Colorado Saga
leichter die Arbeit sein würde, wenn einmal seine Kinder da waren, um, hinter ihm nachrutschend, das Ausdünnen zu besorgen.
Diese Mexikaner sind wirklich prima, entschied Brumbauch und stellte fest, daß nicht nur Takemoto vier von ihnen angestellt hatte, sondern auch der eine italienische Bauer, der im Norden geblieben war. Die größte Beruhigung für Brumbauch aber war seine Entdeckung, daß die Mexikaner offenbar nicht daran dachten, ihr Geld zu sparen, um selbst Land zu erwerben. Statt an Sonntagen durch die Gegend zu streifen, um nach brachliegenden Feldern Ausschau zu halten, saßen sie im Schatten ihrer Hütten und ruhten sich aus. Sie waren zufrieden, und Potato Brumbauch fing an zu glauben, daß er vielleicht endlich doch seine idealen Arbeitskräfte gefunden hatte.
Und als dann die Mexikaner mit der Bitte zu ihm kamen, ihnen bei der Ausfertigung der Giros Postales für ihre Familien behilflich zu sein, faßte er echte Zuneigung zu ihnen. »Hol's der Teufel«, vertraute er schließlich einer kleinen Gruppe von Bauern an, »wir haben eine wahre Goldgrube an diesen Mexikanern gefunden. Dieser Tranquilino zum Beispiel. Von jedem Dollar, den ich ihm zahle, schickt er dreiundneunzig Cent an seine Familie. Ich weiß wirklich nicht, wovon er lebt. Ich kann mich nicht erinnern, daß ein Russe oder ein Deutscher seine Familie je so unterstützt hätte.«
Im Laufe des Sommers kam Brumbauch darauf, daß Tranquilino Marquez noch andere solide Qualitäten besaß. Er verstand sich auf das Viehhüten, konnte schwerere Lasten heben als die anderen Männer und lachte bloß, wenn er einen kleinen Unfall hatte. Er war ein zäher, drahtiger Kerl, und hin und wieder murmelte Brumbauch vor sich hin: »Er ist genauso gut wie ich... nur ungebildet.« Er machte darum den Vorschlag, Miß Keller sollte Tranquilino Lesen und Schreiben beibringen, der Mexikaner aber weigerte sich, die schwere Last der geistigen Bildung auf sich zu nehmen. »Sie besorgen die Giros für mich«, sagte er. »Das ist genug.«
Brumbauch bot ihm auch ein kleines Stück bewässertes Land an, um dort Gemüse zu pflanzen, aber auch hier ließ Tranquilino seine Abneigung erkennen, sich unnötige Verantwortung aufhalsen zu lassen. »Ich passe auf Ihr Land auf«, sagte er. »Hab' keine Zeit, auch auf mein Land aufzupassen.« Und er wahrte Brumbauchs Interessen fürsorglich; es gab nichts auf dem Hof, was er vernachlässigt hätte. Der prächtige Tourenwagen wurde geputzt und gewichst, bis er glänzte, und so viel Spaß hatte Tranquilino daran, auf einem ausgeliehenen Pferd den Cowboy zu spielen, daß er keine Gelegenheit vorbeigehen ließ, das Vieh von einer Weide auf die andere zu treiben.
Im Oktober, als die Rüben geerntet und in die Fabrik geschickt worden waren, machte Brumbauch Tranquilino ein außergewöhnliches Angebot: »Bleib über den Winter bei mir. Ich werde den Zimmermann rufen, der soll deine Hütte winterfest machen.«
»O nein!« entgegnete Tranquilino. »Ich will mit den anderen in Dember sein.«
»Wovon wirst du leben?«
»Sie meinen wegen Geld? Sie haben Serafina die Giros geschickt. Sie hat Geld.«
»Aber du?«
»Ich?« Tranquilino hob die Hände zum Himmel. »Ich finde schon ein bißchen Geld.« Und schon war er mit den anderen nach Denver unterwegs, aber nicht ohne Brumbauch vorher versichert zu haben: »Wir kommen zurück, um Ihre Rüben zu pflanzen.« Und dann, zögernd: »Kommen Sie uns mit dem Automobil holen?«
Die Stadt Denver hatte bewiesen, daß sie mit fast allem fertig wurde, von den Goldrauschmördern bis zu Oberst Frank Skimmerhorns Freiwilligen. Aber sie zeigte sich nur wenig interessiert, den Mexikanern, die in den Wintermonaten die Stadt überschwemmten, Konzessionen zu machen. Es waren stille, aber störrische Leute, die weder in einer Bank arbeiten noch Lehrer werden wollten. Sie sprachen Spanisch und wollten es auch weiterhin sprechen. Sie aßen seltsame Speisen wie Tortillas und Enchiladas und hatten für Steaks nicht viel übrig. Ihre Kneipen waren staubig und lärmend, und anders wollten sie sie gar nicht haben. Von der Decke hing eine nackte Glühbirne, und auf einem Lampenschirm legten sie keinen Wert. Vor allem aber zogen sie es vor, ihre Streitigkeiten untereinander auszumachen.
Keinem Mexikaner gefiel es in Denver besser als Tranquilino Marquez. Die Rückkehr in die Königin der Prärie nach den langen Monaten auf den Zuckerrübenfeldern, das war eine Reise in ein irdisches Paradies. Mit dem wenigen
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