Colours of Love - Verloren: Roman (German Edition)
und dabei unbedingt nicht nur auf richtigen Proportionen, sondern auf den Ausdruck, das Gefühl achten, das durch das Bild transportiert wird.
»Denken Sie daran, was wir in der letzten Stunde besprochen haben«, erinnert er sie. »Darum sind Sie hier: um mehr über die Faszination zu lernen, die Kunst auf uns ausübt – das, was sie im Kern ausmacht. Diese Magie sollen Sie selbst erfahren. Nichts ist schlimmer als ein perfektes Bild, das alles abbildet, aber nichts in uns auslöst. Also zeigen Sie mir, was Sie sehen, und deuten Sie es.«
Er hebt den Arm und hält ihn in meine Richtung, eine auffordernde Geste, zu ihm zu kommen, der ich mit klopfendem Herzen folge. Es ist offensichtlich auch das Zeichen für die Studenten, sich vorzubereiten, denn Gemurmel erhebt sich, während jetzt alle ihre Zeichenplätze einrichten, Blöcke richtig positionieren und Stifte herausholen. Man spürt die Spannung im Raum, und sie überträgt sich auf mich, lässt meine Hand schlagartig wieder zittern, als ich sie in Matteos lege.
Dann jedoch treffen sich unsere Blicke, und ich vergesse für einen Moment, dass da noch andere sind, spüre nur die Wärme seiner Berührung und dieses Gefühl, das tief in meinem Unterleib beginnt und sich rasend schnell in alle Richtungen ausbreitet, während er mich zum Tisch mit der weißen Kunststoffplatte führt.
Der Tisch steht jetzt nicht mehr genau da, wo er vorher war. Matteo hat ihn etwas in Richtung Couch versetzt, aber nur so weit, dass er von vorne und von den Seiten immer noch von den Staffeleien umgeben ist. Außerdem liegt jetzt eine dicke Kissenauflage darauf, festgebunden an den Tischbeinen, und mir wird klar, dass es mein Platz ist. Hier soll ich sitzen, damit die Leute mich gut sehen können.
Mir fällt wieder ein, dass es damals während meines Studiums, als ich einmal kurz in eine Malklasse hineingesehen habe, genauso war. Da saß das Aktmodell auch zwischen den Studenten, von denen einige die vordere Seite und andere die Rückenansicht gemalt haben. Letzteres scheint Matteo allerdings nicht im Sinn zu haben, denn keiner der Studenten sitzt tatsächlich hinter mir. Die beiden ganz vorn sehen mich allerdings, wenn ich gleich auf dem Tisch sitze, nur von der Seite.
Die Studenten sind mir jedoch ganz egal, ich habe nur noch Augen für Matteo, starre auf seine Hände, die jetzt meinen Gürtel lösen.
Und dann, bevor ich mehr tun kann, als erschrocken die Luft anzuhalten, öffnet er den Kimono, streicht mit den Fingerspitzen sanft über meine nackte Haut und schiebt den glatten Stoff dabei über meine Schultern, bis der Mantel an mir heruntergleitet und in einem dunkel schimmernden Halbkreis zu meinen Füßen liegen bleibt.
13
Die Luft ist kühl auf meiner nackten Haut, und ich erschaudere unwillkürlich, bleibe reglos stehen, während Matteos Blick über meinen Körper wandert. Sein Gesicht ist unbewegt, doch als er dann die Augen wieder hebt, glaube ich, Begehren darin aufblitzen zu sehen.
Tief atme ich durch, erleichtert darüber, dass ihm offenbar gefällt, was er sieht, und schaffe es, ein bisschen zu lächeln, was Matteo jedoch nicht erwidert. Stattdessen legt er die Hände um meine Hüften, warm und fest.
»Setz dich auf den Tisch.«
Ich tue, was er sagt, lasse mir von ihm hochhelfen. Mit sicheren, routinierten Bewegungen arrangiert er mich dann so, wie er es haben will, und ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr ich seine Berührungen genieße. Und streift er wirklich nur zufällig meinen Busen, als er meinen Arm richtig platziert? Warum verweilt seine Hand so lange um meinen Knöchel, als er meine Beine zurechtrückt? Der Gedanke, dass es Absicht ist, lässt Erregung in mir aufwallen und rötet meine Wangen.
Am Ende sitze ich aufrecht, die Beine gekreuzt, und stütze den linken Arm neben dem Körper auf, während der rechte locker in meinem Schoß ruht.
»Geht es so?«, fragt er, und ich nicke. Es ist eine sehr sinnliche Haltung, finde ich, und sie ist auch einigermaßen bequem. Ich habe zwar keine Ahnung, wie lange ich so sitzen muss, aber ich schätze, ich halte das durch.
Einer der Studenten räuspert sich, und als ich über Matteos Schulter blicke, sehe ich, dass die meisten darauf warten, endlich anfangen zu können. Ihre Blicke, denen ich bisher noch gar nicht richtig ausgesetzt war, weil Matteo vor mir steht und ihnen fast allen die Sicht verstellt, sind allesamt konzentriert und motiviert und harren ungeduldig auf das Startsignal des
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