Colorado Saga
Ehe zu arrangieren, erklärte aber, daß der Lahme Biber ebensogut auch selbst Umschau halten könne. Ein wenig oberflächlich hatte er das auch getan, bis jetzt war ihm Blaues Blatt aber nie richtig aufgefallen. Erst jetzt auf dem Weg erkannte er, daß dieses Mädchen in ihrem Hirschlederkleid sehr hübsch war.
Die Arapaho wanderten eine beträchtliche Strecke weit nach Westen, drei Tagesreisen, und erspähten am Nachmittag des dritten Tages die Bisonherde. Es waren sehr viele Tiere, mehrere tausend, die sich kaum von der Stelle bewegten. Die Aufgabe bestand darin, sie mit sanfter Gewalt auf die Klippe zuzudrängen. Man mußte sanft dabei vorgehen, aber auch mit einer gewissen Eile, denn es bestand stets die Gefahr, daß die Ute mit ihren Pferden aus den Bergen herabstürmten, ein paar Bisons von der Herde abschnitten und die übrigen auseinandertrieben. Es war eine Aufgabe, die ein sicheres Urteilsvermögen erforderte.
Die Häuptlinge hatten beschlossen, daß das Hauptkontingent der Arapaho die Herde westwärts in großem Bogen umgehen und sich dann von hinten an sie heranschleichen sollte - möglichst ohne sie auf sich aufmerksam zu machen, aber bereit, einzugreifen, wenn die Bisons versuchen sollten, umzukehren. An der rechten Flanke sollten fünfzehn bis zwanzig Krieger die Herde daran hindern, in die flachen Hügel auszuweichen; das war keine allzu schwere Aufgabe. Die wichtigste Rolle hatten die Männer, die der linken Flanke zugeteilt waren, denn sie mußten die Herde daran hindern, in die offene Ebene auszubrechen, was sie sicher versuchen würde, sobald sie richtig in Angst geriet. Diese Aufgabe wurde den fähigsten Männern zugewiesen.
Dem Lahmen Biber wurde die Rolle eines der sieben Wölfe zugeteilt. Das waren Krieger, die sich in gegerbte Wolfshäute hüllten, so daß von ihrem Körper nichts mehr zu sehen war; in dieser Maskierung krochen sie an die Herde heran, bis sie die Tiere beinahe berührten. Die Bisons sahen die Wölfe und scheuten zurück. Daß sie die Herde zur Stampede veranlassen konnten, war unwahrscheinlich, denn die Bisons wußten instinktiv, daß sie in der Gruppe unangreifbar waren.
Zwei lange, wasserlose Tage hindurch folgten die Arapaho der Bisonherde; die Krieger, die sich hinten befanden, drängten die Herde unentwegt nach vorne, jene, die rechts von der Herde Posten bezogen hatten, trieben die Tiere weiter auf die Klippe zu. Der Lahme Biber und seine sechs Wolfsmänner operierten an der linken Flanke, um zu verhüten, daß die Bisons der Prärie zustrebten.
Am dritten Tag wurde es deutlich, daß die Arapaho gute Chancen hatten, die Bisons über die Klippe zu jagen, und große Aufregung erfaßte alle. Die sieben Wolfsmänner bekamen die besten Bogen und Pfeile, die der Stamm besaß; falls das Manöver fehlschlug, sollten sie durch Abschuß einiger Tiere für einen kleinen Wintervorrat an Pemmikan sorgen.
Die folgenschwere Entscheidung darüber, wann die Herde in eine Stampede gescheucht werden sollte, lag in den Händen des Ältestenrates, zu dem Kaltes Ohr gehörte, der klügste Bisonjäger von allen. »Der größte Fehler wäre, zu früh zu beginnen«, erklärte er. »Der zweitschwerste Fehler der, an die wichtigen Punkte Männer zu stellen, die Angst haben. Ich erinnere mich an die Jagd bei den Roten Hügeln...« Der Rat wollte nicht schon wieder von dieser Jagd hören; ein Onkel eines Ratsmitgliedes war nicht mutig genug gewesen, und die Herde hatte entkommen können.
»Ich werde die linke Flanke übernehmen«, verkündete Kaltes Ohr. Jeder wußte, daß dies die allerwichtigste Stellung war, denn wenn die Bisons nach links ausbrachen und die Ebene erreichten, war alles verloren. »Wer übernimmt die rechte Flanke?«
Von dieser Stellung aus mußte man die Bisons daran hindern, sich in die Hügel hinauf zu retten; diese Aufgabe war nicht ganz so gefährlich und weniger kritisch, doch wichtig genug, um einen guten Mann dafür einzusetzen. Einer der älteren Häuptlinge meldete sich freiwillig, und Kaltes Ohr war es zufrieden.
So wurde die Falle gestellt. Zwei älteren Häuptlingen, die schon viele Bisonjagden miterlebt hatten, wurde die Verantwortung für das Auslösen der Stampede übertragen; sie verlangten, daß der größte Teil des Stammes sowie die Hunde Aufstellung an der kritischen linken Flanke nahmen, um die Bisons mit möglichst viel Lärm zurückzuscheuchen, falls sie in die Ebene wollten. Der Lahme Biber und seine Wolfsmänner wurden von dem vereinbarten
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