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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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»Ich aber bin noch nie in den Bergen gewesen.« »Ich werde mit meinem Bruder sprechen... « Damit wollte sie zum Tipi hinaus. Der Lahme Biber wollte ihr antworten, als er plötzlich einen hellen Lichtblitz sah. Blaues Blatt konnte den Blitz nicht sehen, denn er kam aus seinem Herzen - ein so heller Schein war es, so überwältigend, daß er ihn für den Rest seines Lebens leiten sollte.
    »Nein!« schrie er in höchster Erregung. »Nichts mehr von Brüdern! Nichts mehr vom Ältestenrat!« Rücksichtslos stieß er sie vom Ausgang zurück und verkündete mit wilder Begeisterung: »Ja, wir werden wieder Pferde haben... nach dem Sonnentanz... viele Pferde!«
    Die Tat, die er in jenem Jahr vollbrachte, wurde niemals offiziell gewertet, denn er hatte keine Zeugen dafür, und da er niemandem erzählen wollte, was geschehen war, nicht einmal seiner eigenen Frau, mußte der Stamm es einfach hinnehmen, daß sich ein außerordentliches Ereignis abgespielt hatte, möglicherweise sogar durch Vermittlung von MannOben. In den Stammesannalen nannten sie es »Des Lahmen Bibers Fahrt zur Sonne« und akzeptierten es als ein Wunder.
    Sehen wir uns doch den Lahmen Biber an, wie er am Vorabend seines Unternehmens vor uns steht. Er war einen Meter achtzig groß und wog dabei nur fünfundsiebzig Kilo, so daß er schlank und langgliedrig wirkte. Das schwarze Haar trug er zu zwei Zöpfen geflochten, die ihm bis auf die Schultern hingen und mit Bisonriemen zusammengebunden und mit Hirschzähnen geschmückt waren. Seine Augen waren sehr dunkel, lagen tief in ihren Höhlen. Seine Haut hatte einen hellen Bronzeton und war weder dunkel wie die der Ute noch rötlich wie die der Pawnee. Zu jenem Zeitpunkt hatte er noch alle Zähne, doch an den Ecken begannen sie sich bereits ein wenig abzunützen, weil er im Winter nur getrocknetes Fleisch aß. Den leichter zu kauenden Pemmikan mochte er nicht und hielt ihn überdies für Weibernahrung.
    Da er fast sein ganzes Leben lang weite Strecken zu Fuß zurückgelegt hatte, bevorzugte er Mokassins aus allerdickstem Bisonleder, statt der weicheren aus Rehoder Hirschleder, obwohl die letzteren wesentlich bequemer waren. Zumeist trug er einen Lendenschurz, sonst ging er, bis auf die Mokassins, ganz nackt und schützte sich lediglich im Winter mit ziemlich schweren, langen Leggins, deren Säume außen mit Fransen besetzt oder mit kleinen Federn geschmückt waren. Er trug auch eine Weste, die schön bemalt war, und um die Schultern eine leichte Decke aus dem Fell eines jungen Bisons.
    Früher, als Kind, als er die großen Häuptlinge bei den Versammlungen beobachtete, hatte er ehrfürchtig deren Kopfschmuck aus Perlen und Adlerfedern bewundert und sich sogar mit Federn, die er auf der Prärie zusammensuchte, einen eigenen Kopfputz gemacht. Später wurde ihm klar, daß es ihn nicht nach der Macht gelüstete, und er überließ solche Anmaßung anderen.
    Als er zum erstenmal ein Pferd besaß, verschmolz er ganz und gar mit ihm, paßte den eigenen Körper dem Körper des Tieres an und wäre mit der Zeit vermutlich ein ebenso guter Reiter geworden wie die Comanchen; seit ihm das Stammesgesetz jedoch seinen Schecken genommen hatte, betrachtete er die Pferde lediglich als Transportmittel, ohne die geringste Anhänglichkeit für ein bestimmtes Tier zu empfinden.
    Er wirkte kalt und selbstbeherrscht, war aber beides nicht. Die Ungerechtigkeit hatte tiefe Spuren sowohl in seinem Herzen als auch auf seinem Gesicht hinterlassen, und er neigte zu ungestümen Ausbrüchen. Doch niemals verfiel er in Zorn in Gegenwart von anderen oder in Situationen, die ihm oder einem Unternehmen, mit dem er befaßt war, gefährlich werden konnten. Er konnte unendliche Schmerzen erdulden, Wassermangel auf langen
    Sommermärschen ebenso wie eisige Winterkälte, und sollte diese Fähigkeit bald in einem Maße unter Beweis stellen, wie es den meisten zu jener Zeit lebenden Weißen völlig unmöglich gewesen wäre. Seine Intelligenz war ausreichend, um in der Welt, in der er lebte, zu bestehen. Sein Gedächtnis und Wahrnehmungsvermögen waren ausgezeichnet. Sein Leben war einfach, ebenso die Probleme, die sich ihm stellten. Abstrakte Gedankengänge waren ihm weitgehend fremd; er lebte zufrieden in seiner kleinen, von Tradition und alten Bräuchen eng umgrenzten Welt.
    Er liebte Geselligkeit, war mit Kindern ebenso gern zusammen wie mit älteren Kriegern. Er schätzte das Eheleben und hielt engen Kontakt mit seinen drei Vätern, den drei Müttern

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