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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Arbeit anzutreiben und sie dann zu zwingen, im Winter in der Finsternis zu sitzen? Haben wir nicht das Recht, in einer Cantina zu sitzen, wo wir Musik spielen können?«
    »Jeder hat Recht auf Musik.«
    »Ist es fair, daß wir nichts haben, nichts?«
    »Klingt überhaupt nicht fair. Drücken Sie sich genauer aus.«
    Das tat er, und je mehr er erzählte, desto wütender wurde Charlotte. Zusammen mit Vater Vigil besuchte sie den katholischen Priester in Greeley, die Zeitungsverleger, den für die Verteilung von Schankkonzessionen zuständigen Beamten in Denver, den Sheriff, und ihnen allen stellte sie eine einfache Frage: »Schämen Sie sich nicht vor sich selbst?«
    Die Rübenbauern waren bestürzt, als sie von Charlotte Lloyds Einmischung erfuhren. »Da steckt Vater Vigil dahinter«, sagten sie. »Er predigt die Revolution« Sie gingen zum Gegenangriff über. »Charlotte Lloyd ist eine dumme Kuh Hat nichts wie Stroh im Kopf. Aber dieser Vater Vigil. Der muß weg.« Man ließ Petitionen zirkulieren, in denen die Behörden aufgefordert wurden, den Priester nach Mexiko zu deportieren, und als die Listen dem Richter vorgelegt wurden, ließ er Vater Vigil kommen. Charlotte Lloyd begleitete den Priester, was, der Sache der Justiz zum Schaden, zu einer etwas hektischen Auseinandersetzung führte.
    Richter: »Wissen Sie, Vater Vigil, Sie sind nur ein Gast in unserem Land, und Sheriff Bogardus hat das Recht, Sie nach Mexiko zurückzuschicken, wenn Sie sich nicht ordentlich aufführen.«
    Charlotte: »Dazu hat er überhaupt kein Recht.«
    Richter: »Wollen Sie dem Gericht widersprechen?« Charlotte: »Vater Vigil ist ein Bürger von New Mexico. Er ist Amerikaner.«
    Richter: »Amerikaner?«
    Charlotte: »Seine Vorfahren leben seit vierhundert Jahren in diesem Land. Ich habe mir den Spaß gemacht, mich für die Familie von Sheriff Bogardus zu interessieren. Die Bogardus sind 1901 nach Amerika gekommen. Wenn hier jemand hinausgeworfen werden kann, dann vielleicht Sheriff Bogardus?« Richter: »Darf ich fragen, Mrs. Lloyd, sind Sie amerikanische Bürgerin?«
    Charlotte: »Ich soll meinen britischen Paß aufgeben? Sind Sie wahnsinnig?«
    Der Richter lehnte sich zurück. Es war unbegreiflich, daß die Familie dieses Vaters Vigil, dieses so gar nicht liebenswerten Mannes, der den Leuten Kaktusdornen in den Rücken stieß, schon länger in Amerika beheimatet sein sollte als sonst jemand, der sich an diesem Morgen im Gerichtssaal befand. Die Emigs, die Osterhauts, die Millers - sie hatten zu einer Zeit Sklavenarbeit an der Wolga verrichtet, da die Vigils bereits seit Jahrhunderten in New Mexico und im südlichen Colorado ansässig gewesen waren. Ein äußerst verwirrender Tatbestand.
    Der Richter lehnte Charlottes Anträge samt und sonders ab, und Triunfador wurde aufgetragen, seine Cantina auch weiterhin geschlossen zu halten. Charlotte schien das Urteil in guter Haltung aufzunehmen und Verständnis dafür zu zeigen. Froh, diese schwierige Engländerin abgewimmelt zu haben, schickten Richter und Sheriff sich an, die Sitzung aufzuheben, als Charlotte ganz unschuldig, aber mit lauter Stimme fragte: »Übrigens, Harry, wem gehören eigentlich diese Hütten?«
    Eilig wurde eine Pause eingelegt, die der Richter dazu benutzte, eine geflüsterte Erklärung dazu abzugeben: »Das wissen Sie doch ganz genau, Charlotte, daß
    Mervin Wendell sie dort hingebaut hat. Jetzt gehören sie seinem Sohn, aber es wäre sehr peinlich, wenn das in die Zeitung käme. Philip tut sehr viel Gutes für die Gemeinde. Jetzt hat er uns sogar eine neue Bibliothek versprochen.«
    »Dann erwarte ich von ihm, daß er mir heute nachmittag für den Betrag von einhundert Dollar die Baracke verkauft, in der Triunfador seine Cantina hat. Es ist meine Absicht, sie Triunfador um einen Dollar im Jahr zu vermieten. Ich zweifle nicht daran, daß es Ihnen und dem Sheriff gelingen wird, Wendell zu diesem Verkauf zu überreden. Andernfalls sähe ich mich gezwungen, mit meiner Geschichte zur >Denver Post< zu gehen.«
    »Das ist Erpressung!« protestierte der Richter. Charlotte lächelte. Auf diesem Umweg erhielt Triunfador Marquez die Genehmigung, seine Cantina zu betreiben, die, wie die weißen Farmer vorausgesagt hatten, zu einem Zentrum mexikanischer Agitation wurde. Das Herzstück der Kneipe war das Grammophon mit seinen aus Mexiko importierten Schallplatten. Hätten die Rübenbauern die Lieder hören können, die aus diesem knarrenden, quietschenden Apparat kamen, sie wären

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