Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
hat.«
Matteo erwidert nichts, deshalb blicke ich mich zu ihm um und ziehe fragend die Augenbrauen hoch, als ich sehe, dass er den Kopf schüttelt. »Was?«
Um seinen Mund spielt ein Lächeln. »Du bist die Erste, die das sieht. Allen anderen musste ich bisher immer erklären, was mir an dem Bild gefällt.«
»Du bist ja auch der Experte – was hast du erwartet?«, erwidere ich und beschließe, seine Bemerkung als Kompliment zu nehmen und nicht darüber nachzudenken, ob er mit »allen anderen« vor allem Frauen gemeint hat, die vor mir hier waren. Mein Lächeln stirbt jedoch auf meinen Lippen, als ich Matteos brennenden Blick auffange. Er kommt näher, bleibt dicht vor mir stehen.
»Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte«, sagt er leise, und mir ist bewusst, dass er nicht mehr von dem Bild spricht. »Aber nicht das hier.«
Ich halte den Atem an, weil die Spannung zwischen uns auf einmal so greifbar ist. Mein ganzer Körper prickelt, als er die Arme um mich schließt und mich an sich zieht. Seine Lippen streifen leicht meine Schläfe, dann meine Wange.
»Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet«, flüstert er, dicht an meinem Mund, und ich schließe die Augen, zittere erwartungsvoll.
Ich sterbe auf der Stelle, wenn er mich jetzt nicht küsst. Und ich sterbe auch, wenn er es tut, weil ich dann vergehe wie eine Motte im Licht, weil das Gefühl, das mich zu ihm hinzieht, viel zu stark ist. Aber ich kann es nicht aufhalten, ich muss …
Jemand räuspert sich, und ich reiße die Augen erschrocken wieder auf, blicke zur Tür, wo jetzt eine Frau steht.
Sie trägt ein dunkles Kostüm und hat ihre braunen Haare zu einem Knoten im Nacken zusammengefasst, was sie so streng und hausmütterlich aussehen lässt, dass ich ihr Alter schwer schätzen kann. Um die Fünfzig, denke ich, vielleicht etwas jünger.
Ich habe keine Ahnung, wo sie auf einmal herkommt, aber die Tatsache, dass sie mich in Matteos Armen erwischt hat, ist mir peinlich, deshalb will ich mich von ihm lösen. Er gibt mich jedoch nur zögernd frei. Überhaupt scheint ihn die Anwesenheit der Frau weder zu überraschen noch aus der Ruhe zu bringen.
»Was gibt es denn, Elisa?«, fragt er auf Italienisch, und mir wird klar, dass ich gerade die Bekanntschaft seiner Haushälterin gemacht habe.
»Die Agentur hat angerufen«, teilt sie ihm mit. »Das Modell, das heute …«
»Ich weiß«, unterbricht er sie, etwas kurz, und deutet auf mich. »Das Problem ist schon gelöst.«
Er stellt mich der Frau vor, die mir ohne zu lächeln zunickt, dann bittet er sie, uns noch schnell eine Kleinigkeit zu essen zu richten – was genau, spezifiziert er nicht, aber sie scheint Bescheid zu wissen – und den Studenten die Tür zu öffnen, wenn sie gleich kommen. »Danach brauche ich Sie nicht mehr. Sie können gehen, wenn alle da sind.«
Wieder nickt sie und verschwindet so lautlos und unauffällig, wie sie gekommen ist. Und erst jetzt, als sie weg ist, fällt mir auf, dass sie keinerlei Interesse an mir hatte. Jedenfalls hat sie mich überhaupt nicht neugierig beäugt, was natürlich einfach ihre Art sein könnte, schließlich wirkt sie sehr korrekt und ist als Haushälterin natürlich zur Diskretion verpflichtet. Oder sie ist es derart gewöhnt, Frauen in Matteos Armen zu sehen, dass sie das gar nicht weiter beachtenswert findet. Diese Variante gefällt mir deutlich weniger, deshalb zwinge ich mich, nicht weiter darüber nachzudenken, und konzentriere mich lieber wieder auf das, an was sie mich außerdem effektiv erinnert hat: Matteos Kurs beginnt bald.
»Vielleicht … mache ich mich dann besser fertig?« Ich reibe mir mit der Hand über den Oberarm und sehe ihn unsicher an, noch ziemlich erschüttert von unserem Fast-Kuss gerade. Wenn diese Elisa ein paar Minuten später gekommen wäre …
Matteos Gedanken scheinen in eine ähnliche Richtung zu gehen, denn sein Lächeln wirkt fast ein bisschen zerknirscht, obwohl seine Augen funkeln.
»Ja, vielleicht«, sagt er und dreht sich dann um, geht fast abrupt auf einen Durchgang zu. »Komm, ich zeige dir, wo du dich umziehen kannst.«
Ich folge ihm in einen Flur, von dem mehrere Türen abgehen. Matteo öffnet eine, hinter der ein Schlafzimmer liegt.
Es ist nicht seins, da bin ich ziemlich sicher, denn es hat nichts Maskulines, weder in der Einrichtung noch in den Dingen, die den Raum schmücken. Es ist alles eher neutral gehalten, mit ebenfalls weißen Möbeln und Farbakzenten in lindgrün. Persönliche Dinge fehlen
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