Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
schallt plötzlich ein lauter, harmonischer Gong durchs Haus. Die Türklingel.
»Verdammt.« Jonathan lässt mich los und rollt mich in einer fließenden Bewegung von sich runter. Es gongt wieder, mehrmals hintereinander. Jemand klingelt unten an der Haustür Sturm. »Kannst du nachsehen, wer das ist?«
Ich nicke und erhebe mich, laufe zur Tür. Was für ein mieses Timing, denke ich, während ich die Treppe hinuntergehe. Warum muss ausgerechnet jetzt jemand kommen?
Als ich im Esszimmer bin, hört das Läuten auf, dafür klingelt jetzt Jonathans Handy, das auf dem Esstisch liegt. Kurzentschlossen gehe ich dran, denn ich kenne den Anrufer, dessen Foto im Display aufleuchtet.
»Ja?«
»Grace, bist du das?« Es ist Alexander Norton, Jonathans Kompagnon. Er lässt mich jedoch nicht antworten, redet schon weiter. »Wo zur Hölle steckt Jonathan? Das ist jetzt schon mein zehnter Anruf auf seinem Handy. Hört ihr das denn nicht? Wo seid ihr, verdammt?«
»Zuhause. Äh, ich meine, in Knightsbridge«, verbessere ich mich.
Er stutzt. »Und warum macht mir dann keiner auf? Ich stehe jetzt schon seit fünf Minuten vor der …«
Alex beendet den Satz nicht, weil ich ihm in diesem Moment die Haustür öffne. Überrascht sieht er mich an.
Er trägt Anzug und Schlips, sein normales Büro-Outfit – da ist er viel korrekter als Jonathan, der seinen ganz eigenen Dresscode hat – und sein blondes Haar schimmert in der Juni-Sonne, die heute wieder scheint und gegen die ich anblinzele.
Für einen Moment stehen wir nur da, dann räuspert er sich. »Komme ich ungelegen?«, fragt er und klingt auf einmal so britisch, so korrekt, dass ich lächeln muss.
»Irgendwie schon«, erwidere ich. »Jonathan ist noch nicht angezogen. Er ist etwas …« Wie soll ich das ausdrücken? »… neben der Spur.«
»Neben der Spur?« Alex schnaubt, jetzt wieder wütend, und geht an mir vorbei ins Haus, ohne darauf zu warten, dass ich ihn reinbitte.
»Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?«, fragte er, während wir die Treppe rauf in die Etage gehen, in der sich das Esszimmer und die Küche befinden. »Habt ihr wenigstens schon gefrühstückt?«
Als ich den Kopf schüttele, geht er auf direktem Weg in die Küche, füllt den Wasserkocher und stellt ihn an. Mit sicheren Griffen holt er dann Tassen, eine Kanne und die Teedose aus dem Schrank. Er kennt sich hier offensichtlich gut aus. Dankbar dafür, dass er so voller Tatendrang ist und sich berufen fühlt, Tee für uns zu kochen, lasse ich mich auf einen der Küchenstühle sinken.
»Es geht Jonathan nicht so gut. Ich glaube, er kann heute nicht ins Büro gehen«, sage ich.
Alex hält inne und dreht sich zu mir um. Dann überlässt er den Wasserkocher sich selbst und kommt zum Tisch zurück, setzt sich mir gegenüber.
»Ich würde sehr gerne glauben, dass er so fertig ist, weil ihr letzte Nacht hemmungslosen Sex hattet.« Er hebt vielsagend die Augenbrauen.
Noch vor wenigen Tagen wäre ich vermutlich rot geworden bei seinen Worten, doch jetzt lächle ich nur. Es geht ihn nichts an, deshalb antworte ich nicht darauf, aber tatsächlich war die letzte Nacht die erste, die Jonathan und ich gemeinsam in einem Bett verbracht haben, ohne miteinander zu schlafen – eben weil er so fertig war.
»Aber ich befürchte eher, dass sein Zustand etwas mit Yuuto Nagako zu tun haben könnte«, fährt Alexander fort und sieht mich jetzt durchdringend an. »Stimmt das?«
Ich schlucke und spüre, wie ich blass werde. »Woher weißt du das? Steht das etwa doch schon in der Zeitung?«
»Was, Grace?«
Verunsichert sehe ich ihn an. »Ich dachte, das weißt du.«
»Nein.« Er erhebt sich wieder und geht zurück zur Arbeitsplatte, weil das Wasser kocht, gießt es in die vorbereitete Teekanne. »Ich weiß nur, dass ich vor einer Stunde einen Anruf von Yuutos Büro bekommen habe. Er kündigt uns jede Form der Zusammenarbeit und wird uns nicht länger beratend bei unseren Asien-Geschäften zur Seite stehen. Ohne Begründung, einfach so.«
»Ach du Scheiße«, entfährt es mir, bevor ich mich zurückhalten kann. Ich weiß, dass Jonathan und Alex gerade versuchen, die Geschäfte von Huntington Ventures auf den asiatischen Raum auszudehnen, deshalb kommt das jetzt vermutlich zu einem ziemlich ungünstigen Zeitpunkt.
Das scheint Alex genauso zu sehen, denn er nickt mit sehr ernstem Gesicht. »Kann man durchaus so ausdrücken, ja. Darüber wollte ich mit Jonathan sprechen, der jedoch nicht im Büro war und auch nicht an
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