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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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ernannt haben, wollen Sie schon, daß ich einen Rückzieher mache. Der Calendar-Prozeß, Morgan, berührt die Wurzel des Problems, über das wir jetzt gesprochen haben. Natürlich kann ich mich der Aussage nicht entschlagen. Natürlich werde ich Sie in eine peinliche Situation bringen.«
    »Vielleicht könnte ich die Bekanntgabe Ihrer
    Bestellung ein paar Tage hinausschieben. Das wäre doch vernünftig.«
    »Alles ist vernünftig«, entgegnete Garrett. »Für alles auf Gottes weiter Erde lassen sich Vernunftgründe finden. Aber wenn Sie die Bekanntgabe hinausschieben, nehme ich Ihr Angebot nicht an. Verstehen Sie denn nicht, Morgan? Ich werde immer ein Pfahl in Ihrem Fleisch sein, weil der Schutz dieses Staates unweigerlich gewisse Leute verärgern wird, die Sie günstig stimmen wollen, günstig stimmen müssen. Wir werden uns balgen wie Hund und Katze, bevor wir einen Zollbreit Weges vorankommen. Das wissen wir. Die Frage ist nur: Können wir mit dieser Belastung leben?«
    Wendell dachte über diese freimütige Erklärung nach und antwortete dann: »Ihre Aufgabe wird es sein, die natürlichen Reichtümer unseres Staates zu schützen, und ich weiß, daß Sie dieser Aufgabe gerecht sein werden. Meine Aufgabe ist es, die Interessen der Industrie zu wahren, um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern. Sie verteidigen das Wasser. Ich werde jeden Tropfen, den ich bekommen kann, für neue Städte und Fabriken haben wollen. Es wird nicht leicht sein, und Sie machen es noch schlimmer, indem Sie sich in die Calendar-Geschichte einmischen... und die Jäger im ganzen Staat auf die Barrikaden treiben.«
    »Sie würden mich nicht haben wollen, Morgan, wenn ich in solchen Fragen nicht eine feste Stellung bezöge.«
    Morgan Wendell sah sich mit der ersten schweren Entscheidung seines künftigen Amtes konfrontiert. Er holte tief Atem und sagte dann etwas, was Garrett völlig unvorbereitet traf: »Wissen Sie, wer für mich der bemerkenswerteste Amerikaner aller Zeiten war? Warren Gamaliel Harding. Er trat sein Amt in einer Periode nationalen Wohlstands an, zu einer Zeit, da wir uns Fehler leisten konnten. Es war der lebende
    Beweis dafür, wie schlecht ein gewählter Amtsträger sein kann. Er ist eine Warnung für alle Politiker. An dem Tag, da wir unser Amt antreten, müssen wir alle an Präsident Harding denken und uns sagen: >Ich darf nicht so schlecht sein.< Ich halte Harding für einen der nützlichsten Amerikaner, die je gelebt haben. Ich werde nicht der Harding von Colorado sein.«
    »Ich esse in der Stadt zu Mittag«, sagte Garrett. »Bei Marquez. Seien Sie mein Gast.«
    So kam es also zum ersten öffentlichen Auftreten des Zaren - im »Flor de Mejico«, und in Gesellschaft eines Mannes, von dem man wußte, daß er seiner Kandidatur kühl gegenüberstand. Es wirkte sich in diesem Bezirk nicht zu Wendells Nachteil aus, und als gerissener Politiker bemerkte er an diesem Tag etwas, was ihm von noch größerem Nutzen sein sollte. Er besaß die ungewöhnliche Gabe, alles, was in seiner unmittelbaren Umgebung vorging, genau zu registrieren, und als er mit Garrett das Restaurant betrat, fiel ihm auf, daß Paul zögerte, sich nach allen Seiten umsah und erst dann, seine Enttäuschung nicht verbergend, auf einen Tisch zuging. Während des Essens beobachtete Wendell Garrett verstohlen und sah, wie sich das Gesicht seines zukünftigen Stellvertreters plötzlich erhellte. Wendell blickte zur Küche hinüber und sah Manolo Marquez' Tochter mit einem Stoß Teller hereinkommen. Die Leute in der Stadt wußten, daß sie in Los Angeles geheiratet hatte, aber schon zwei Wochen nach der Hochzeit mit einer Narbe auf der Wange und einer Scheidung aus Verschulden des Mannes zurückgekehrt war. Du kriegst die Motten! dachte er. Blaublüter Garrett und ein mexikanisches Mädchen! Das könnte mich bei denen unten im Südwesten sehr beliebt machen.
    Am Nachmittag begab sich Paul Garrett in die Abgeschiedenheit einer Wahlzelle und betrachtete noch einmal die zwei Namen, die ihm eine Entscheidung abverlangten - Charles Hendrickson, dem es an jeder Befähigung mangelte, wie Demokraten sie zuweilen besaßen, und Morgan Wendell, ein Mann ohne jene grundlegenden Charakterzüge, wie man sie von Republikanern erwartete. Er verspürte eine plötzliche Übelkeit. Der Teufel soll mich holen, wenn ich einem von ihnen meine Stimme gebe, sagte er sich. Er betätigte den Hebel für einen der jungen Takemotos, der für den Schulrat kandidierte, den anderen für

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