Colorado Saga
Handlung, die den Schuldigen aus der Gesellschaft der Gentlemen ausschließt.
Neben diesen Hauptsünden bestimmten die Statuten, hier vielleicht ein bißchen zu anspruchsvoll, daß keinerlei Wetten in den Räumen des Klubs abgeschlossen noch unziemlicher Lärm auf seinem Grundstück gemacht werden dürften. Doch im Hinblick auf das lebhafte, manchmal überschäumende Temperament der jüngeren Herren und auf den ungestümen geschäftlichen Aufschwung hatte der Klubvorstand in solchen Fällen meist ein blindes Auge und ein taubes Ohr. Bei einem eklatanten Bruch der Etikette, besonders bei schlechtem Benehmen dem schönen Geschlecht gegenüber, zögerte der Vorstand nicht, den Faden zu durchschneiden, an dem über jedem Mitglied ein Damoklesschwert baumelte.
Der Mitgliedsbeitrag war hoch, doch wurden dafür auch viele Annehmlichkeiten geboten: ein
Billardzimmer, Kartenspiele, drei Tennisplätze, ein Polofeld, eine Bibliothek mit den neuesten Büchern aus Paris und London, und ein prächtig ausgestatteter Speisesaal, betreut von Köchen und Kellnern mit erstklassiger internationaler Erfahrung. Das
Speisenangebot war außerordentlich reichhaltig und umfaßte die erlesensten Fleischsorten, Wildbret aus der Umgebung, frische Austern vom Atlantik und die besten Fische des Pazifik, die feinsten Käsesorten und köstliche Früchte. Auf dem Büffet türmten sich von einem Wiener Zuckerbäcker zubereitete Torten und Süßspeisen, die einem den Mund wäßrig machten; und der Weinkeller sollte noch den Neid vieler Londoner Klubs erregen.
Besondere Bedeutung verlieh dem Klub der Umstand, daß von hier aus praktisch das Land regiert wurde. Hier fielen die Entscheidungen über Grundbesitz, Wasserrechte, Rinderkennzeichnung und
Bankstatuten. Wyoming war ein demokratischer Staat, so stand es in seiner Verfassung, und seine Abgeordnetenkammer hielt sich auch an die demokratischen Spielregeln. Aber die einflußreichsten Mitglieder der Kammer waren alle auch Mitglieder des Cheyenne-Clubs, und was sie im geschlossenen Kreis sprachen und beschlossen, war wesentlich wichtiger als ihre tönenden Worte in öffentlichen Sitzungen. Wyoming war ein wunderbares Land, dünn besiedelt und für die Rinderzucht hervorragend geeignet. Die Cheyenne-Herren wollten dafür sorgen, daß es so bliebe.
Wenn es um ihre Interessen ging, konnten sie hart und rücksichtslos sein. Wie zum Beispiel beim Gesetz über den Viehtrieb. Mehr als neunzig Prozent des Staates waren offenes Land; die Rinder einer Ranch konnten hundert Meilen dahinziehen, ohne jemandem aufzufallen. Es war jedoch unerläßlich, die einzelnen Herden von Zeit zu Zeit zusammenzutreiben, um jedem Rancher die Möglichkeit zu geben, seine Tiere herauszusuchen und insbesondere die neugeborenen Kälber mit seinem Brandzeichen zu versehen. Ohne diese Sicherheitsmaßnahme hätte es nur zu leicht geschehen können, daß ein kleiner Rancher mit ein paar Kühen und einem dehnbaren Eigentumsbegriff die Rinder einer Großranch fünfzig oder hundert Meilen weit abtrieb, dort sein Eisen auf dreißig oder vierzig noch nicht gemerkte Kälber brannte und ein paar Jahre später eine beachtliche Herde sein eigen nannte, gezüchtet von weiß Gott wem.
Um jedoch derartige Räubereien ein für allemal abzustellen, drückten die Herren des Klubs in der Kammer von Wyoming ein Gesetz durch, das bestimmt nicht seinesgleichen auf der Welt hatte: Von nun an sollten ausschließlich die großen Rancher das Recht haben, die Herden zusammenzutreiben; alle Kälber, die nicht einem von ihnen gehörten, sollten auf einem bestimmten Grundstück zusammengetrieben und verkauft werden, vom Erlös sollten die Löhne jener Aufseher bezahlt werden, die dem Gesetz entsprechenden Nachdruck zu verleihen hatten.
Damit wurden die Kleinen, die nur ein paar Stück Vieh auf Staatsgründen weiden ließen, aus dem Geschäft gedrängt. Gewiß, jeder hatte das Recht, dabei zu sein, wenn die Herden versammelt wurden; dennoch wurden nicht eindeutig gekennzeichnete Kälber ausgesondert und verkauft. Auf diese Weise zahlten die kleinen Rancher die Gehälter jener Aufseher, deren Aufgabe es war, sie aus dem Geschäft zu drängen; und die großen konnten die weniger wohlhabenden ins Gefängnis werfen lassen, wenn es diesen einfiel zu protestieren.
Die Herren vom Cheyenne-Club trieben nicht gerade Mißbrauch mit ihren Vorrechten. Ein paar schwierige Burschen, wie Dan Cravath und Simon Jugger im Norden von Chugwater, wurden
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