Colorado Saga
den Reifen festzumachen?«
Der Mann lachte schallend auf. »Mein Junge, Sie wollen dreitausend Meilen weit fahren, oder? Was glauben Sie wohl, wie lang so ein Keil halten würde?« Er führte Levi zu den übrigen drei Rädern und demonstrierte ihm, wie solide gebaut sie waren. »Bessere Räder gibt es nicht, aber dieses hier taugt einfach nichts.«
»Warum?«
»Warum wirft eine Sau acht Ferkel, die sich zu kräftigen Schweinen entwickeln, und eines, das ein lächerlicher Zwerg bleibt?« Der Stellmacher mußte über seinen Vergleich lachen.
Levi unterbrach ihn. »Wieviel?« fragte er kurz.
»Zwei Dollar. Morgen mittag ist das Rad fertig.«
Levi wußte, daß der Mann ihn gut beriet. Auch der Preis war nicht zu hoch. Schließlich mußte der Reifen erhitzt, auf dem Amboß gehämmert und auf die neue Felge gezogen werden, solange er noch glühte. Wenn der Reifen dann abkühlte, würde er sich eng an das Holz schmiegen.
»Wird das Rad dreitausend Meilen weit halten?« fragte Levi.
»So ein verfluchtes Rad besteht aus vielen verschiedenen Teilen, von denen jedes die Ursache für ein späteres Versagen sein kann. Auf jeden Fall sollten Sie das Rad befeuchten, so oft Sie können. Behalten Sie es gut im Auge. Und wenn Sie bei einem Schmied vorbeikommen, lassen Sie alle Räder überprüfen.« Er schaute sich den Conestoga von oben bis unten an und sagte anerkennend: »Dem Burschen, der diesen Wagen gebaut hat, kann man kein X für ein U vormachen, der weiß genau Bescheid, wie man so etwas baut.«
Zwei Tage hinter McConnellsburg kam die erste große Zerreißprobe: die Überquerung des Juniata. Es war natürlich nicht der Hauptstrom - dafür wäre eine Brücke unbedingt erforderlich gewesen -, sondern ein Nebenarm, der jedoch jetzt, gegen Ende des Winters, reichlich Wasser führte. Als Elly den Fluß sah, rief sie erschrocken: »Du willst doch nicht etwa da hindurch?« »Hast du etwa einen besseren Vorschlag?« fragte Levi zurück.
Er watete zum anderen Ufer und wieder zurück durch das eisige Wasser. Es reichte ihm an keiner Stelle bis über die Schenkel. »Die Pferde schaffen es schon«, meinte er zuversichtlich. »Du bleibst im Wagen, Elly.« Doch sie protestierte. Um Mann und Besitz zu schützen, wollte sie dort sein, wo sie ihm beistehen konnte, falls die Pferde scheuten oder der Wagen umzukippen drohte. Die Röcke würden naß werden, aber das war ihr gleichgültig. Levi ging an der linken Seite des Wagens, die Zügel fest in der Hand. Elly führte die beiden Leitpferde. Die Uferböschung war so steil und schlüpfrig, daß Elly ausrutschte und ins eisige Wasser fiel. Prustend kam sie hoch und erschreckte damit die Pferde. Doch gerade als sie sich aufbäumen wollten, hatte Elly wieder Boden unter den Füßen und packte mit fester Hand das Leitpferd am Zaum.
»Ho! Ho!« rief sie, spuckte immer wieder Wasser aus und zerrte die Pferde schließlich bis zum gegenüberliegenden Ufer, wo der Boden ebenfalls glitschig war. Wieder glitt sie aus und fiel ins Wasser. »Du bist vielleicht ein herrlicher Anblick!« lachte Levi. »Puh, ist das Wasser kalt!« sagte Elly zähneklappernd. Mühsam zogen die Pferde den schweren Wagen auf das schlammige Ufer. In Bächen floß das Wasser von den Flanken der Pferde und von den Rädern. Sie ging auf Levi zu und sagte: »Bis Oregon müssen wir noch über viele Flüsse. Wir werden es schon noch lernen.«
»Ich war heilfroh, daß du da warst, als die Pferde scheuten«, sagte er. Elly kletterte in den Wagen, um die Kleider zu wechseln. Sie hatte das Gefühl, daß ihre Ehe anfing, eine richtige Partnerschaft zu werden. Hinter Bedford mußten sie entscheiden, ob sie nach Norden auf der alten Forbes Road über die Alleghenie-Berge nach Pittsburgh fahren, oder ob sie die neuere Glade Road, die nach Süden durch Somerset führte, benutzen wollten. »Die Forbes Road ist um zwanzig Meilen kürzer«, erklärte ihnen der Schmied, der die zwei neu gekauften Grauschimmel beschlug. »Die Glade Road ist länger und kostet auch mehr Wegezoll, aber auf ihr kommt Ihr leichter über die Berge.«
»Sind die Berge so schlimm?«
»Berge sind nie ein Kinderspiel. Und keine Straße ist ideal. Aber wenn Ihr mich fragt...« Er brach ab, da er keinen unerbetenen Rat geben wollte.
»Was würden Sie tun?«
»Ich würde die Glade Road fahren und meinem Schöpfer danken, daß ich nicht die Forbes Road nehmen mußte.« Er tauchte ein rotglühendes Hufeisen ins Wasser. Als das Zischen aufhörte, redete er weiter:
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