Colorado Saga
um landwirtschaftliche Geräte gebeten. Es wird nicht mehr lange dauern, und die öffentliche Aufregung hat sich gelegt. Dann können wir handeln.« Aber es blieb ihnen keine Zeit. Im Januar 1864 war ein Mann auf dem Weg nach Denver, der eine klare Vorstellung von der Zukunft des Westens besaß und dem es auch nicht an Entschlossenheit mangelte, diese Vorstellung in die Realität umzusetzen.
Er war groß, achtundvierzig Jahre alt, mit breiten Schultern und stechenden Augen. Er war glatt rasiert und hielt sich so gerade, daß er noch größer wirkte, als er wirklich war. Man sah ihm an, daß er reichliches Essen schätzte, und seine Stimme hatte einen durchdringenden Klang, so daß man ihn mit Leichtigkeit hörte, auch wenn hundert andere gleichzeitig redeten. Er war äußerst wortkarg, aber was er sagte, wurde mit jupitergleicher Endgültigkeit vorgetragen, als hätte er alle anderen Möglichkeiten lange geprüft und schließlich verworfen.
Dieser Mann war Frank Skimmerhorn. Er kam aus
Minnesota. In den Jahren 1861 und 1862 hatte er das Indianerproblem dort aus erster Hand kennengelernt, denn die Sioux, empört über irgendeine nebensächliche Nichteinhaltung der Abmachungen, waren plötzlich wild geworden und hatten seine Eltern, seine Frau und seine Tochter getötet. Die Farm, die zwanzigtausend Dollar wert gewesen war, verfiel, er war von einer Stadt in Minnesota zur anderen gezogen und hatte überall grauenhafte Geschichten von den Untaten der Sioux gehört: mehrere hundert Ranches niedergebrannt, zweihundert Menschen skalpiert, ein Teil der Vereinigten Staaten in Aufruhr und Verwirrung, und alles nur wegen ein paar aufsässiger Indianer.
Er verließ mit seinem Sohn Minnesota und wollte nie mehr dahin zurückkehren. Die Rechte an seinem Farmland hatte er für fünfzehnhundert Dollar verkauft, und mit diesem Geld war er an den Ort seiner Kindheit gezogen, nach Nauvoo, Illinois, wo er sich bemühte, eine Erklärung für das zu finden, was er während des indianischen Aufstands gesehen hatte. Eines Abends kam plötzlich die Erleuchtung.
Ein Farmer, der sein Leben in Nauvoo verbracht hatte, sagte: »Für die Mormonen habe ich nie viel übrig gehabt. Nicht gerade, daß ich richtig auf sie losgegangen wäre wie manche von meinen Nachbarn, ich habe auch ihre Scheunen nie angezündet. Aber als Volk gefallen sie mir nicht und ebensowenig ihre Idee, daß ein Mann dreiundfünfzig Frauen haben kann, und die Männer handeln auch danach, ja, und...« Er verlor den Faden und lehnte sich an seinen Wagen. »Was wollte ich sagen, Skimmerhorn?«
»Daß du dich mit den Mormonen nicht vertragen hast.«
»Ja. Wie ich eben sagte, ich war nicht ihr spezieller Freund, aber eine Idee haben sie gehabt, die war wirklich nicht unvernünftig.« Hier machte er wieder eine Pause, um den Zuhörer auf die Folter zu spannen, und Skimmerhorn fragte pflichtschuldig: »Und was war das für eine Idee?«
»Sie hatten sich gründlich mit den Indianern beschäftigt. Was sie über die Indianer sagten, klang recht ähnlich wie das, was du über sie sagst. Sie fragten sich immer wieder, wer die Indianer seien und warum sie sich auf diese unchristliche Weise aufführten. Und dann geschah da so eine Art Prophezeiung, Gott sandte ihnen eine Botschaft, in der es hieß, daß die Indianer eigentlich Lamaniten sind die Verlorenen Stämme von Israel. Yessir, das war im Jahr 722 vor Christus, als Sargon, der König der Assyrer, sie gefangennahm... zehn Stämme... sind nie wieder nach Israel zurückgekommen... sondern immer weiter durch die Welt gewandert.«
»Das ist sehr interessant«, sagte Skimmerhorn.
»Was heißt interessant, es ist wahr«, sagte der Farmer aufgeregt. »Nimm zum Beispiel das indianische Medizinhaus und was da alles an Undurchschaubarem passiert. Und was ist es wirklich? Das Tabernakel der Verlorenen Stämme. Und in der Bibel wird von Sack und Asche geredet. Na, und was machen die Indianer, wenn sie in Trauer sind? Sie schneiden sich die Haare ab und stechen sich in die Arme. Mir ist es völlig klar, daß die Indianer Juden sind.«
»Das würde erklären, warum sie derart bösartig sind«, sagte Skimmerhorn und packte seinen Gewährsmann am Arm. »Du sagst, sie sind Lamaniten? Was bedeutet das eigentlich genau?«
»Ich bin selber nicht Mormone, aber ich hatte schon mit Indianern zu tun, deshalb habe ich zugehört, und soviel ich verstand, hat Gott diese Verlorenen Stämme eben Lamaniten genannt, und weil sie Gott gesehen hatten, ihm
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