Columbus
Weg.
Zum ersten Mal durchquert er im Januar1486 das verwüstete Tal des Guadalquivir, wo die »Heere des Glaubens« die Strategie der Verbrannten Erde angewendet haben. Kein Baum, kein Strauch, kein Haus und keine Brücke, keine Bewässerungsanlage sind heil geblieben. Es regnet ununterbrochen in diesem Winter. Die Wege haben sich in Schlammbäche verwandelt, in denen ein Maultier bis zu den Fesseln versinkt, von den kahlen Hängen prasseln Sturzbäche. Der Fluss, um dessen Bett sich die Mauren einst liebevoll gekümmert hatten, ist versandet und verschlammt und tritt über die Ufer.
Eine trübselige Reise. Aber so etwas kann unseren Mann nicht erschüttern. Er hat seine Bücher und Papiere regendicht verpackt und zieht sich die Ãlhaut, die er als Seemann bei sich hat, bis zur Nasenspitze ins Gesicht. Seinen kleinen Sohn weià er gut aufgehoben bei den Mönchen von La Rabida. Er ist frei und ledig und, wie wir heute sagen würden, hoch motiviert.
Als Columbus am 20. Januar endlich in das bereits von den Muslimen »gesäuberte« Cordoba einzieht, ist von der alten islamischen Pracht nicht viel mehr als ein Schatten vorhanden. Die Stadt gleicht einem Heerlager. Man bereitet sich für den Sommerfeldzug gegen den Rest des maurischen Reichs vor.
Mit wacher Neugierde betrachtet der Seefahrer die neuen italienischen Bombarden (ein Kanonentyp, vergleichbar der Feldartillerie), die da mit vereinter Pferdekraft durch den Schlamm gezogen werden, und bewundert die eleganten, auf Figur »geschneiderten« Rüstungen der spanischen Granden, die ihre Truppen herbeibringen. Und er stellt fest, dass da eine internationale Kampftruppe beisammen ist: Alles, was mit dem Schwert zu Ruhm und Geld kommen möchte, ist in Cordoba angereist: Bogenschützen aus England und Söldner aus der Schweiz, Chevaliers aus Frankreich und Ritter aus Deutschland. Viele Sprachen schwirren durcheinander, die Schänken sind stets gut besucht und der Wein flieÃt in Strömen.
In dieser Welt der Abenteurer und Glücksritter muss sich ein Columbus wohl gefühlt haben - weià er doch, dass er im Grunde nichts anderes ist als diese Herren, wenn auch vielleicht auf einer etwas anderen Ebene. Und er selbst wird mit seinem bereitwillig und vielsprachig erzählten Seemannsgarn gewiss auch für diese Männer eine interessante Person gewesen sein.
Als er nun aber den Hof aufsucht - der in der ehemaligen glanzvollen Moschee, der Mezquita, residiert -, erlebt er zunächst eine Enttäuschung. Die Majestäten sind noch in Salamanca. Isabella hat gerade zum fünften (und letzten) Mal ein Kind bekommen. Es dauert.
Columbus nutzt die Zeit sinnvoll. Bei den Kammerherren und Sekretären, den Priestern und Beamten der Majestäten weià er sich geschickt ins rechte Licht zu setzen. Er macht überall eine gute Figur und kann Informationen über Ferdinand und Isabella sammeln, ihre Eigenheiten, ihre Vorlieben, ihre Schwachstellen. So kann er seine Vorgehensweise langfristig planen.
Endlich, als der Frühling die kahlen Hänge vor den Toren Cordobas mit einem bunten Meer von Wildblumen überzieht, packt man im entfernten Salamanca die Koffer. Am 28. April 1486 reiten die Majestäten mit ihrem Tross in Cordoba ein. Die Mitteilungen der Sekretäre über diesen interessanten Ausländer, der sich vorher bei Medina Celi angedient hatte, müssen sehr wohlwollend ausgefallen sein. Die Majestäten sind neugierig. Bereits nach wenigen Tagen wird Columbus zur Audienz beordert. Die groÃe Stunde ist da.
Die Majestäten lassen bitten
Mit kostbaren Gewändern ist er nicht gesegnet, der Seefahrer. Trotzdem sieht er stattlich aus, wie er da seinen Kniefall vor den Herrschern über Spanien macht: Eindrucksvoll kontrastiert das weiÃe Haar mit dem dunklen, weitfaltigen Oberkleid, das ihn ein bisschen wie einen Gelehrten aussehen lässt. Wären da nicht dies gebräunte, wettergegerbte Gesicht, diese meergrauen Augen, die breiten Schultern und muskulösen Beine eines Menschen, der sich über Jahre auf Schiffen bewegt und bewährt hat.
Isabella betrachtet ihn mit Wohlwollen und Ferdinand - zunächst - mit müder Langeweile. Er wäre viel lieber zur Jagd ausgeritten, aber sie hat darauf bestanden, diesen Mann zu empfangen, und sie setzt sich eigentlich immer durch.
Columbus seinerseits hat zwar den Kopf zunächst demütig geneigt, wie es sich gehört,
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