Colorado Saga
eine lange Rede für
Calendars Verhältnisse gewesen, aber jeder Satz war bedeutungsvoll. Eine zufällige Begegnung mit jemandem, eine kurze Bemerkung: »Sah drei
Burschen am Weg«, und die zwei Killer würden sich auf die Lauer legen und die drei Fremden, sobald sie die Stadt erreichten, aufs Geratewohl abknallen.
Die drei Rächer saßen daher ab und führten ihre Pferde auf den Hügelkamm über dem Tal, von wo sie das frühere Goldgräberlager gut überblicken konnten. Sie banden ihre Pferde fest und machten sich an den Abstieg, so leise und vorsichtig, daß nicht einmal das Knacken eines Zweiges zu hören war.
Es war gegen fünf Uhr nachmittags, als sie auf der Höhe des Camps waren; dort erwarteten sie die Dunkelheit. Was für ein häßlicher Platz, dachte Jim beim Anblick des schmutzigen Wassers, das zu seinen Füßen dahinfloß, der morschen Verschalung der alten Zechen, des traurigen Saloons und der paar schäbigen Häuser. Einmal hatte er Levi Zendt zugehört, als er das Tal beschrieb - wie es gewesen war, als Alexander McKeag und Tönerne Schale hierhergekommen waren. Jetzt war man veranlaßt zu glauben, es müsse sich wohl um ein anderes Tal gehandelt haben.
Als die Dunkelheit über das Tal fiel, schlich Calendar in die Hauptstraße hinunter bis zum Saloon. Als er zurückkam, leuchteten seine Augen vor Erregung. »Sie sind da!«
Sodann entwickelte er seinen Schlachtplan: »Ich übernehme Frank. Das ist der mit dem Bart. Jim, du nimmst dich um Orvid an. Er ist ein Killer, Jim! Entweder du erledigst ihn mit dem ersten Schuß -oder es geht uns schlecht. Potato, du schießt auch auf Orvid.«
Er demonstrierte seinen Gefährten, in welcher Haltung die beiden Killer an der Theke standen.
Jim unterbrach ihn: »Ich schieße niemanden in den Rücken.«
»Es wird nicht in den Rücken sein, nicht, wenn ich dabei bin.«
»Calendar, ich will niemanden in den Rücken schießen!«
Zum erstenmal in den vielen Jahren, die Jim ihn kannte, berührte Calendar einen anderen Menschen. Er legte seine Hand auf Jims Schulter und sagte: »Ich verspreche es, es wird nicht in den Rücken sein.«
Im Finstern schlichen die drei Männer an den Saloon heran. Dann standen sie vor der Türe. Calendar blickte schweigend seine Gefährten an, machte einen tiefen Atemzug. Dann tat er etwas höchst Ungewöhnliches: Mit einem kräftigen Fußtritt warf er die Tür auf und stieß einen wilden, durchdringenden Schrei aus, es klang wie der Schrei eines Wolfes, es war ein unheimlicher, höllischer Aufschrei von solcher Gewalt, daß sich sämtliche Bargäste, die Pettis-Brüder eingeschlossen, der Tür zuwandten und ihre Colts zogen.
Doch im selben Augenblick feuerte Calendar seinen Büffeltöter auf Frank Pettis ab. Das schwere Geschoß durchschlug die Brust des Killers. Jim Lloyd schoß fünfmal auf Orvid - der zweite Pettis taumelte und fiel vornüber, und im Fallen traf ihn eine volle Schrotladung, von Potato abgefeuert, mitten ins Gesicht.
In weniger als zehn Sekunden nach Calendars Schrei hatten die drei Männer den Saloon wieder verlassen und waren in der Dunkelheit verschwunden. Niemand versuchte, ihnen zu folgen, alle waren eingeschüchtert von ihrer Feuerkraft und Treffsicherheit. Und auch die Zeugenaussagen der Bargäste waren für ihre Identifizierung völlig unbrauchbar. Alles war so rasch geschehen, daß man sich nicht einmal über die Anzahl der Täter einigen konnte. »Es waren vier - und einer war schwarz! Ich habe sie gesehen!« - »Nein, es waren zwei. Einer mit der Schrotflinte, und ein kleiner Bursche mit zwei Revolvern.« Keiner hatte drei Männer gesehen.
Als die Rächer verschwunden waren, fielen zwei Bemerkungen, die in die Legendenbildung um die Geisterstadt eingehen sollten. Ein Mann, noch aschfahl im Gesicht, starrte auf den Leichnam von Orvid Pettis und fragte mit heiserer Stimme: »Weiß jetzt einer, wer wer ist? Der hat ja keinen Kopf mehr!«
Und der Barkeeper sah schreckensbleich auf das grausige Loch, das der Büffeltöter durch Franks Brust geschlagen hatte, und sagte: »Ich könnte ein Glas Bier hindurchschütten, ohne die Ränder naß zu machen!«
Der Frühling von 1886 war ungewöhnlich trocken, und noch viele Jahre danach sagten die Bewohner dieses Gebietes: »Der Frühling 86 war schrecklich trocken, aber der Sommer, der darauf folgte, war noch viel trockener.«
Es war aber auch ein schöner Sommer mit vielen prachtvollen Tagen und kühlen Nächten, wie geschaffen für vergnügliche
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