Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
Jonathan zur Arbeitsfläche, wo die Teekanne steht, und gießt sich eine Tasse ein. Es ist ziemlich deutlich, dass er keine Lust hat, mit seinem Freund über seinen angeschlagenen Zustand zu diskutieren. Doch seine schlechte Laune scheint Alexander nicht zu beeindrucken.
»Du siehst furchtbar aus«, erklärt er Jonathan, und – objektiv gesehen – hat er recht. Es könnte zwar schlimmer sein, aber man erkennt deutlich, dass er sich geprügelt hat.
»Mir ging’s auch schon mal besser«, erwidert Jonathan knurrend. »Was ist denn im Büro schon wieder passiert, dass ich nicht mal einen Vormittag lang fehlen kann?«
Alex und ich wechseln Blicke. »Wir haben ein Problem mit Yuuto«, sagt er und berichtet Jonathan, der sich mit seinem Tee neben mich setzt, von dem beunruhigenden Anruf.
Jonathan schweigt einen Moment, hat an der Neuigkeit sichtlich zu kauen. »Wir schaffen das auch allein«, meint er dann. »Wir brauchen ihn nicht.«
»Das sagt sich so leicht«, widerspricht sein Kompagnon. »Er hat wichtige Kontakte, das weißt du, und es ist schlimm genug, wenn die uns nicht mehr zur Verfügung stehen. Aber wenn Yuuto aktiv gegen uns arbeitet, kann er uns ernsthaft schaden.«
»Da findet sich schon eine Lösung«, beharrt Jonathan, und seine Stimme klingt jetzt so endgültig, dass sogar Alex das Thema fallen lässt.
»Gut, wir werden sehen. Womit wir bei dem zweiten Problem wären, das wir haben. Ganz ehrlich: so wie du aussiehst, solltest du dich heute lieber nicht mehr im Büro blicken lassen. Sonst landet die Sache mit der Prügelei am Ende doch irgendwie in der Presse. Aber wenn du nicht da bist, kannst du auch leider nicht an dem Meeting zum Hackney-Projekt teilnehmen, das in«, er sieht auf seine Rolex, »nicht mal einer Stunde beginnt und das du offenbar vergessen hast.«
»Verdammt«, flucht Jonathan, und auch ich rucke den Kopf erschrocken hoch. Das Hackney-Projekt, der Umbau einer alten Industrieanlage in ein riesiges Einkaufszentrum, liegt ihm besonders am Herzen, daran haben wir in den letzten Wochen viel gearbeitet. Diese Termine waren ihm immer wichtig, und es zeugt davon, wie durcheinander er wegen des Vorfalls gestern ist, dass er einen davon tatsächlich ausgeblendet hat.
»Catherine wollte das Gespräch schon absagen, aber ich habe ihr gesagt, dass sie noch warten soll«, erklärt Alexander. Jonathan wirkt sichtlich erleichtert.
»Das ist gut. Das Treffen muss stattfinden. Zu diesem Zeitpunkt darf es keine Missverständnisse geben, sonst kippt am Ende der gesamte Bau.« Er sucht meinen Blick, und ich nicke stumm. Er hat recht: Die Investoren sind wegen einiger Verzögerungen ohnehin schon skeptisch. Wenn man sie jetzt durch einen abgesagten Termin verunsichert, steigen sie vielleicht ganz aus.
»Und weil ich das weiß, bin ich hier«, erwidert Alex. »Aber ohne dich ist das Meeting ziemlich müßig, oder? Und ich kann dich nicht vertreten, das weißt du. Ich habe keine Ahnung von dem Projekt.«
Jonathan überlegt für einen Moment.
»Du nicht, aber Grace. Sie kann das übernehmen.«
Dieser Vorschlag überrascht mich derart, dass mir der Mund offen stehenbleibt. Es stimmt zwar, ich bin gerade bei diesem Projekt im Stoff, weil ich es quasi von Anfang an begleitet habe, aber dass Jonathan mir zutraut, dass ich das auch allein hinkriege, hätte ich niemals gedacht.
Noch verwunderlicher ist, dass Alex das überhaupt nicht zu hinterfragen scheint. »Dann los, Grace. Die Zeit ist knapp.«
»Okay«, sage ich gedehnt und erhebe mich, immer noch in der Erwartung, dass es sich einer von beiden noch anders überlegt. Doch das tun sie nicht. »Ich hole schnell meine Tasche«, füge ich hinzu und laufe nach oben.
Als ich wieder herunterkomme, sitzen Jonathan und Alex noch am Küchentisch und reden. Ich kriege nur Wortfetzen mit, aber es scheint immer noch um mich zu gehen, denn ich höre meinen Namen. Leider schweigen sie, sobald sie mich bemerken, und Alex erhebt sich. Doch bevor er etwas sagen kann, klingelt sein Handy. Er holt es raus und sieht auf das Display.
»Das ist Sarah«, sagt er mit einem Lächeln und verschwindet in das angrenzende Esszimmer, um den Anruf entgegenzunehmen. Man sieht ihn nicht mehr, aber man hört ihn sprechen. Seine Stimme klingt jetzt viel leichter und fröhlicher als gerade.
»Vielleicht sollte ich meiner Schwester einen Pager kaufen – dann kann sie Alex direkt anfunken und zu sich bestellen und sie sparen Zeit.« Jonathans Stimme trieft vor Sarkasmus.
Es
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