Colorado Saga
kritischen Zeit der Entscheidung von einem Pawnee getötet worden war, die meisten Ratsmitglieder hatten jedoch vergessen, wer Pappelknie war.
In höchster Erregung ging der Lahme Biber zu seiner Frau und unterhielt sich lange mit ihr. Sie wußte, welchen schwerwiegenden Entschluß er mit sich herumtrug, und wußte auch, daß dieser Entschluß für sie selbst furchtbare Folgen haben würde. Trotzdem bestärkte sie ihn darin. Er war ihr immer ein guter Mann gewesen, besser als die anderen Männer des Stammes, und das war ein sehr großes Lob, denn genau wie die Cheyenne waren auch die Arapaho gut zu ihren Ehefrauen. Sie war stolz auf seine Taten und hatte sie alle auf der Bisonhaut verewigt. Sie wußte, was mit ihr geschehen würde, wenn er den Plan ausführte, doch sie beschwerte sich nicht ein einziges Mal.
»Den Pawnee muß Einhalt geboten werden«, wiederholte er immer wieder, und sie nickte.
»Wenn sie glauben, daß man schwach ist, nutzen sie diese Schwäche aus«, sagte er, und Blaues Blatt wußte, daß er recht hatte.
»Sie waren immer gierig nach unserem Land«, klagte er, mit der Zunge nach seinen Zahnlücken tastend, als symbolisierten die ausgefallenen Zähne jene Gebiete, die den Arapaho bereits entrissen worden waren. »Ach, wenn Mann-Oben mich doch noch einmal jung sein ließe«, lamentierte er, und sie versicherte ihm, er sei noch immer ein großer Krieger. Dann brach er das Thema Pawnee plötzlich ab und wandte sich seiner Tochter zu.
Den Namen Tönerne Schale hatte sie erhalten, als der Stamm einmal dem Bison nach Norden folgte. Ein Dakota-Händler hatte ihnen eine wunderschöne, von den Cree gearbeitete Schale gezeigt. Sie sah aus wie ein geflochtener Weidenkorb, bestand in Wirklichkeit aber aus Ton. Blaues Blatt hatte Gefallen an der Schale gefunden, und der Lahme Biber hatte sie gegen ein Bisonfell eingetauscht. Daß es ihr eigenes Büffelfell war und daß sie das Fell viele Monate lang bearbeitet hatte, um es schmiegsam zu machen, spielte keine Rolle, er hatte das Fell gegen die Schale eingetauscht, die nunmehr ihr größter Schatz und Gegenstand des Neides der anderen Frauen war. So war es natürlich, daß sie ihrer Tochter den Namen dieses herrlichen Gegenstandes gaben. Mit diesem Kind, das zu einem schönen, grazilen Mädchen herangewachsen war, fing der Lahme Biber jetzt zu sprechen an.
Er erzählte ihr von den Wanderungen des Stammes nach Norden und Süden, von den guten Zeiten unten am Arkansas River und von dem zauberhaften Tal, in dem die Blaufichten wuchsen. Er berichtete von seinem Kampf mit der riesigen Klapperschlange, bei dem er sein allererstes Gewehr geopfert hatte, um ihrer Mutter das Leben zu retten. Und er sprach auch von den beiden Männern, die eine Zeitlang bei ihnen ihr Lager gehabt hatten und auf Biberjagd waren. Er versicherte dem Mädchen, daß sie wiederkommen würden. Davon war er fest überzeugt. Und dieser Gedanke erfreute ihn, denn er mochte den kleineren Mann, den dunklen, bartlosen, und fühlte sich in seiner Schuld wegen des Gewehrs, das er inzwischen so perfekt handhaben gelernt hatte. Einen solchen Mann würde er mit Freuden in seiner Familie begrüßen.
»Wenn er wiederkommt, Tönerne Schale, sprich mit ihm. Er hat keine Frau. Das weiß ich, weil ich ihn sorgfältig beobachtet habe. Er wird älter werden. Bald werden auch ihm die Zähne ausfallen. Dann braucht er eine Frau, die für ihn sorgt. Denk daran, wenn ich nicht mehr bin.«
»Du wirst noch viele Monde bei uns bleiben«, widersprach sie ihm.
»Ihr werdet schöne Kinder haben«, sagte er taxierend, als wäre sie eine Stute. Plötzlich wanderte er in großer Erregung im Tipi umher. »Alles wird sich verändern!« rief er aus. »Die Pawnee werden alles erobern. Die Ute werden aus den Bergen kommen und leben wie wir. Und diese Männer werden wiederkommen und Biber jagen. Ich weiß nicht«, klagte er leise. »Ich weiß nicht.« Das war das letztemal, daß er ernsthaft mit seiner Tochter sprach.
Er konzentrierte sich auf sein Gewehr, lud und entlud es und spielte mit den beiden goldenen Kugeln, die er immer noch in seiner Tasche bewahrte. Es war, als messe er die Zeit mit den Methoden des weißen Mannes, als spüre er, daß ein neues Jahrhundert begonnen hatte, ein Jahrhundert, das ihn mit dem schwindelerregenden Tempo seiner Veränderungen schon bald weit hinter sich lassen würde. Deswegen beschäftigte er sich mit bleibenden Dingen, schied eines nach dem anderen aus, bis nur noch zwei Dinge
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