Colorado Saga
entzog.
Dann fuhren sie hinunter. Als Levi den großen Conestoga durch Pittsburgh zum Fluß lenkte, blieben immer wieder Männer stehen, um ihre Söhne auf den alten Wagen mit den hohen Hinterrädern hinzuweisen. Levi war stolz, Besitzer einer solchen Sehenswürdigkeit zu sein. Aber als er an der Stelle ankam, wo die Flüsse sich vereinten, und die prächtigen, aber zerbrechlichen Boote sah, die von hier nach St. Louis und New Orleans abfuhren, verstand er, warum der erste Kapitän, an den er sich wandte, ihn auslachte. »So einen Wagen können wir nicht an Bord nehmen, junger Mann. Dies ist ein Schiff für Gentlemen und ihr Frachtgut.«
Das zweite Flußboot, zu dem sie fuhren, die »Queen of Sheba«, war noch eleganter als das erste. Es erinnerte Levi an die vielschichtigen Hochzeitstorten, die der Bäcker Stoltzfuß gemacht hatte. Die Oberdecks wurden von schlanken weißen Säulen getragen und durch grüngestreifte Markisen vor der Sonne geschützt. Herren in grauen Anzügen und Damen mit zierlichen Sonnenschirmen promenierten an Deck. Müßig betrachteten sie die Vorgänge auf dem Pier. Plötzlich rief einer der Herren: »Schaut mal, ein echter Conestoga!« Alle drängten sich an die Reling und sahen neugierig zu, wie Levi die Pferde anhielt.
»Ein feines Gespann habt Ihr da«, rief einer der Herren Levi zu. »Aber der Wagen ist zu schwer für die
Pferde.«
»Wohin wollen Sie denn, Miß?« fragte eine Dame. Elly rief zurück: »Nach Oregon, Ma'am.«
Das verursachte eine derartige Aufregung, daß der eine Herr die breite Mahagonitreppe herunterrannte. Mit jener Großzügigkeit, die im Westen gang und gäbe war, bestand er darauf, daß die Zendts für eine Erfrischung an Bord kämen.
Levi protestierte: »Und was ist mit den Pferden?« Daraufhin rief der Herr einen kleinen Neger herbei, gab ihm fünf Cent und sagte: »Paß auf die Pferde auf.« Die Zendts wurden die hochherrschaftliche Treppe bis zum Oberdeck hinaufgeleitet und waren im Nu von neugierigen und anteilnehmenden Fremden umringt.
»Oregon!« sagte eine Dame fassungslos und befühlte Ellys Kleid. »Das ist genau der richtige Stoff für eine solche Reise. Sind Sie seine Tochter, mein Kind?«
»Seine Frau.« Großes Staunen bei allen, und eine andere Dame fragte: »Wie alt sind Sie denn, wenn ich fragen darf?« Levi sah Ellys Zögern und vermutete, daß sie verschweigen wollte, wie jung sie noch war. Daher sagte er geradeheraus: »Sie ist sechzehn.« Die Umstehenden waren verblüfft. Eine besonders neugierige Dame entlockte Elly, daß sie aus dem Waisenhaus weggelaufen war. Daraufhin sammelte sie bei den Passagieren mehr als sieben Dollar und überreichte sie Elly als Hochzeitsgeschenk. »Das ist für Sie, meine Liebe«, betonte sie. »Nicht für ihn.«
Die Herren bestellten Champagner, um auf das abenteuerliche Unternehmen der beiden jungen Leute anzustoßen. Keiner der Passagiere war auf seinen verschiedenen Reisen je weiter als bis Cincinnati gekommen.
Man unterhielt sich weiter, und die Herren fragten Levi, warum er zum Ohio gekommen sei. Auf seine Antwort, daß er vorgehabt habe, mit Pferden und Wagen auf einem Boot wie diesem nach St. Louis zu fahren, lachten die Männer und deuteten auf die unteren Decks des schwimmenden Palastes, wo gerade Ballen und Koffer säuberlich gestapelt wurden. »Wenn Sie da unten ein freies Plätzchen für den Conestoga finden, dann ist's ja gut«, scherzte einer der Herren.
»Wo soll ich es denn versuchen?«
»Es gibt da einen Burschen namens Finnerty. Der kann Ihnen ein Flachboot bauen. Ein sehr guter Mann, wie ich gehört habe. Er steuert es selbst für Sie stromabwärts und verkauft es dann in Cairo.«
»In Cairo will ich aber nicht Station machen«, protestierte Levi, der vor dieser Rowdystadt gewarnt worden war.
»Müssen Sie aber! Ab Cairo ist das Flachboot nutzlos. Um nach St. Louis zu gelangen, müssen Sie gegen die Strömung den Mississippi hinauffahren.« Der Herr ging an die Reling, warf dem Negerjungen, der auf die Pferde aufpaßte, einen zweiten Nickel zu und sagte: »Wenn dieser junge Mann von Bord geht, führst du ihn zu Finnerty.«
Gerade da kam der Kapitän an Deck und sagte: »Ich habe gehört, daß ein Pennsylvanier hier ist, der seinen Conestoga bei uns verladen wollte.« Nachdem Levi ihm vorgestellt worden war, fuhr er fort: »Viele Frachtschiffer werden sich erbieten, Sie nach Cairo mitzunehmen. Aber das sind traurige Kästen, die oft nach einigen Meilen schon in Brüche gehen. Lassen
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