatte den unbestimmten Plan, sich der nächsten Gruppe anzuschließen, die nach Westen wollte. Levi konnte Lampeter und Lancaster einfach nicht mehr ertragen. Auch wenn die Mißachtung ihm gegenüber mit der Zeit aufhören würde, hatte er keine Lust mehr, weiter in dieser Schande zu leben.
    Er ging seiner Arbeit so gewissenhaft nach wie eh und je. Jeden Dienstag und Freitag machte er den weiten Weg nach Lancaster, um den Marktstand aufzuräumen und die Überreste zum Waisenhaus hinauszuschaffen. In der vierten Woche nach dem Vorfall, der sein Leben so verändert hatte, fragte Levi Elly Zahm: »Warum halten die Leute sich eigentlich von dir fern?«
    »Ich habe keine Eltern. Sie nennen mich einen Bankert.«
    »Das ist doch nicht deine Schuld.«
    »Sie tun aber alle so, als ob ich schuld wäre.«
    »Wie bist du hierhergekommen?« »Jemand hat mich auf den Kirchenstufen abgelegt.«
    An jenem Tag sagte er nichts weiter. Am Sonntag, als seine Familie beim Gottesdienst war, ging er zum Mischwäldchen hinüber und blieb dort eine geraume Zeit völlig unbeweglich auf einem Baumstumpf sitzen. Geistesabwesend strich er über die Borke einer gefällten Eiche und schaute sich genau die ansehnliche Farm an, die sich seine Familie nach und nach erarbeitet hatte. Ein Gebäude nach dem anderen, einen Acker nach dem anderen... Mit unendlicher Geduld! Es gab in ganz Lancaster keine bessere Farm. Das wußte er. Aber für ihn lag jetzt zu viel Bitternis darin. Viel zuviel Bitternis.
    Er barg das eckige, bartumrandete Gesicht in den Händen und seufzte tief auf. Dann murmelte er vor sich hin: »Mehr kann ich einfach nicht ertragen! Am Dienstag gehe ich weg.«
    Beim Sonntagsmahl aß er so viel, als hätte er wochenlang gehungert. Er nahm sich von allen Gerichten ungeheure Mengen und verzehrte zum Abschluß noch zwei verschiedene Kuchen: »Shoo-fly-Pie« und Kirschkuchen, den er am allerliebsten mochte. Er war zu allen ausnehmend freundlich. Am Montag bot er sich freiwillig an, seiner Mutter bei der Herstellung von »Cup Cheese« zu helfen. Er wollte nämlich sein Lieblingsgericht auch in Oregon nicht missen.
    Levi merkte sich genau, daß seine Mutter zwei Gallonen Dickmilch und Sahne nahm und sie zum Erhitzen auf den Herd stellte. »Die Milch darf auf keinen Fall kochen.«
    Er war enttäuscht, als sie nur noch das überschüssige Wasser abgoß und die Dickmilch in einen Beutel schöpfte. »Was machst du jetzt noch damit?« fragte er.
    »Du kannst mir ja morgen wieder helfen, Levi. Eine bestimmte Menge Soda wird in die Dickmilch gerührt. Danach kommt das Ganze in einen Tonkrug. Nach
    einiger Zeit stockt die Mischung und fängt an zu riechen. Der Tonkrug kommt in heißes Wasser, bis der Käse warm wird. Zum Schluß kommt noch Salz und Essigwasser dazu. Dann ist er fertig.« Levis Mutter hängte den tropfenden Beutel an einen Haken über dem Ausguß und sagte abschließend:    »Morgen
    machen wir zusammen weiter.«
    Morgen würde er nicht mehr da sein.
    Dienstag gegen drei Uhr früh half er, die Wagen für den Markt zu beladen. Das letzte Mal. Er sah den vier Brüdern nach, wie sie in Richtung Stadt fuhren. Als sie außer Sichtweite waren, ging er in die Küche und gab seiner Mutter einen Abschiedskuß. Seit dem Vortag schon befürchtete sie, daß er auf und davon gehen würde. Sein Interesse für die Käseherstellung war so ungewöhnlich gewesen, daß sie sich Gedanken darüber gemacht hatte. Also fragte sie nur: »Wohin fährst du?« Statt einer Antwort gab er ihr noch einen Kuß, nahm das Gewehr und führte seine beiden Grauschimmel aus dem Stall. Auch Mahlons Pferde und das nötige Zaumzeug holte er sich.
    Er ritt zum »Weißen Schwan«. Dort spannte er die vier Pferde vor den Conestoga und fuhr noch bei Dunkelheit hinüber zu Hollinger, um die zwei Grauschimmel zu holen, die er gekauft hatte. »Sieht so aus, als wären sie passend zueinander ausgesucht worden.« Als Levi mit dem Anspannen fertig war, fragte Hollinger noch: »Bist du nicht der Zendt-Junge? Der, den sie alle schneiden, oder?«
    »Das ist vorbei«, erwiderte Levi ruhig.
    Auf

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