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Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)

Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)

Titel: Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Taylor
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gelbes Klebeband von Wand zu Wand. Zusätzliche, senkrecht verlaufende Streifen fixieren es und lassen es wie ein lockeres Netz wirken. Die Mitte ist zwar offen, aber im ersten Moment halte ich es für eine echte Absperrung. Dann wird mir jedoch klar, dass es nur eine Protestaktion der Studentenschaft ist, die für bessere Studienbedingungen demonstriert. Denn hinter dem Absperrband steht eine Gruppe junger Leute um einen Tisch herum, und als ein Student an mir vorbeigeht und über das – leicht zu überwindende – Hindernis steigt, bekommt er von ihnen ein Flugblatt in die Hand gedrückt und kann dann ungehindert weitergehen. Also tue ich es ihm nach und schwinge das Bein über das Klebeband. Dafür muss ich den Rock meines Kleides etwas anheben und Bein zeigen, was mir einen anerkennenden Pfiff einträgt – von einem dunkelhaarigen Studenten. Er kommt zu mir und will mir ebenfalls eines der bunten Flugblätter in die Hand drücken, doch ich wehre mit einem flüchtigen Lächeln ab, weil ich links von mir etwas entdeckt habe, das meine Aufmerksamkeit fesselt.
    Dort, direkt neben dem Eingang, ist nämlich eine Aushangtafel an der Wand angebracht, auf der in goldenen Buchstaben Dipartimento di Storia dell’Arte steht. Die Kunsthistorische Fakultät, denke ich und lächle. Sie muss sich direkt hier im Erdgeschoss befinden. Das war dann zumindest mal sehr einfach.
    Ich gehe zu dem Brett hinüber, um mir die Aushänge anzusehen und mich zu orientieren. Vielleicht ist ja eine Übersicht über die Lehrveranstaltungen dabei oder – noch besser – es steht da, wo und wann ich Matteo Bertani antreffen kann.
    »Dove vai?« Der Typ von eben, er ist Anfang Zwanzig, groß und schlaksig, taucht neben mir auf. Er hat richtig erkannt, dass ich offensichtlich etwas suche, und sein Lächeln sagt mir, dass er nicht nur hilfsbereit sein will, sondern auf einen Flirt aus ist. Mir ist danach gar nicht, dafür bin ich mit meinem Gedanken zu sehr woanders. Aber vielleicht erspart er mir eine lange Suche, deshalb erwidere ich sein Lächeln.
    Ich muss erst ein bisschen überlegen, wie ich meine Frage auf Italienisch formulieren soll, dann erkundige ich mich in hoffentlich richtiger Satzstellung, ob er weiß, wann Matteo Bertani heute unterrichtet.
    Als Reaktion darauf verdreht er die Augen. Offenbar gefällt ihm die Tatsache, dass ich ausgerechnet nach diesem Dozenten frage, nicht besonders.
    »Da vorne rechts.« Er deutet auf das Ende des breiten Ganges, der sich an den Eingangsbereich anschließt und dort in beide Richtungen abzweigt. »Und dann die zweite Tür links. Aber das Seminar, das er gerade hält, ist schon sehr voll – keine Ahnung, ob du da noch reinkommst«, erklärt er mir mit deutlich weniger Enthusiasmus in der Stimme als vorher und schlendert zurück zu seinen Freunden.
    »Grazie« , rufe ich ihm nach und gehe weiter, kämpfe mich durch einen ganzen Strom von Leuten, die mir über den Flur entgegenkommen. So richtig kann ich noch nicht fassen, dass es so leicht war, Matteo Bertani zu finden.
    Doch damit habe ich auch gleich ein neues Problem. Denn wirklich überlegt, wie ich meine Frage eigentlich vorbringen soll, habe ich mir noch gar nicht. Zum Glück habe ich mich wenigstens umgezogen und das gemusterte, sehr verspielte Sommerkleid gegen ein grünes Blusenkleid getauscht, das besser zu einem geschäftlichen Anlass passt. Die falsche Garderobe hat mich bei meinem letzten Zusammentreffen mit Matteo Bertani schließlich schon mal in Schwierigkeiten gebracht, deshalb wollte ich diesmal lieber auf Nummer sicher gehen.
    Als ich mit klopfendem Herzen um die Ecke biege, sehe ich, dass die zweite Tür auf der linken Seite offen steht, und schlagartig wird mir klar, was die Menschenmassen auf dem Flur bedeuten: Ein gut besuchtes Seminar ist gerade zu Ende gegangen – nach dem, was der Student eben gesagt hat, sehr wahrscheinlich das von Matteo Bertani. Und obwohl ich vor nicht mal einer Minute noch so besorgt war, was ich zu ihm sagen soll, beschleunige ich sofort meine Schritte – denn verpassen will ich ihn auch nicht.
    Das habe ich aber, wie es aussieht, denn der Seminarraum ist tatsächlich schon fast leer, als ich ihn betrete. Drei Studentinnen stehen noch vorn am Pult zusammen und unterhalten sich. Zwei weitere sitzen an den vorderen Tischen und ein junger Mann lehnt an der Fensterbank und ist mit seinem Handy beschäftigt. Die Fenster sind geöffnet, weil die Luft abgestanden ist, und die meisten Stühle sind achtlos

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