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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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in seinen Augen, und er fürchtete, daß ihm die Stimme brechen würde. Endlich schob er seinen Stuhl zurück und sagte etwas, das die alten Zendts niemals vergessen würden: »Sie wird mich brauchen. Ich muß sie finden.« Er hob sein gesamtes Geld von der Bank ab, kehrte am späten Nachmittag auf die Ranch zurück, sattelte sein Pferd und ritt die ganze Nacht durch bis nach Cheyenne, erwischte dort den Frühzug nach St. Louis und suchte Cyprian Pasquinel auf.
    »Geben Sie dieses Mädchen auf, junger Mann«, riet ihm der Abgeordnete.
    »Das sagen Sie nur, weil sie eine Indianerin ist«, gab Jim zurück, sich an den letzten Strohhalm klammernd. Pasquinel lachte ihn aus. »Das ist eine schäbige Verdächtigung, das wissen Sie selber am besten. Ihre Mutter ist ein Mitglied unserer Familie, Clemma auch. Aber sie hat einfach sämtliche Schwächen ihrer Onkel geerbt. Und sie wissen, was denen passiert ist.« »Das ist grausam«, sagte Jim, aber der Abgeordnete blieb bei seiner Meinung.
    »Vergessen Sie diese wilde Indianerin«, riet er ihm, aber er stieß auf taube Ohren. Über eine Woche blieb Jim in St. Louis und suchte sie, wanderte durch die Straßen, in der Hoffnung, eine Spur von ihr zu finden, fragte am Kai, in den Hotels, in den Nebenstraßen. Aber er fand sie nicht.
    Der Winter des Jahres 1875 ging vorüber, in Zendt's Farm hatte niemand die geringste Ahnung davon, wo Clemma sich aufhielt, ob ihr Baby glücklich zur Welt gekommen war, ob es ein Bub war oder ein Mädchen. Die Zendts schrieben Briefe an Freunde in Chicago und New York, und Cyprian Pasquinel zog Erkundigungen im Kriegsministerium in Washington ein. Alles, was er dabei erfuhr, war, daß Leutnant Ferguson wegen Unterschlagung von öffentlichen Geldern den Militärdienst hatte quittieren müssen. Das war in New Orleans gewesen, und seither war er von der Bildfläche verschwunden.
    Im Frühling kam dann ein Offizier der Armee nach Denver, um die westlichen Forts zu inspizieren. Eines Nachmittags trat er ins Geschäft und sagte zu Lucinda: »Ich habe in St. Louis Ihre Tochter öfter gesehen. Sie kann von Glück reden, daß sie diesen Ferguson los ist.«
    »Was macht er jetzt?« fragte Lucinda ruhig.
    »Lebt mit einer Französin in Boston, glaube ich.«
    »Und Clemma?«
    »Haben... Haben Sie nichts von ihr gehört?«
    »Nein.«
    »Sie wissen gar nicht, daß das Baby gestorben ist?« »Nein.« Der ganze Stoizismus der Indianer war in diesem einen kurzen Wort enthalten. Ihre Tochter war verschwunden, und sie war dankbar für jede Nachricht, die man ihr brachte.
    »Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt ist«, sagte der Offizier, und Lucinda nickte.
    Als Jim die Neuigkeit überbracht wurde, war er verzweifelt und erklärte, er wolle wieder nach ihr suchen, aber Levi hielt ihn davon ab: »Du hast getan, was du konntest. Jetzt mußt du sie dir ein für allemal aus dem Kopf schlagen.«
    »Können Sie sich Clemma aus dem Kopf schlagen?« »Nein. Aber ich bin ihr Vater.«
    »Ich werde ihr Mann sein«, antwortete Jim, und statt sie zu vergessen, war er nur um so fester davon überzeugt, daß er die Aufgabe hatte, sie zu finden, für sie zu sorgen. Wenn er ins Dorf kam, fragte er jedesmal bei den Zendts nach, ob sie von ihr gehört hätten, und wartete geduldig darauf, daß sie ihm eines Tages schreiben und ihn bitten würde, er möge kommen und sie retten.
    Jim machte kein Hehl daraus, daß er sowohl auf den Umgang mit Mädchen wie auf gesellschaftlichen Umgang überhaupt gern verzichtete. Seine ganze Energie widmete er der Ranch, und dabei entwickelte er eine derartige Tüchtigkeit, daß verschiedene englische Unternehmen, die weiter oben im Norden große Herden hatten, ihm verlockende Angebote machten, aber er zog es vor, bei Seccombe und Skimmerhorn zu bleiben, zwei Männern, zu denen er Vertrauen hatte.
    Er beschäftigte sich noch eingehender mit der Natur als bisher, studierte die Lebensgewohnheiten der Vögel und Kleintiere, aber am meisten befriedigte ihn die Überwachung und Führung der Hereford-Rinder der Ranch. Bald hieß er in der ganzen Branche nur mehr »Jim Lloyd, der Hereford-Mann«; er ließ es sich nicht anmerken, aber er war stolz darauf.
    Das Jahr 1876 war ein Jahr wichtiger Ereignisse für Zendt's Farm. Es fing damit an, daß der Kongreß endlich Colorado als achtunddreißigsten Staat in die Union aufnahm; der Beitritt sollte am 1. August vollzogen werden, knapp nach dem hundertsten
    Geburtstag der Nation.
    Außerdem gab es Wahlen! Die beiden

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