Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
sein Handy gegangen ist – was ich ziemlich irritierend fand. Er ist immer zu erreichen, und wenn nicht, dann weiß ich zumindest, wo er ist. Deshalb bin ich hergefahren, um zu sehen, was los ist.« Er stellt eine Tasse dampfenden Tee vor mir auf den Tisch und setzt sich wieder. »Also, raus mit der Sprache: Was ist gestern passiert?«
Zögernd berichte ich ihm von der Prügelei vor dem Club, zumindest in groben Zügen. Was genau wir dort gemacht haben und wieso wir vor dem Club standen, lasse ich weg, das ist zu persönlich, aber ich merke an Alex’ Reaktionen, dass er weiß, um was für einen Club es sich handelt. Als Jonathans bester Freund ist das für ihn vermutlich kein Geheimnis. Für einen Moment frage ich mich, ob er vielleicht selbst schon mal dort war, aber irgendwie glaube ich das nicht. Dafür ist er nicht der Typ.
Als ich fertig bin, stößt Alex die Luft aus und lehnt sich auf dem Stuhl zurück. »Das erklärt einiges«, sagt er und verschränkt die Arme vor der Brust. Und dann lächelt er zu meiner Verwunderung plötzlich. »Jonathan hat sich wirklich deinetwegen geprügelt und ist aus dem Club ausgetreten? Das ist – bemerkenswert.« Er beugt sich vor. »Ich kann mich nicht erinnern, dass er sich schon mal so für eine Frau eingesetzt hat – abgesehen von Sarah natürlich.«
Unsicher erwidere ich sein Lächeln. Zu gerne würde ich ihn fragen, ob er glaubt, dass ich Jonathan wirklich so viel bedeute wie seine Schwester, an der er sehr hängt. Ob ich eine Chance habe, dass meine Liebe nicht nur einseitig ist. Denn bisher hat Jonathan ja nur gesagt, dass ich bei ihm bleiben soll und dass er versuchen will, eine Beziehung mit mir zu führen – nicht, dass er mich liebt. Aber dann traue ich mich doch nicht. Ich mag Alexander, er ist sehr nett und in vielerlei Hinsicht zugänglicher und freundlicher als Jonathan. Trotzdem sind das sehr private Dinge – und er ist nun mal Jonathans Freund und nicht meiner.
Alex lehnt sich wieder zurück. »Wie sehen eigentlich deine Zukunftspläne aus, Grace? Hast du vor, in London zu bleiben?«
Das ist eine gute Frage, über die ich gestern Nacht noch viel nachgedacht habe, als Jonathan schon schlief. Und die Antwort, auf die es immer wieder hinausgelaufen ist, hat mir viel von der Euphorie, mit der ich in der Limousine hergefahren war, wieder genommen.
Ich würde nämlich gerne bleiben, sehr gerne sogar. Aber meine Zeit hier ist begrenzt – nur noch knapp zwei Monate, und mein Praktikum bei Huntington Ventures ist vorbei. Dann muss ich nach Chicago zurück, um dort mein Studium der Wirtschaftswissenschaften zu beenden. Es geht nicht anders, denn es hat mich verdammt viel Zeit, Mühe und Geld gekostet, so weit zu kommen, dass ich jetzt kurz vor dem Abschluss stehe. Das bedeutet aber auch, dass ich für mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate von Jonathan getrennt sein werde, und das macht mir Angst. Ich kenne ihn noch so wenig und unsere Beziehung hat gerade erst begonnen, Ende völlig offen. Was, wenn er es sich in dieser Zeit anders überlegt? Wenn er merkt, dass er ohne mich doch besser dran ist, und wieder zu seinen alten Gewohnheiten zurückkehrt? Ich will so nicht denken, ich möchte das alles positiv sehen. Aber so hoffnungsvoll ich gestern Abend war – der Gedanke, dass es schief gehen könnte zwischen Jonathan und mir – bald sogar –, lässt sich nur schwer abschütteln.
»Selbst wenn ich wollte, ich kann nicht bleiben«, erkläre ich unglücklich. »Ich studiere schließlich noch.«
Alexander runzelt die Stirn. »Stimmt, daran hatte ich gar nicht gedacht.«
Er will noch mehr sagen, doch in diesem Moment betritt Jonathan die Küche. Er trägt jetzt ein schwarzes T-Shirt zu der Pyjamahose, die er vorhin schon anhatte, und hat sich seinen Morgenmantel übergezogen, aber nicht geschlossen. Sein eher legerer Aufzug scheint ihm vor Alex jedoch nichts auszumachen, denn er bewegt sich entspannt und ohne jegliches Zögern durch die große Designerküche.
»Was machst du denn hier?«, fragt er seinen Freund, der ihn mit unverhohlenem Entsetzen ansieht.
»Die Frage ist doch wohl eher, was du noch hier machst«, erwidert Alex. »Aber Grace hat mich schon aufgeklärt.« Er betrachtet Jonathan noch mal genauer. »Ich dachte, aus dem Alter, in dem wir Konflikte mit körperlicher Gewalt lösen, wären wir raus, Hunter.« Jetzt hat seine Stimme einen eindeutig ironisch-amüsierten Unterton.
»Das dachte ich auch.« Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck geht
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