Columbus
aber unter halb gesenkten Lidern beobachtet er das hohe Paar scharf. Es entspricht genau dem Bild, das er sich nach den Beschreibungen der Höflinge gemacht hat: links die pummelige Isabella mit dem Mondgesicht und den wässrigen Augen, und rechts der Schönling Ferdinand: glatte Wangen, ein markantes Kinn, kräftige Brauen. Er liebt das Gold und die Jagd und vor allem die Frauen, heiÃt es über ihn. Und sie - sie liebt die Macht und Gott den Herrn. Und natürlich ihren Mann. Sehr sogar. Ihrer Eifersucht ist schon so manches Hoffräulein zum Opfer gefallen â¦
Isabella ergreift das Wort. »Ihr habt gewichtige Fürsprecher, Señor Colón. Wenn so unterschiedliche Männer wie Fray Antonio, mein alter Beichtvater, und der hochmögende Grande Medina Celi mir erklären, dass Eure Pläne keine Phantastereien sind, sondern auf solider Grundlage beruhen, sollten Wir Euch wohl vor Unseren Ohren zu Wort kommen lassen. Habt also keine Furcht und sprecht frei.«
Columbus lächelt. Warum sollte er Furcht haben? Könige können ihn nicht einschüchtern, sie sind für ihn Mittel zum Zweck, Auftraggeber. Geldgeber.
»Allergnädigste Majestäten«, beginnt er. »Ich schätze mich glücklich, meine Dienste den Herrschern anzubieten, die der gesamten Christenheit ein leuchtendes Vorbild an Glaubenseifer und Kampf gegen die Heiden liefern. Wenn ich die Inseln jenseits des Meeres gefunden haben werde, wenn ich den Osten bereise, indem ich nach Westen fahre, wird der Ruhmeskrone Eurer Majestäten ein weiterer funkelnder Edelstein hinzugefügt werden.«
Mit zur Seite geneigtem Kopf hört die Königin zu. Der Mann redet mit einer Art von freimütiger Schmeichelei, die schon fast ein bisschen respektlos ist. Er trägt so dick auf - macht er sich über sie lustig?
Jetzt mischt sich Ferdinand ein. »Mal abgesehen vom Edelstein in der Ruhmeskrone, Señor - äh - Colón, nicht wahr? -, was würde denn diese abenteuerliche Unternehmung, falls sie denn erfolgreich ist, auÃerdem einbringen?«
»Sie wird erfolgreich sein, Don Hernán«, sagt Columbus bestimmt. (Fährt er dem König über den Mund? Isabella verkneift sich ein Lächeln.) »Nun, wenn wir den Seeweg nach Indien kennen, so wird Portugal weit abgeschlagen hinter Kastilien und Aragon zurückbleiben. Der Handel, wie schon Herzog Medina Celi, Euer Vetter, festgestellt hat, wird einen gewaltigen Aufschwung nehmen, und der Konkurrent im Westen unserer Halbinsel wird auf der Strecke bleiben. Das verspricht Profit, Euer Majestät! Und auÃerdem: Unermessliche Schätze an Gold sind zu finden dort auf den Inseln jenseits des ozeanischen Meers.«
»Gold? Tatsächlich?« Ferdinand beugt sich vor. Jetzt ist sein Interesse erwacht. (Es stimmt also, seine Gier ist grenzenlos, wie die Hofbeamten Columbus unterm Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt hatten. So grenzenlos wie die Frömmigkeit Isabellas.) Infolgedessen wechselt der Vortragende jetzt die Taktik.
»Ja, Majestät, Gold, um den Glanz der Reiche Aragons, Leons und auch Kastiliens zu erhöhen und die Hofhaltung der Majestäten noch prunkvoller zu machen. Und dann gibt es noch den anderen Aspekt - das Seelenheil der unerlösten Menschen dort drüben.« Er wendet sich nun direkt an die Königin. »Doña Isabel! Unzählige Heidenkinder warten auf die heilige Taufe! Unzählige Seelen schmachten in der Finsternis ihrer Unwissenheit. Bedenkt, was es bedeutet, wenn Ihr das Kreuz zu diesen Menschen bringen könnt!«
Ferdinand streift ihn mit einem schrägen Blick, der wohl beinhaltet: Der Bursche weià genau, wo man sie packen kann! Dann betrachtet er demonstrativ seine Fingernägel. Das ganze fromme Gerede hat er satt - aber das darf er natürlich nicht zeigen.
Isabella nickt nachdenklich. Beides sind gute Argumente - Gold und Seelenrettung. Und beides hängt miteinander zusammen⦠Als könnte dieser Seefahrer Gedanken lesen, fährt der fort: »Bedenkt auch, Euer Gnaden, zu welch kräftigem Aufschwung das Gold der entdeckten Länder Euren jetzigen Kreuzzug gegen die Mauren führen könnte!« Er sieht ihr direkt in die Augen, wagt wieder zu lächeln. »Jedermann weiÃ, dass die Kassen dieses heiligen Kriegs leer sind.«
Die Königin schluckt. Solche offene Sprache wagt kaum jemand. Aber der Mann gefällt ihr. Und seine Argumente auch.
»Wir
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