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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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er sich ein, zog den Beutel aus der Tasche und breitete den Zeitungsausschnitt vor sich aus. Da standen die unwiderleglichen Einzelheiten: »Miß Lucinda... Enkelin und einzige Erbin des Häuptlings Lahmer Biber... Goldmine in den Rockies... «
    Er ging wieder an seine Arbeit und erwog verschiedene Möglichkeiten, wie er ihr das Geheimnis der Goldader entreißen könnte. Unterdessen arbeitete er gleichmütig weiter, als wäre nichts geschehen.
    An einem Wintermorgen des Jahres 1860 kehrte er mit vier Büffelzungen, die er erlegten Büffelkühen abgeschnitten hatte, in die Einpfählung zurück, warf sie auf Zendts Küchentisch und fragte dabei ganz beiläufig:
    »Hast du jemals von einem Alten namens McKeag gehört?«
    »Er war mein Partner. Wir haben sieben Jahre lang hier miteinander gearbeitet.«
    »Ist es wahr, daß du seine Tochter geheiratet hast?« »Ja.«
    »Ist es wahr, daß sie die Enkelin eines Arapaho-Häuptlings ist?«
    »Ja.«
    »Wo ist sie aufgewachsen?«
    »Frag sie selber.«
    Larkin rückte zu Lucinda, die gerade Socken stopfte, und fragte: »Ist es wahr, daß du die Enkelin des Häuptlings Lahmer Biber bist?«
    »Nein«, antwortete sie, und Larkin saß wie begossen da. Dann lachte sie und fügte hinzu: »Weil er nämlich gar kein Häuptling war.«
    »Aha - aber du bist seine Enkelin?«
    »Er war ein großer Mann«, sagte sie ernst.
    »Wo bist du aufgewachsen?«
    »Wir sind viel herumgezogen. In St. Louis war ich längere Zeit.«
    »Ich meine, solange dein Großvater noch lebte?«
    »Der war schon lang tot, als ich auf die Welt kam.« »Wo hat er gelebt?«
    »Mehr oder weniger überall, zwischen Kanada und dem Arkansas. Weiter südlich ging er nie, wegen der Comanchen. Vergiß nicht, daß ich eine Arapaho bin.« »Ich weiß.« Er zögerte, dann bohrte er weiter: »Hat er jemals in den Bergen gelebt?«
    »Natürlich, wir alle lebten in den Bergen, nicht oben in den Rockies, aber in den Vorbergen. Im Blue Valley, so nannten wir es.«
    »Was habt ihr dort oben getan?«
    Lucinda blickte von ihrer Näharbeit auf und dem Goldsucher ins Gesicht. »Was soll diese Ausfragerei, Mr. Larkin?« fragte sie.
    »In der Zeitung steht, daß du die Enkelin des Lahmen Bibers bist.«
    »Ach nein! Levi, Levi!« Als ihr Mann aus der Küche kam, lachte sie verschmitzt und sagte: »Da ist schon wieder einer, der von Großvaters Goldmine gehört hat. Erzähl ihm die Geschichte, ich muß das Abendessen machen.«
    Also erzählte Levi Spaten-Larkin alles, was er über die letzten Tage des Lahmen Bibers wußte, über die zwei goldenen Kugeln, über Pasquinels fixe Idee, und wie McKeag ihn tot im Blue Valley aufgefunden hatte. »Wo ist dieses Tal?« fragte Larkin und Levi erklärte ihm, was er vor ihm schon einem Dutzend anderer erklärt hatte: »Du folgst dem Platte flußaufwärts bis zur Gabelung. Halte dich rechts, nimm die erste Abzweigung nach links und steig recht weit hinauf, immer rechts vom Steinernen Biber bleibend. Und dann bist du schon da: links stehen blaue Kiefern, rechts gelbe Espen, in der Mitte fließt ein kleiner Bach.«
    »Ein Bach?« fragte Larkin.
    »Ja, ein schöner Bach.«
    In der folgenden Nacht ließ Larkin so viel aus dem Geschäft mitgehen, als er gerade noch schleppen konnte, griff nach seinem Spaten und machte sich auf den einsamen Marsch in die Berge. Von Zeit zu Zeit tauchte er in Berichten von Reisenden auf, die erzählten, wie er die Lager durchstöberte, die andere vor ihm angelegt hatten, und sich einen Platz an Flüssen suchte, an denen sich bereits eine riesige Menge drängte. Er zog bis California Gulch nach Süden, kam aber immer wieder zu dem Bach zurück, den schon viele ohne Erfolg abgesucht hatten: Zum Clear Creek im Blue Valley. Endlich stellte er sein Lager einen ganzen Winter lang hier auf, ein Wahnsinnsakt, denn jeder wußte, daß dieser Bach kein Gold führte.
    Als im Jahr 1861 der Frühling einzog, wußte Larkin nicht einmal, daß ein Krieg bevorstand, der die Nation in zwei Hälften spalten würde. Seit über sechs Monaten hatte er keinen Menschen mehr gesehen. Das einzige, was ihn noch interessierte, war der Zeitungsausschnitt, der in seinem Tabaksbeutel langsam zerfiel. Unter den blauen Kiefern vor der Tür seiner Hütte sitzend, holte er den Ausschnitt wieder heraus und sagte sich die magischen Sätze wieder und wieder vor.
    »Es muß hier sein!« sagte Larkin. »Hier hat der Lahme Biber die Kugeln gefunden.« Und mit einer Art stumpfer Wut tauchte er wieder ins klare Wasser,

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