Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
Bild darf England, soweit ich weiß, vor dem Verkauf nicht verlassen, oder?«
Völlig perplex starre ich ihn an. »Woher …?«
Natürlich, denke ich dann, und brauche sein siegessicheres Lächeln gar nicht mehr, um zu begreifen, dass er es die ganze Zeit über wusste. Er ist der Experte für Enzo di Montagna, also wird er zu den Ersten gehören, die man informiert, wenn ein Bild dieses Malers auf den Markt kommt. Wahrscheinlich wusste er sogar, dass man es unserem Auktionshaus angeboten hat – bestimmt ist er gut vernetzt und hat seine Kontaktleute, die ihn auf dem Laufenden halten. Deshalb war er auch nicht erstaunt, als er mich sah. Er hat tatsächlich erwartet, dass ich komme.
Aber gut, denke ich, und erwidere seinen zufriedenen Blick angriffslustig – letztlich macht es die Sache nur einfacher.
»Zu den Details wollte ich noch kommen. Ja, Sie müssten nach London fliegen, und natürlich erstatten wir Ihnen die Reisekosten zusätzlich zu Ihrem Honorar. Aber wenn Sie das alles schon wissen, dann haben Sie sich ja auch bestimmt schon überlegt, ob Sie die Expertise übernehmen wollen.«
Er lässt sich Zeit mit der Antwort, wendet den Kopf und blickt aus dem Fenster, durch das die Nachmittagssonne hereinscheint. Fasziniert beobachte ich den goldenen Glanz, den sie auf seine dunkelblonden Haare zaubert – und rufe mich ganz schnell zur Ordnung, bevor er mich wieder ansieht.
»Nein, ich denke nicht«, sagt er.
Mein Gesicht versteinert. Mit vielem hätte ich gerechnet, aber nicht wirklich mit einer knallharten Absage. Ich dachte, er provoziert mich wieder, so wie er es auf dem Empfang getan hat. Oder stellt mir unerfüllbare Bedingungen wie zum Beispiel, dass ich den Auftrag, Giacomos Bilder zu verkaufen, nicht zu Ende führe. Aber dass er es einfach nicht machen will, kam in meinen Überlegungen tatsächlich nicht vor.
Meine Güte, der Mann ist Kunstexperte – und ich biete ihm ein wenig dokumentiertes Gemälde des Malers zur Begutachtung an, für den er als Spezialist gilt. Es ist doch verdammt noch mal Teil seines Jobs, Expertisen anzufertigen, auch für Menschen, denen er vielleicht – wie mir – nicht so zugetan ist.
Doch dann wird mir klar, dass das eben genau das ist, was Matteo Bertani von einem gewöhnlichen Wissenschaftler in einem kleinen, muffigen Büro an der Uni unterscheidet. Er muss das alles nicht tun, er macht es freiwillig. Nur aus Leidenschaft, nicht, weil er davon seinen Lebensunterhalt bestreiten müsste. Und deshalb sucht er sich aus, welche Jobs er übernimmt und welche nicht. Und mir will er diesen Gefallen eben nicht tun.
»Oh.« Der enttäuschte Laut entfährt mir, bevor ich ihn aufhalten kann. »Da … kann man dann wohl nichts machen.«
Ich erhebe mich schnell, weil ich plötzlich das dringende Bedürfnis habe, diese Situation zu beenden. Es gibt bestimmt noch eine Alternative, tröste ich mich und versuche, die Enttäuschung zu verdrängen, die in mir aufsteigt und sich anfühlt, als wäre ich gerade böse abgeblitzt. Bin ich ja auch. Und ich hätte das wissen können. Bei einem Mann wie Matteo Bertani muss man eben immer mit allem rechnen …
»So schnell geben Sie auf?« Seine Frage lässt mich innehalten, und ich sehe das herausfordernde Funkeln in seinen Augen. »Ich hätte Sie für hartnäckiger gehalten.«
»Sie haben gesagt, Sie machen es nicht«, rechtfertige ich mich, lasse mich jedoch auf meinen Platz zurücksinken. Was erwartet er jetzt von mir? Wenn er will, dass ich bettele, dann kann er das vergessen.
»Das tue ich auch nicht.« Er hebt die Brauen. »Es sei denn …«
»Es sei denn was?«, frage ich ungeduldig, weil ich das Gefühl habe, dass er mit mir spielt.
Er beugt sich vor. »Es sei denn, Sie gehen mit mir essen, Sophie Conroy.«
7
Wir sitzen uns in dem kleinen Büro gegenüber und sehen uns über seinen Schreibtisch hinweg an, während ich diesen Mann und sein Verhalten zu begreifen versuche.
»Das ist die Bedingung?« Ich fasse es nicht, schüttele den Kopf. »Sie übernehmen die Expertise, wenn ich mit Ihnen essen gehe?«
Er lehnt sich wieder zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. »Dann denke ich zumindest darüber nach.«
Er hat es dir prophezeit, dass du mit ihm essen gehen wirst, denke ich, fast erschrocken, als mir seine Abschiedsworte auf dem Empfang wieder einfallen. Wusste er da schon, dass die Lindenburghs unserem Auktionshaus den Enzo anbieten würden? Oder hat er einfach ein extrem übersteigertes Selbstbewusstsein und
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