Colorado Saga
kommen!«
Aus irgendeinem Grund schickten die Pawnee an diesem Tag ihre Kundschafter erst spät auf den Weg. Ein Krieger, der dicht neben dem Lahmen Biber lag, sagte so besorgt, als wäre er selbst ein Pawnee: »Wenn sie nicht bald aufbrechen, haben sie keine gute Jagd.«
Lässig, als hätten sie unendlich viel Zeit, signalisierten die Pawnee-Kundschafter auf dem Hügel im Norden dem Lager, daß sie Bisons gesichtet hätten, und nun begann eine fieberhafte Tätigkeit. Am westlichen Lagerausgang versammelten sich die Jäger und machten sich bereit, den Kreis der Tipis zu verlassen. Als sie sich ein Stück weit vom Lager entfernt hatten, schwenkte Kaltes Ohr die Arme, um die Pferde zu erschrecken. Die Pawnee sahen, daß er sich an einen Pfahl angebunden hatte, und wußten, daß er der Vorposten einer größeren Angriffsmacht war.
Ein Pawnee-Häuptling gab seinem Pferd wütend die Sporen, senkte die Lanze und jagte direkt auf den Feind zu. Kaltes Ohr wich seinem Speer jedoch unglaublich wendig aus, packte den Schaft mit der rechten Hand, warf den Pawnee mit einer plötzlichen Drehung aus dem Sattel und versetzte ihm, als er fiel, mit der Linken einen kräftigen Schlag. Es war eine wahrhaft brillante Berührung, eine der mutigsten in den Annalen der Arapaho.
»Holt euch das Pferd!« schrie Kaltes Ohr. Eine aufmerksame Gruppe Pawnee-Krieger, die erkannte, daß das reiterlose Pferd möglicherweise von den Feinden eingefangen werden würde, stürmte ihm jedoch nach, fing den Ausreißer, ohne Kaltes Ohr zu beachten, rasch wieder ein und brachte ihn eilig in Sicherheit.
Der Kampf hatte begonnen. Kaltes Ohr blieb an seinen Pfahl gefesselt, dirigierte aber seine Stammesgenossen umsichtig, so daß zahlreiche
Berührungen gemacht werden konnten. Schließlich setzte sich das überlegene Geschick und die Klugheit der Pawnee durch, und den Arapaho blieb nichts anderes übrig, als den Rückzug anzutreten. Voll Bitterkeit wurde das Signal gegeben.
Nur Kaltes Ohr mußte noch ausharren, sein eigener Schwur zwang ihn, an seinen Pfahl gefesselt zu bleiben und sich dem Feind so lange zu stellen, bis seine Kräfte erlahmten. Er durfte losgebunden werden, doch nur dann, wenn ein Häuptling zurückkam und seine Fesseln eigenhändig löste. Da sie diesmal jedoch alle beschäftigt waren, konnte er nichts tun als warten.
Nicht ein einziger Häuptling hatte Zeit, ihm zu helfen, sie hatten alle Hände voll zu tun, die Arapaho vor einer endgültigen Niederlage zu retten, und mußten ihn wohl oder übel sich selbst überlassen. Mit dem erbeuteten Speer in der Hand und Tränen der Enttäuschung in den alten Augen, sah er seine Stammesbrüder weichen - ohne Pferde. Er wartete. Drei Pawnee trieben ihre Pferde auf ihn zu. Wie durch ein Wunder entging er jedoch ihren Speeren und konnte mit dem seinen sogar eines der Pferde am Bein verletzen. Die Reiter hielten an, um sich um ihr Pferd zu kümmern, das ihnen viel wichtiger war als ein alter, an einen Pfahl gebundener Krieger, und als sie zurückkamen, um ihn von neuem anzugreifen, bot sich ihnen ein denkwürdiger Anblick.
Aus der Hauptmasse des sich im Rückzug befindlichen Feindes hatte sich ein junger Krieger gelöst, der nun herbeigelaufen kam, um neben dem alten Krieger Stellung zu beziehen. Der Lahme Biber war bei Kaltem Ohr, ehe die Pawnee-Reiter diesen erreichten. Hastig löste er die Fesseln des Angebundenen und erwartete Seite an Seite mit dem Alten den Angriff.
Tapfer und mit großem Geschick wehrten sich die beiden Krieger gegen die Pawnee, schlugen deren Speere beiseite und fingen die Schläge mit ihren
Kriegskeulen ab. Schritt um Schritt wichen sie zurück, und als die Pawnee zum viertenmal angriffen, gelang es dem Lahmen Biber sogar, einen von ihnen zu berühren.
Diese Heldentat gab den Arapaho wieder Mut, sie machten kehrt und kamen herbeigestürzt, um sich schützend um Kaltes Ohr und seinen Retter zu scharen. Und als die Pawnee sahen, wie entschlossen diese Fußtruppe war, wendeten sie ihre Pferde und brachen den Kampf ab.
An diesem weithin gerühmten Kampf, der in der Geschichte jedes Stammes ehrfürchtig erzählt und ein Jahrhundert später auch dem weißen Mann berichtet wurde, schlugen sich elf Arapaho gegen neunzehn Pawnee. Drei Arapaho und zwei Pawnee wurden verwundet. Tote gab es natürlich nicht, doch wäre Kaltes Ohr nicht vom Lahmen Biber befreit worden, hätte er mit größter Wahrscheinlichkeit sterben müssen.
Die Arapaho bewahrten die Erinnerung an diesen Kampf
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