Colorado Saga
im Norden«, antwortete der Lahme Biber, »aber ich glaube, ich weiß, wo ich ein paar gute Stangen bekommen kann und sogar ohne ein Pferd dafür zu geben.«
Sie vermutete, daß er wieder die Pawnee überfallen wollte, denn er war immer und jederzeit bereit, seine Klugheit mit der ihren zu messen. Also versuchte sie, dieser Entwicklung der Dinge möglichst schnell einen Riegel vorzuschieben. »Pawnee-Stangen sind nicht lang genug«, erklärte sie und nahm ihre Arbeit wieder auf.
»Eine Pawnee-Stange würde ich nicht nehmen«, gab er zurück. »Nicht einmal, wenn gleich da drüben ein völlig unbewachtes Dorf stünde.« Er warf einen Stein genau zu der Stelle, an der er einige Jahre zuvor die Klapperschlange erschlagen hatte, und mußte bei dem Gedanken daran, wie er sein erstes Gewehr zerstört hatte, laut auflachen. »Erinnerst du dich an die
Schlange?« rief er seiner Frau zu, die gerade an einer Stange emporkletterte, um die Bisonfelle zu befestigen. Dabei ahmte er das Rasseln einer Klapperschlange nach, und zwar so echt, daß Blaues Blatt sich voller Entsetzen umdrehte. »Ich«, beruhigte er sie.
Er hatte einen Plan, wie er sich neue Stangen beschaffen konnte. Einer der jüngeren Krieger war bei dem Versuch, Biber zu fangen, unversehens ziemlich weit in die Berge hinauf geraten und hatte dort ein tiefes Tal gefunden das auf einer Seite mit Blaufichten, auf der anderen mit hohen, kerzengeraden Espen bestanden war. Er hatte dem Lahmen Biber von seiner Entdeckung berichtet, und der Ältere hatte gesagt: »Das wäre vielleicht ein Platz, wo wir uns Tipi-Stangen holen könnten.« Und der Jüngere hatte gesagt: »Die Espen waren sehr schön gerade.« Der Lahme Biber aber hatte erklärt: »Espen werden morsch. Wir
brauchen Föhren oder Fichten. Wie waren die Fichten?« Der junge Krieger versicherte ihm, sie seien gerade gewesen.
Nun suchte der Lahme Biber den jungen Krieger namens Antilope auf und fragte ihn, ob er bereit sei, eine Gruppe in dieses Tal hinaufzuführen um TipiStangen zu holen Antilope sagte begeistert ja, warnte aber: »Das Gebiet gehört den Ute.« Worauf der Lahme Biber antwortete: »Jedes Gebiet auf der Erde gehört irgend jemandem. Man muß eben vorsichtig sein.« Der junge Krieger sagte: »Aber ich habe Spuren von Ute im Tal oben gesehen.« Und der Lahme Biber erwiderte: »Ich habe mein Leben lang Spuren von Ute gesehen. Gewöhnlich bedeutet das, daß Ute in der Nähe sind.«
Sie stellten eine Kriegerschar von elf Mann plus vier Packpferden zusammen und ritten einen Tag lang westwärts auf die Berge zu. Am nächsten Tag folgten die Krieger einem der kleinen Bachläufe, die zeitweilig Regen- und Schmelzwasser vom Gebirge heruntertrugen. Nachdem sie eine Weile an seinem Ufer entlanggeritten waren, kamen sie an eine Abzweigung, die nach Süden führte, und diese brachte sie endlich ins Blue Valley. Als sie es erreichten, zügelten sie bewundernd ihre Pferde, so schön war das Tal mit den dunklen Blaufichten auf dem Südufer, wo keine Sonne hinkam, und den helleren Espen in vielen flirrenden Schattierungen von Grün am Nordufer. Nach einigen Augenblicken des Bewunderns saß der Lahme Biber ab, untersuchte das Terrain und sagte: »Hier sind Ute gewesen. Auf Biberfang.« Er stellte zwei Wachtposten auf, bevor er sich mit den anderen an das Schlagen von Tipi-Stangen in dem Blaufichtengehölz machte.
Er hatte ungefähr zwei Dutzend Bäume geschlagen -das Trimmen der oberen Äste überließ er dabei den Jüngeren -, als einer der Späher Vogelrufe ausstieß und damit kundtat, daß sechs Ute mit Pferden und Gewehren aus der entgegengesetzten Richtung das Tal herabkamen. Der Lahme Biber erwog diese unwillkommene Information und beschloß, einfach abzuwarten, die Arbeit einzustellen und sich in den schützenden Schatten der Fichten zurückzuziehen. Er hatte keinerlei Ahnung von den drei außergewöhnlichen Ereignissen, die sich vor kurzem genau an der Stelle seines Verstecks abgespielt hatten.
Zuerst war mit einem Frühjahrshochwasser vor einigen Jahren ein Felsbrocken das Bachbett heruntergekommen, hatte das Ende eines größeren Schlotes zerschlagen und fast pures Gold ans Tageslicht gebracht. Der Schlot, dessen Ende nun offen lag, hatte mehrere Nuggets freigegeben, und diese hatten sich über den Bachboden verteilt, wo sie teilweise von späteren Sedimenten zugedeckt worden waren.
Zweitens hatten - nicht sehr viel später - die hiesigen Ute ihr erstes Gewehr erworben und mit ihm die
Geräte
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