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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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gewendetes Tipi wäre undenkbar gewesen.
    Das Tipi war nun beinahe fertig, es fehlte nur noch eine wichtige Ergänzung, die es überhaupt erst bewohnbar machte. Sie nahm zwei besonders lange Stangen, schob ihre Spitzen geschickt in die Ecken des Bisonfells, das die obere Öffnung des Tipi bedeckte, befestigte die Stangen aber nicht im Boden. So konnte sie durch Verändern ihrer Fußpunkte und des Winkels, in dem sie zueinander standen, die Ventilation im Tipi regulieren und so dafür sorgen, daß ihre Familie sowohl ein warmes als auch ein gesundes Heim bewohnte. Die Luft in ihrem Tipi war niemals stickig. Wenn sie fertig war, holte der Lahme Biber mehrere Taschen vom Schlitten, kastenförmige Behälter aus sehr dicker, gegerbter Bisonhaut, und diesen entnahm Blaues Blatt die Bettgestelle, das Kochgeschirr und all die Andenken, die ihr Ehemann auf seinen Jagd- und Kampfzügen gesammelt hatte.
    Der Lahme Biber stellte sein Bett lieber selber auf, denn er war sehr stolz darauf und verbrachte einen großen Teil seines Lebens auf diesem Lager. Es bestand aus einem niedrigen Holzgestell, über das eine Matte aus sorgfältig ausgewählten Weidengerten gelegt wurde, jede Gerte am Ende durchbohrt, so daß man sie mit Hilfe von Hirschsehnen fest miteinander verbinden konnte. Darüber kamen zwei Bisondecken, fein gegerbt und schmiegsam, und an die Tipiwand dahinter eine Bisonhaut, die so gründlich bearbeitet worden war, daß sie aussah wie Pergament. Darauf hatte Blaues Blatt mit Stäbchen als Pinsel und verschiedenen Pigmenten als Farben denkwürdige Szenen aus dem Leben ihres Mannes gemalt, das Gelb, das vorherrschend war, stammte aus der Gallenblase des Bisons. Sie war zwar keine große
    Künstlerin, konnte aber Bisons, Pawnee und Ute abbilden, und ebendas waren ja die Dinge, die ihren Mann beschäftigten.
    Das Bett hatte aber noch eine Besonderheit. Die Weidengertenmatte reichte an beiden Enden weit über das Gestell hinaus, und diese Verlängerungen wurden von kräftigen Dreibeinen senkrecht gehalten, so daß sie Rückenlehnen bildeten. Die hochgebogenen Holzenden waren blank poliert, und einige waren sogar bemalt, so daß das Bett mit der Bisonhaut voller Zeichnungen dahinter und den schönen Rückenlehnen an beiden Seiten eine Art Thron für den Lahmen Biber bildete.
    Da kein Indianerstamm ununterbrochen Krieg führen oder Bisons jagen konnte, da es keine Bücher gab, da kein Arapaho sich mit einem Angehörigen eines anderen Stammes unterhalten konnte und da dauernde Ratsversammlungen nicht notwendig waren, standen dem Lahmen Biber Tage und Wochen zur Verfügung, während deren er nichts zu tun hatte. Er hatte keine großen Gedanken über die Dinge dieser Welt, und wären sie ihm auf wunderbare Weise doch einmal gekommen, er hätte niemanden gehabt, dem er sie hätte mitteilen können. Was geistige Interessen betraf, führte er ein armseliges Leben, dessen Höhepunkte die Stunden waren, in denen jüngere Krieger in sein Tipi kamen, um ihm zu lauschen, wenn er von seinen Abenteuern erzählte.
    Dann ließ er den vielversprechendsten jungen Mann neben sich sitzen, die beiden lehnten sich an die Rückenstützen, und er sprach zu diesem allein, während die übrigen auf dem Boden hockten und lauschten. Er berichtete von seinem Kampf mit Niemals-tot, von der Eroberung seines ersten Gewehrs und davon, wie er es dann wieder zerstört hatte. Er war sehr genau in seinen Erzählungen und gab Pappelknie und Roter Nase stets mehr als einen gerechten Anteil des Ruhmes. Er prahlte nicht von
    Heldentaten, die ihm nicht öffentlich zuerkannt worden waren, so daß niemand jemals seine Erzählung unterbrach, um ihn zu fragen: »Wer hat gesehen, daß du diese Tat vollbracht hast?« Die Taten, von denen er berichtete, waren in die Geschichte des Stammes eingegangen, und seine Frau hatte sie auf der Bisonhaut festgehalten.
    Im Frühsommer 1788 setzte er eine der größten Taten seines Lebens - nicht wegen der damit verbundenen Tapferkeit, sondern wegen der außerordentlichen Folgen, die diese Tat haben sollte, nicht im selben Jahr, sondern dreiundsiebzig Jahre später.
    Es begann, als er eines Tages ruhte und seiner Frau beim Aufstellen des Tipi zusah. »Wir brauchen ein paar neue Stangen«, sagte er halblaut vor sich hin. Seine Frau hielt in der Arbeit inne. »Wir hätten welche eintauschen sollen, als wir im Norden waren«, sagte sie. »Dort hätten wir vielleicht sieben Stangen für ein Pferd bekommen.«
    »Nun, wir sind zwar jetzt nicht

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