Colorado Saga
auszutauschen.
In gelockerter Stimmung fuhren sie zum Schloß, wo Charlotte sie schon mit einer großen Servierplatte voller Steaks erwartete. Mrs. Skimmerhorn plauderte mit Charlotte, während sich die Männer über ihre Angelegenheiten unterhielten. Gegen neun Uhr abends rief R. J. Poteet die Damen ins Zimmer. »Es ist mir eine große Freude, Ihnen mitteilen zu können«, sagte er, »daß John Skimmerhorn mit sofortiger Wirkung zum Verwalter der großen neuen Ranch bestellt ist, die von unseren englischen Freunden eingerichtet wird. Mrs. Skimmerhorn, was glauben Sie wohl, wie lange Sie zum Packen brauchen?«
In vier Tagen würde sie es wohl schaffen, meinte Mrs. Skimmerhorn, nachdem Charlotte und einige andere Frauen ihre Hilfe zugesagt hatten. »Na, dann nichts wie los«, sagte Poteet, und die Gläser klangen. Amos Calendar, der sich, was ihm in seinem Leben nicht oft gegönnt war, entspannt der unbeschwerten
Atmosphäre alter Kameradschaft hingab, hätte sich beinahe betrunken. »Ja, ja«, schalt er Poteet, »du hast ja den kleinen Jim Lloyd wie ein Baby umsorgt. Und den Schutzengel gespielt, als es gegen die Pettis ging.«
Er zwinkerte Jim zu. »Na, und weißt du, wie es mit deinem Kleinen weitergegangen ist? Ist der doch in die Berge hinaufgeklettert, hat die Tür dieser alten Kneipe eingetreten und den Pettis ein paar Bleikugeln verpaßt... peng... peng... peng... «
»Warst du es also, der sie erschossen hat?« fragte Poteet, aber Jim blieb ihm die Antwort schuldig.
Am nächsten Tag auf dem Bahnhof ließ Poteet, ohne es zu wollen, die Katze aus dem Sack. »Da habe ich aber wirklich Schwein gehabt«, sagte er zu Jim, als er den Fuß schon auf dem Trittbrett hatte. »Himmel und Hölle habe ich in Bewegung gesetzt, um einen Verwalter zu finden, und da kommt plötzlich ein Brief von diesem Anwalt in Bristol, in England. Noch nie was von ihm gehört. Er schreibt, seine Freunde in London hätten ihm da etwas erzählt und ob ich einen guten Verwalter brauchen könnte? Da habe ich doch richtig Schwein gehabt.«
Jim verriet Charlotte nie, daß er wußte, wie Skimmerhorn zu seinem neuen Arbeitsplatz gekommen war. Eigentlich wollte er es tun, aber an dem Tag, als alle sich am Bahnhof versammelten, um dem Paar für seine lange Fahrt nach Texas ein letztes Mal Glück zu wünschen, nahm Skimmerhorn ihn zur Seite. »Das war wirklich nicht nötig, Jim«, sagte er. »Aber weil wir so lange zusammen waren, sollst du wissen, daß ich deine Geste zu würdigen weiß.« »Welche Geste?« fragte Jim, denn er wußte wirklich nicht, womit er sich diese Danksagung verdient haben könnte.
»Die zweitausend Dollar, die Charlotte mir gegeben hat... um mich in die neue Ranch einzukaufen.«
»Du hast es dir verdient«, antwortete Jim, und als er an diesem Abend mit Charlotte nach Norden fuhr, kam ihm zum Bewußtsein, wie sehr er diese energische, dickköpfige Engländerin liebte. Er wollte ihr schon einen Kuß geben, als sie sich zu ihm hinüberbeugte und ihn küßte.
»Du wirst der beste Verwalter sein, den unsere Ranch je hatte«, sagte sie.
Und das war er auch. Er verband Oliver Seccombes Begeisterung mit der achtsamen, soliden Verwaltungsarbeit John Skimmerhorns. Unter seiner Leitung wurden die Crown-Vee-Herefords im ganzen Westen mit Preisen ausgezeichnet, worauf Charlotte und Jim sehr stolz waren. Zwar warf die Ranch zur Zeit keinen Gewinn ab, aber das würde schon noch kommen, meinte Jim, wenn ihr Ruf einmal besser verankert war und sie mehr für ihre Stiere und Färsen verlangen konnten. Aber sie verloren auch kein Geld.
Dann, Anfang 1911, kam der letzte Brief vom alten Finlay Perkin. Er war jetzt einundneunzig, aber immer noch rüstig, immer noch an allem interessiert, was die Ranch betraf:
»Mein einundneunzigster Geburtstag bringt mir in Erinnerung, daß auch Sie, lieber Lloyd, älter werden und sich daher mit dem Problem Ihrer Nachfolge beschäftigen müssen. Bedenken Sie, daß John Skimmerhorn eine lange Lehrzeit hinter sich hatte, als er die Zügel ergriff, und daß er dann auch Sie gewissenhaft unterwies. Der Aufsichtsrat wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihm ausführlich und postwendend darüber schrieben. Es gibt da mehrere junge Leute, Verwandte von Mitgliedern des Aufsichtsrates, die gerne einmal versuchen würden, eine große Ranch zu leiten, ich aber bin der Ansicht, daß die besten Resultate zu erzielen sind, wenn ein in der Tradition aufgewachsener und erzogener Amerikaner die Aufsicht übernimmt. Sie haben
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