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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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man es, aber das Töten war längst nicht so wichtig wie eine Berührung, die dabei gemacht wurde. Den Feind skalpieren? Auch das zählte nicht, obwohl es einige Krieger taten, wenn sie Schmuck für ihr Tipi oder den Sattel brauchten. Ein Krieger konnte einen Feind töten und skalpieren und trotzdem nicht an Ansehen gewinnen, wenn vor ihm vier andere Krieger diesen Gegner berührt hatten.
    »Es ist ihm nicht gelungen?« fragte der Junge.
    »Er hat's versucht. Der Pawnee hatte aber ein Pferd und kam zu schnell an ihn heran.«
    »Habt ihr seinen Leichnam heimgebracht?«
    »Nur die Steine leben ewig«, antwortete der Graue Wolf. »Der Pawnee nahm seinen Körper, skalpierte ihn, und er ist tot.«
    Der Junge seufzte, denn wenn sein toter Vater keinen Skalp mehr hatte, konnte er nicht in die ewigen Jagdgründe eingehen.
    Die nun folgenden Geschichten berichten, wie der Lahme Biber seine Taten setzte und ein großer Anführer der Arapaho, niemals aber ihr Häuptling wurde.
    1. Der alte Mann am Pfahl
    Im Frühjahr 1764, als der Lahme Biber siebzehn war, versammelten sich die Arapaho, um Rat zu halten, und entschieden, es sei demütigend, weiterhin ohne Pferde zu leben, während die Comanchen, die Pawnee und sogar die Ute Reittiere hatten. Denn nicht nur im Kampf war dies ein schwerwiegender Nachteil, die Arapaho mußten auch hungern, sobald die Bisons zu weit wegwanderten, um zu Fuß von ihnen gejagt zu werden. Und selbst beim Umzug von einem Lager zum anderen machte ihnen der Pferdemangel zu schaffen, weil sie ihre Habseligkeiten den Frauen aufpacken oder sie mit Hundeschlitten befördern mußten. - A-förmigen, aus zwei mit Querlatten verbundenen Holzstangen bestehenden Schlitten, deren hinteres Ende im Staub schleifte -, während die Pawnee und auch die Ute Pferdeschlitten benutzten.
    Deswegen geriet das gesamte Lager in Erregung, als Kaltes Ohr, der viele Gegner berührt hatte, verkündete: »Ich bin ein sehr alter Mann. Meine Zähne fallen aus. Mein Sohn ist tot, und ich habe nicht den Wunsch weiterzuleben. Wir müssen die Pawnee überfallen und ihre Pferde rauben, und wenn wir das tun, werde ich mich anpfählen.«
    Die Arapaho wußten, daß es das Vorrecht eines Kriegers war, auf diese Art und Weise zu sterben, deswegen entschieden sie einstimmig, daß Kaltes Ohr dieses Privileg zuerkannt werden sollte. Als sich also die Männer für den Kriegspfad versammelten, erhielt Kaltes Ohr einen Sonderplatz zugewiesen und schwor einen feierlichen Eid, dessen Worte laut durch das Lager hallten: »Heute in drei Tagen wird unser Volk Pferde haben, denn ich werde mich anpfählen und nicht aufgeben, bis wir sie haben.«
    Der Lahme Biber war so beeindruckt von diesem Schwur, daß er um Erlaubnis bat, mitziehen zu dürfen, und diese Bitte wurde ihm gewährt, denn man wußte, daß er ein tapferer Junge war. Als sie an jenem Abend aufbrachen, in aller Heimlichkeit, damit die immer wachsamen Pawnee nichts merkten, spürte er zum erstenmal die Aufregung, die einen bei einem Kriegszug gegen listenreiche Feinde ergriff. Die Sterne funkelten am Himmel - ein gutes Vorzeichen, in ihrem schwachen Licht war er bemüht, sich ihre Route möglichst genau einzuprägen, für den Fall, daß er eines Tages selbst einen Trupp Krieger gegen Osten führen mußte.
    Zu seiner Rechten lag mit vielen Inseln und Inselchen der Platte, dessen Lauf von Pappeln gesäumt wurde.
    Er merkte sich jede Insel genau, merkte sich, wo der Fluß breiter wurde und wo die Biber ihre Burgen hatten.
    Drei Tage lang marschierten die Krieger nach Osten. Während der Tageshitze schliefen sie an geschützten Stellen, sobald es jedoch dämmerte, brachen sie auf, zunächst sich im Laufschritt weiterbewegend, den sie einhielten, bis es dunkel war. Dann schlichen sie lautlos durch die Nacht, liefen wieder ein Stück im Laufschritt und wiederholten diesen Zyklus bis weit nach Tagesanbruch. Kaltes Ohr, der schon fünfzig war, hatte anscheinend keine Schwierigkeiten, mit den anderen Schritt zu halten, und schien am Ende des dritten Tages mehr Kraft zu haben als am ersten.
    Am dritten Tag, kurz nach Sonnenuntergang, wurde der Lahme Biber zusammen mit einem älteren Krieger vorgeschickt, um zu erkunden, wo sich das Pawnee-Lager befand, das irgendwo in der Nähe sein mußte. Die beiden krochen so geschickt zwischen den Pappeln hindurch, daß es ihnen gelang, die Pawnee-Wachtposten zu umgehen und sich dem Lager bis auf eine Viertelmeile zu nähern. Es befand sich an der Stelle, wo der

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