Colorado Saga
unbewacht. Der Weg nach Norden war vorläufig frei.
Mit Bedachtsamkeit und Umsicht machten sich die Arapaho die unerwartet günstige Lage, auf die sie niemals zu hoffen gewagt hätten, zunutze. Sie rissen ein breites Loch in den Zaun, wählten neunundzwanzig Pferde aus und jagten die übrigen in alle Himmelsrichtungen davon. Dann trieben sie die ausgewählten Pferde in den Fluß, setzten zur Insel über und verschwanden, bevor man im Comanchendorf überhaupt merkte, was geschehen war.
Es war der geschickteste Überfall, den die Arapaho jemals inszeniert hatten, denn die neunundzwanzig Pferde befanden sich schon weit im Norden des Arkansas auf dem Weg zu den Rattlesnake Buttes, bevor der erste Comanchenkrieger den Fluß überquerte - und das noch ohne sein Pferd.
Die drei Krieger lachten und jubelten über das erfolgreich bestandene Abenteuer, als Pappelknie sein Pferd auf einmal zügelte und mit zutiefst besorgter Miene fragte: »Und wenn wir nur Hengste haben?« Sofort saßen alle drei ab und vergewisserten sich, daß sie eine gesunde Mischung erwischt hatten. Und so geschah es, daß die Arapaho von nun an Pferde hatten.
3. Die Fahrt zur Sonne
Mit der Ankunft dieser Pferde änderte sich vieles bei den Arapaho. Zum Beispiel wurde das Leben der Frauen angenehmer, denn wenn der Stamm weiterzog, brauchten die Frauen nicht mehr die Schlitten zu schleppen, die für die Hunde zu schwer waren. Zum anderen wurde das ganze Besitzsystem geändert, so daß ein Mann nicht mehr jahrelang warten mußte, bis er genügend Bisonfelle zum Tausch gegen die Dinge, die er gern haben wollte, gesammelt hatte: Ein Pferd war als Tauschobjekt nicht nur begehrter, sondern auch weit einfacher zu liefern, wenn eine Transaktion beschlossen war.
Sogar die Bisonjagd wurde jetzt anders betrieben. Drei Männer konnten über große Entfernungen hinweg die Herde aufspüren, und wenn sie sie dann gefunden hatten, brauchte nicht mehr der ganze Stamm die Verfolgung - und zu Fuß - aufzunehmen, sondern sechzehn flinke Reiter konnten der Herde mühelos folgen, mit Pfeil und Bogen die benötigte Anzahl Tiere herausschießen, die guten Teile zusammenpacken und sie auf Schlitten nach Hause bringen.
Die größte Veränderung jedoch betraf die Hunde. Sie brauchten nicht mehr auf kleinen Schlitten riesige Lasten hinter sich herzuziehen. Ein Pferd konnte auf einem großen zehnmal soviel ziehen, so daß die Hunde als Haustiere gehalten werden konnten, bis es nötig wurde, sie zu essen.
Als die Arapaho das Pferd zu den Rattlesnake Buttes holten, brachten sie es dadurch unbewußt an die Stelle zurück, an der es seinen Ursprung hatte und wo es nun prächtig gedieh. Die Arapaho waren sehr viel sanftere Menschen als ihre Nachbarn, die Liebe zum Pferd war ihnen gleichsam angeboren, und sie kümmerten sich gewissenhaft um sein Futter und seine Pflege. Die Sättel, die die Arapaho herstellten, waren besser als die schweren Dinger der Pawnee oder die plumpen Holzgestelle der Ute. Auch das Zaumzeug war einfacher, weniger reich geschmückt und weitaus praktischer. Die Arapaho sahen die Pferde als Mitglieder ihrer Familie an, und das Pferd dankte es ihnen mit seiner Freundschaft und ermöglichte es ihnen, die Prärie, die sie zwar bewohnt, nicht aber wirklich erforscht hatten, nun auch zu erobern.
Das Leben des Lahmen Bibers wurde durch den Besitz der Pferde nachhaltiger beeinflußt als das seiner Stammesgenossen. Im Jahre 1769, er war inzwischen zweiundzwanzig, schnitt einer seiner Väter noch einmal das Thema einer Heirat mit Blauem Blatt an, mußte jedoch feststellen, daß er sich weit mehr Gedanken über Pferde machte als über eine Ehefrau. Nach dem Überfall auf das Comanchenlager wurden die erbeuteten Pferde nach einem sehr vernünftigen Plan verteilt. Die am besten abgerichteten Tiere wurden den älteren Häuptlingen überlassen, die sie für zeremonielle Zwecke benötigten, die zweite Wahl ging an die mittleren Häuptlinge, die als Kundschafter auf die Suche nach Bisonherden gingen, und die noch nicht zugerittenen Pferde wurden Eigentum der jungen Krieger, die Zeit genug hatten, sie abzurichten.
Trotz der Tatsache, daß der Lahme Biber Initiator des Überfalls war, erhielt er eine nervöse, ungezähmte, gescheckte Stute, die ihn, als er sie zum erstenmal zu reiten versuchte, heimtückisch mitten in einer Präriehundestadt abwarf. Die kleinen Tiere spähten neugierig aus ihren Löchern und starrten ihm erstaunt schnatternd nach, als er hinter seinem Schecken
Weitere Kostenlose Bücher