Colorado Saga
Schnee mit sich brachten, daß jeder, der draußen überrascht wurde, erfrieren mußte. Was taten die Arapaho dann?
Sie verkrochen sich in ihren Tipis. Die Männer schickten die Frauen hinaus, damit sie die obere Luftöffnung bis auf einen winzigen Spalt schlossen, und wiesen die Frauen an, schwere Steine auf den unteren Rand des Tipi zu legen, damit weder Wind noch Schnee hereintreiben konnte. Dann wurde ein sehr kleines Feuer mit ganz wenigen kostbaren Scheiten gemacht und tagelang in Gang gehalten, die Wärme machte das Tipi gemütlich, und die Menschen drinnen drängten sich aneinander und beglückwünschten sich, wenn sie den Wind heulen hörten, und die Männer redeten, und die Frauen saßen Tag um Tag in der beinahe völligen Dunkelheit, und die Kinder spähten vorsichtig hinaus, um die aufregende Neuigkeit ins Tipi zurückzurufen: »Man kann von hier aus nicht einmal das Tipi der Springenden Schlange sehen!«
Der Wind heulte, der Schnee türmte sich bis zur halben Höhe des Tipi, drinnen aber war es schön warm, und die Männer gingen lediglich hinaus, um Pappelzweige zu schneiden, damit die Pferde deren Rinde knabbern konnten. Einmal fiel dem Lahmen Biber ein, daß alle seine Kinder im Herbst geboren waren, weil er sie im Winter während eines Schneesturms gezeugt hatte. »Wir sind wie die Biber«, sagte er. »Wir verstecken uns in unserer sicheren Burg, während draußen die ganze Welt friert.«
Im Jahre 1799, als der Lahme Biber schon ein alter Mann von zweiundfünfzig war, beging er eine Heldentat, die ihm ganz besonderen Ruhm einbrachte, denn sie verlangte eine ganz neue Art von Mut.
Im Spätwinter jenes Jahres berichteten die Kundschafter, daß zwei Männer eines völlig unbekannten Stammes den Platte heraufgezogen kamen. Sie waren nicht rot wie die Pawnee, aus deren Gebiet sie eben kamen, und hatten keine indianischen Gebrauchsgegenstände bei sich. Sie waren nicht einmal wie Indianer gekleidet, denn ihre Winterkleidung war dick und schwer, und sie trugen weder Federschmuck noch Kriegsbemalung. Ihre Köpfe waren mit Biberpelzen bedeckt, und sie zogen einen Schlitten hinter sich her, der mühelos über den Schnee glitt. Beide waren sie mit Gewehren bewaffnet, und aus dem Schlitten ragten zwei weitere Gewehre heraus, allem Anschein nach waren sie also wohlhabend, nur daß sie keine Pferde hatten. Sie waren seltsame Feinde und mußten beobachtet werden.
Warum töteten die Arapaho diese beiden Weißen nicht sofort? Warum hatten die Pawnee ihnen gestattet, durch ihr Gebiet zu ziehen? Die Pawnee hatten sie, genau wie die Arapaho jetzt, unter genauer
Beobachtung gehalten. Vielleicht kam es daher, daß sich die beiden Götter - denn so wurden sie bei den Rattlesnake Buttes genannt - selbstsicher und anscheinend furchtlos bewegten, als ob die Prärie ihnen gehörte. Die Späher behielten sie ununterbrochen im Auge und berichteten immer wieder dasselbe: »Heute sind sie ein Stück weiter nach Westen gegangen und haben offenbar nach uns Ausschau gehalten. Einer ist klein, beinahe so dunkel wie ein Ute, der andere groß, nicht so groß wie ein Cheyenne, aber groß, und hat rötliche Haare im Gesicht. Aber der Kleinere gibt die Befehle.«
Als die beiden den Zusammenfluß von Beaver Creek und Platte River erreicht hatten, machten sie halt. Sie hatten anscheinend etwas entdeckt, was ihnen zusagte, denn zum erstenmal schlugen sie ein richtiges Lager auf, sie putzten von einem ebenen Platz den Schnee weg und fällten ein paar Pappeln, aus denen sie sich einen sehr niedrigen Unterschlupf bauten. Keiner der beiden fremden Götter konnte ihn betreten, ohne sich dabei bücken zu müssen.
Die Arapaho beobachteten das alles mit Verwunderung, und der Lahme Biber als der Tapferste des Stammes beschloß, ein wenig mehr über diese Götter und ihr merkwürdiges Tipi in Erfahrung zu bringen. Eines Abends kroch er sehr nah heran und sah zu, wie sie Bündel aufschnürten und ihnen kleine Gegenstände entnahmen, die im Schein ihrer Lampen schimmerten. Vor langer Zeit einmal, als er mit den Crow wegen ein paar Tipi-Stangen verhandelte, hatte er solche Schmuckstücke gesehen.
Ein anderes Mal beobachtete er den größeren Gott, wie dieser versuchte, im Fluß Fische zu fangen, und war von diesem Anblick so fasziniert, daß er den Kleineren nicht herankommen hörte. Bevor er davonlaufen konnte, stand der Fremde plötzlich vor ihm, regungslos, und starrte ihn an. In diesem flüchtigen Moment spürte der Lahme Biber
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