Columbus
darüber ein Ãberwurf mit Pelzverbrämung. Der Diener führt das Tier am Halfter, als wäre er schon wer - ein Hidalgo, ein Adliger zumindest, oder gar ein Admiral? Oder bald noch etwas Nobleres?
Die Hufe des Mulis klappern auf der Zugbrücke der herzoglichen Burg.
In den hohen Räumen brennen überall Kaminfeuer. GroÃe eiserne Körbe mit Fackeln spenden ein wildes und unruhiges Licht. Für den Besucher stehen Würzwein bereit, Mandelkonfekt, Oliven. Er hat keine Lust auf Erfrischungen, geht unruhig im Raum hin und her in Erwartung des Kommenden.
Endlich! Der Herzog. Medina Celi, schwarz und silbern gewandet, das Calatrava-Kreuz, die höchste Auszeichnung des Landes, noch um den Hals, so wie er von den Majestäten gekommen ist, tritt eiligen Schritts ein. Columbus beugt das Knie, senkt den Kopf, blickt auf - und weià alles.
»Euer Gnaden! Was ist geschehen?«
»Erhebt Euch, Señor Colón. Es tut mir Leid. Es tut mir Leid für Euch genauso wie für mich. Ich habe Ihrer Majestät in Cordoba Bericht erstattet, wie es sich gebührte. Ihre Majestät hat sich daraufhin besonnen und will es nun ebenso handhaben wie der königliche Vetter in Portugal. Entdeckungen und Reisen dieser Art sind in Zukunft allein Sache der Krone. Ich kann nicht handeln.«
Columbusâ Augen lodern. »Die Majestät untersagt einem der gröÃten Männer ihres Landes, zur Ehre Kastiliens eine Entdeckungsfahrt auszurichten?«
»Die Majestät kann untersagen und anordnen, wie sie will, Colón. Und ich bin um einen Traum ärmer.«
Der andere atmet heftig, er hält die Hände zu Fäusten geballt auf seiner Brust. »Und ich erst, Euer Gnaden. Und ich erst.«
Einen Moment sagt keiner etwas. Dann bemerkt Medina Celi versöhnlich: »Nehmt einen Schluck Wein, Colón. Beste Trauben vom Tejo.«
Der Seefahrer schüttelt stumm und heftig den Kopf. »Und nun?«
»Was nun?«
Columbus sieht nachdenklich in die Ferne und runzelt die Stirn. »Nun ja. Wenn die Majestät der Meinung ist, Reisen und Entdeckungen seien allein die Sache der Krone - nun, so muss sie eben meine Fahrt ausstatten.« Seine Stimme ist sachlich.
Medina Celi sieht ihn an, diesen weiÃhaarigen Mann mit der wettergegerbten Haut und den meerfarbenen Augen, und plötzlich bricht er in Lachen aus. »Eure Logik ist bestechend, Señor Colón. Ja, natürlich. Wisst Ihr was? Selbst wenn ich nicht mehr davon profitieren werde - ich führe Euch bei Hofe ein. Vielleicht ist Euch Fortuna günstig, Ihr findet andere Gönner oder könnt die Königin selbst überzeugen!«
»Fortuna? Gott der Herr allein verleiht mir Gunst und Gnade.« Columbus bekreuzigt sich fromm, ehe er dem Herzog die Hand küsst.
Rückschläge werden einfach ignoriert. -
Der mobile Königshof
Natürlich ist unsere Vorstellung, wenn jemand »zu Hofe geht«, dass es da eine groÃe Residenz gibt, eine Kapitale, wo sich König und Königin samt dem Hofstaat aufhalten. Weit gefehlt. Der kastilische Hof ist sozusagen ständig unterwegs, schlägt sein Quartier bald da, bald dort auf, nistet sich mal in Klöstern ein und mal in Kastellen, baut sich wohl auch einmal, wie vor den Toren Granadas, eine improvisierte kleine Stadt.
Das hat zwei Gründe. Zum einen ist das Land so groÃ, die Regionen sind so unterschiedlich in ihrer gewachsenen Struktur, dass es sinnvoller erscheint, mal hier, mal dort zu residieren - zumal die materiellen Ressourcen eben auch begrenzt sind. Mit anderen Worten: So einen Hofstaat an einem Ort durchzufüttern, dazu langt es nur für einen gewissen Zeitraum. (Das Prinzip des »Wanderhofs« ist übrigens auch in Deutschland nicht unbekannt. Die zahllosen Pfalzen, die allüberall verstreut liegen, zeugen davon. Sie waren im frühen Mittelalter die provisorischen Residenzen des Königs und seines Gefolges.) Zum anderen: Kastilien-Aragon/-Leon befindet sich zu dieser Zeit, als Columbus auftaucht, im Krieg gegen das Königreich der Mauren - das mit seiner Hauptstadt Granada den christlichen Königen ein Dorn im Auge ist.
Cordoba ist das Hauptquartier der so genannten »Reconquista«, der Rückeroberung christlichen Bodens von den »ungläubigen« Muslimen. Dahin also wird Columbus zur Audienz bei den Majestäten bestellt, und dahin macht er sich nun, wie sein gescheiterter Gönner Medina Celi, auf den
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