Colorado Saga
fragte Calendar und studierte die Waffe durch die Satteltasche hindurch.
»Ein Freund hat sie für mich gekauft. Kommen Sie mit mir, Calendar, und sie gehört Ihnen. Los, nehmen Sie sie heraus!«
Sobald Calendar die Büchse aus schwarzem Stahl einmal in der Hand hielt und den enormen Lauf betrachtete - achtzig Zentimeter lang, fast elf
Kilogramm schwer -, konnte er nicht mehr zurück. »Wenn man damit feuern will, braucht man einen Dreifuß«, sagte er zu Harker. »Ein Mann allein kann das nicht halten.«
»Haben wir«, antwortete Harker, »Patronen haben wir auch.« Er reichte Calendar drei wunderschöne
Messinggeschosse. Keine gefährlichen Papierpatronen mehr, keine Blitze aus dem lockeren Pulver mehr, keine Flammen, die einem ins Gesicht schlugen.
Mit mephistophelischer Schläue fügte Harker hinzu: »Am Abend, wenn die Jagd für den Tag vorbei ist,
sitzen Sie am Feuer und füllen Ihre eigenen
Messingpatronen... gießen die Bleikugeln... passen sie ein.«
Calendar studierte das improvisierte Gerät: ein Haken entfernte den Zündbolzen vom Kopf der Kugel ohne Durchschlagskraft, ein zweiter Kolben setzte den neuen Zündbolzen ein; durch eine schlaue Vorrichtung wurde die Patrone geradegerückt; ein anderer Mechanismus faltete den Rand der Kugel leicht ein, um das Ende zu beschleunigen; am anderen Ende fand sich eine Kugelgußform, in die heißes Blei gegossen wurde; an einer Seite hing ein Pulvermeßbecher. Mit einer solchen Büchse und diesem Gerät, dazu drei oder vier Dutzend Patronen zum Nachladen, mit einem Barren Blei zum Kugelgießen und einem Horn voll Schwarzpulver könnte man sich den Weg zur Hölle freischießen.
»Was kostet die Büchse?« fragte Calendar mit schwimmenden Augen.
»Nichts. Sie schießen den ganzen Sommer für mich... Meine Häuter sind die besten, die Sie jemals gesehen haben. Sie schaffen den Burschen Arbeit, und am Ende der Saison gehört die Büchse Ihnen.«
»Ich arbeite nur mit meiner eigenen Büchse«, sagte Calendar. »Wieviel?«
»Neunundvierzig Dollar, der doppelte Abzug vier Dollar dazu.«
»Ohne doppelten Abzug kannst du sie dir auf den Hut stecken«, sagte Calendar, sah die Büchse an, dann wieder Harker, der ihm äußerst widerlich war. »Hier sind dreiundfünfzig Dollar, Mister. Ich kaufe das Gewehr, und ich gehe noch heute nachmittag mit Ihnen.«
Also machten sie sich auf die Büffeljagd: Bill Harker, einer der zähesten Männer der Prärie; Amos Calendar, ein Veteran des Trails von R. J. Poteet; vier häßliche, dreckige Häuter; zwei Fuhrleute, die die Häute abtransportieren sollten, und ein Koch. In der Abenddämmerung verließen sie Jacksboro und schlugen außerhalb der Stadt ihr Lager auf. Am nächsten Tag ritten sie in nordwestlicher Richtung weiter, überquerten den Dreifaltigkeitsfluß, den Wichita, den Friedensfluß und den Roten Fluß und kamen bis ins Indianergebiet von Oklahoma, wo sie von Rechts wegen nicht das geringste zu suchen hatten.
Harker warnte sie: »Wir müssen vor den Comanchen auf der Hut sein.«
Sie stellten eine Nachtwache auf. Gott stehe dem Indianer bei, der diesem Lager in die Nähe kam, denn diese Männer waren Killer. Sie haßten Indianer, Sheriffs, Missionare, Lehrer, Büffel, Rehe, Antilopen und vieles andere, von dem sie noch gar nicht wußten, daß sie es haßten.
Harker hatte recht gehabt. Am dritten Tag in Oklahoma erreichten sie ihr Ziel. Harker besaß einen sechsten Sinn dafür, wo er den Büffel finden konnte, und er führte sein todbringendes Team genau dorthin, wo die Herde war. Von einer kleinen Erhebung blickten sie auf mindestens sechshundert Tiere hinunter.
»Wir gehen die Sache so an«, sagte er zu Calendar, »du bist wahrscheinlich der beste Schütze unter uns, du kommst von hier aus, gegen den Wind, an sie heran, ich komme von der anderen Seite. Du schießt zuerst, und zwar auf das Tier, von dem du glaubst, daß es die Herde führt, aber du darfst es nicht umbringen. Wenn ihr Leitbulle zu Boden stürzt, dann drängen sich die andern um ihn, und wir können sie gemütlich der Reihe nach abschießen.«
Harker erklärte ihm, das wichtigste sei, sich einen »Stand« zu sichern. Das erreichte man damit, daß man das Leittier zwar fällte, aber nicht tötete. Dann konnte der Jäger auf einem Fleck stehenbleiben und gemächlich bis zu siebzig Tiere auf einmal schießen, während die Büffel auf einem Haufen standen und nicht wußten, was sie jetzt tun
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